Rn 2
Die Gerichtsstände des § 232 I sind als ausschließliche ausgestaltet; deshalb kann die Zuständigkeit eines anderen Familiengerichts gem § 113 I 2 iVm § 40 II 1 Nr 2, 2 ZPO weder durch Vereinbarung noch durch rügelose Verhandlung zur Hauptsache begründet werden.
I. Ausschließliche Zuständigkeit des Gerichts der Ehesache (Abs 1 Nr 1).
Rn 3
Die Vorschrift entspricht inhaltlich weitgehend dem bisherigen § 621 II 1 ZPO aF und enthält einen ausschließlichen Gerichtsstand des Gerichts der Ehesache für Unterhaltssachen, die die Unterhaltspflicht für ein gemeinschaftliches Kind der Ehegatten betreffen sowie für Unterhaltssachen, die die durch die Ehe begründete Unterhaltspflicht betreffen. Die durch die Ehe ›verklammerte‹ Kleinfamilie soll die während der Anhängigkeit der Ehesache anfallenden gerichtlichen Konflikte vor dem mit der Ehesache vertrauten Gericht austragen können und müssen (so ausdr Bork/Jacoby/Schwab/Hütter/Kodal § 232 Rz 3; vgl auch MüKoFamFG/Pasche § 232 Rz 5 mit Hinweis auf BTDrs 13/4899, 120). Kann eine Unterhaltssache im Scheidungsverbund behandelt werden (vgl § 137 II), besteht die Möglichkeit zur einheitlichen Entscheidung mit der Ehesache. Ausgenommen ist das vereinfachte Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger. Der Gesetzgeber wollte mit der Neuformulierung die in § 621 II 1 Nr 4 ZPO aF enthaltene Regelung, die auf einem Redaktionsversehen beruhte (›mit Ausnahme von Vereinfachten Verfahren zur Abänderung von Unterhaltstiteln‹) berichtigen (BTDrs 16/6308, S 255). Dem Ziel der Regelung in Abs 1 Nr 1, eine Zuständigkeitskonzentration herbeizuführen, dient auch die Vorschrift des § 233. Danach sind nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit einer Ehesache alle bei einem anderen Gericht im ersten Rechtszug anhängigen Unterhaltssachen nach § 231 Abs 1 Nr 1 vAw an das Gericht der Ehesache (vgl § 122) abzugeben (ausdr Prütting/Helms/Bömelburg § 232 Rz 7a).
1. Anwendungsbereich.
Rn 4
Erfasst sind zum einen Unterhaltssachen, die die Unterhaltspflicht für ein gemeinschaftliches Kind der Ehegatten betreffen. Die Vorschrift erfasst gleichermaßen Unterhaltssachen betreffend minderjährige und volljährige Kinder (ausdr zB Keidel/Weber § 232 Rz 4; ThoPu/Hüßtege § 232 Rz 5; MüKoFamFG/Pasche § 232 Rz 4). Maßgebend ist, dass es sich um Unterhaltsansprüche des gemeinsamen Kindes seiner verheirateten oder geschiedenen Eltern handelt; Nr 1 verdrängt für diese Kinder die in Nr 2 enthaltene Regelung (ThoPu/Hüßtege § 232 Rz 5; Keidel/Weber § 232 Rz 8). Keine Anwendung findet Abs 1 Nr 1 auf das vereinfachte Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger nach §§ 249 ff; die örtliche Zuständigkeit für dieses Verfahren richtet sich nach Abs 1 Nr 2. Nach Übergang in das streitige Verfahren gem § 255 ist das Verfahren aber ggf an das Gericht der Ehesache abzugeben (Zö/Lorenz § 232 Rz 3; Prütting/Helms/Bömelburg § 232 Rz 7).
Rn 5
Die Regelung betrifft darüber hinaus auch Unterhaltssachen, die die durch die Ehe begründete Unterhaltspflicht betreffen. Erfasst sind die gesetzlichen Unterhaltstatbestände; demgegenüber keine rein vertraglichen Ansprüche, da diese nicht durch die Ehe, sondern allein durch eine vertragliche Regelung begründet worden sind. Der Wortlaut des Abs 1 S 1 differenziert nicht danach, ob es sich um Trennungsunterhalt (§ 1361 BGB) oder nacheheliche Unterhaltsansprüche (§§ 1570 ff BGB) handelt, die nach § 137 II Nr 2 ausschließlich auch im Verbundverfahren geltend gemacht werden können, da nur insoweit eine Entscheidung ›für den Fall der Scheidung‹ zu treffen ist.
Rn 6
Erfasst sind auch die ab- und übergeleiteten Unterhaltsansprüche.
2. Anhängigkeit einer Ehesache.
Rn 7
Die Anhängigkeit einer Ehesache (§ 121) beginnt mit Einreichung der Antragsschrift, § 124 S 1 (die Einreichung eines Antrags auf Bewilligung von VKH reicht nicht [Musielak/Borth/Borth/Grandel § 232 Rz 4; Prütting/Helms/Bömelburg § 232 Rz 6]). Die Rechtshängigkeit der Ehesache ist nicht erforderlich. Die Anhängigkeit endet mit der Rechtskraft der Endentscheidung in der Ehesache, der wirksamen Antragsrücknahme (sofern die Gegenseite keinen eigenen Antrag gestellt hat), der Bekanntgabe einer Verweisung oder übereinstimmenden Erledigungserklärungen sowie mit dem Tod eines Ehegatten, § 131 (allg: Geisler § 261 ZPO Rn 9). Die Zuständigkeit nach § 232 endet nicht durch Weglegen der Akten wegen Nichtbetreibens nach § 7 AktO oder Ruhen des Verfahrens (vgl Prütting/Helms/Bömelburg § 232 Rz 6; Bork/Jacoby/Schwab/Hütter/Kodal § 232 Rz 5; BGH NJW-RR 93, 898). Aus der Formulierung ›ist oder war‹ folgt, dass die ausschließliche Zuständigkeit des Gerichts der Ehesache auch dann bestehen bleibt, wenn sich die Ehesache zwischenzeitlich in der Beschwerdeinstanz befindet (Prütting/Helms/Bömelburg § 232 Rz 6; Keidel/Weber § 232 Rz 6; ThoPu/Hüßtege § 232 Rz 4). Endet die Anhängigkeit der Ehesache, bevor die Unterhaltssache entschieden worden ist, bleibt das Gericht der Ehesache nach dem Grundsatz der perpetuatio fori weiterhin zuständig (Prütting/Helms/Bömelburg § 232 Rz 6; MüKoFamFG/Pasche § 232 Rz 7). Wird der Ausspruch in der Ehesache vor einer Unterhaltsfolgesache rechtskräftig, gilt Abs 1 ...