Rn 29
Gem Abs 2 kann der Antrag nur auf Gründe gestützt werden, die nach Schluss der Tatsachenverhandlung des vorausgegangenen Verfahrens entstanden sind und deren Geltendmachung durch Einspruch nicht möglich ist oder war. Die Präklusion tritt nur in Bezug auf solche Umstände ein, die schon eingetreten, nicht nur vorhersehbar waren (zB anstehender Wechsel der Steuerklasse, Geburt eines weiteren Kindes; Keidel/Meyer-Holz § 238 Rz 55; Zö/Lorenz § 238 Rz 18; BGH MDR 92, 585; 81, 924; aA Naumbg FamRZ 08, 797). Ist eine Abänderung aus anderen Gründen eröffnet, kann auch eine eigentlich präkludierte Tatsache (zB der übergangene Unterhaltsanspruch eines weiteren Kindes) bei der Neubewertung berücksichtigt werden, wenn sie nicht bereits im Ausgangsverfahren entscheidungserheblich war, dh, die übersehene Alttatsache für sich genommen noch nicht zu einer anderen Entscheidung hätte führen müssen (BGH FamRZ 15, 1694; Ddorf FamRZ 19, 695). Es kommt auf den Schluss der mündlichen Verhandlung an, auf die die – letzte – Sachentscheidung ergangen ist (BGH FamRZ 00, 1499). Der Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem OLG ist nur dann maßgeblich, wenn über die Beschwerde in der Sache entschieden wird, nicht hingegen, wenn die Beschwerde – vor oder nach mündlicher Verhandlung – zurückgenommen wird. Hierdurch wird der Schluss der mündlichen Verhandlung in der ersten Instanz wieder zum maßgebenden Zeitpunkt (BGH FamRZ 12, 288; 86, 43). Bei einem Säumnisbeschluss müssen die zur Abänderung anlassgebenden Umstände nach Ablauf der Einspruchsfrist entstanden sein. Entscheidend ist, wann die wesentliche Veränderung tatsächlich eingetreten ist, nicht der frühere Zeitpunkt der Vorhersehbarkeit (Wendl/Dose/Schmitz § 10 Rz 190; Jena NJW 09, 2832 [OLG Jena 26.05.2009 - 1 WF 105/09]).
Rn 30
Bei mehreren vorausgegangenen (Abänderungs-)Entscheidungen ist grds auf die im letzten Abänderungsverfahren ergangene Entscheidung abzustellen (BGH FamRZ 18, 914; FamRZ 15, 1694; 00, 1499). Ist ein Abänderungsantrag des Unterhaltsgläubigers auf Erhöhung des durch Urteil oder Beschluss titulierten Unterhalts vollständig abgewiesen worden, so kann ein späterer Abänderungsantrag des Unterhaltsschuldners auf Herabsetzung (gegenläufiges Abänderungsverfahren) in zulässiger Weise auch auf solche Tatsachen gestützt werden, die schon im vorausgegangenen Abänderungsverfahren zu berücksichtigen gewesen wären, aber nicht vorgetragen worden sind (BGH FamRZ 18, 914; 13, 1215; aA noch FamRZ 98, 99; vgl eingehend Wendl/Dose/Schmitz § 10 Rz 218). Der Antragsgegner ist nicht gehindert, im Abänderungsverfahren bisher nicht vorgetragene und nicht berücksichtigte Alttatsachen geltend zu machen, sofern er damit die Ausgangsentscheidung lediglich verteidigt (BGH FamRZ 07, 793; 00, 1499; Prütting/Helms/Bömelburg § 238 Rz 88; Bork/Jacoby/Schwab/Hütter-Kodal § 238 Rz 29).
Rn 31
Wegen der Einzelheiten zur nachträglichen Herabsetzung bzw Befristung des Ehegattenunterhalts gem § 1578b BGB wird auf die weitergehende Darstellung bei Prütting/Helms/Bömelburg § 238 Rz 104 ff; MüKoFamFG/Pasche § 238 Rz 63 ff; Wendl/Dose/Schmitz § 10 Rz 216 f; Ehinger NJW 14, 3352, 3354 verwiesen. Der BGH erstreckt die Präklusion im Fall des § 1578b BGB auf die zur Zeit des vorangegangenen Verfahrens nicht nur eingetretenen, sondern zuverlässig voraussehbaren künftigen Umstände (BGH FamRZ 18, 914; 15, 1694).
Rn 32
Nicht präkludiert ist die Geltendmachung des Verwirkungseinwandes wegen betrügerischen Verhaltens des anderen Beteiligten, das im Erstverfahren zu falschen Tatsachenfeststellungen führte, weil dieses über die Zeitschwelle des Abs 2 hinaus fortdauert (BGH FamRZ 90, 1095; Kobl FamRZ 98, 56). Für die Abänderungen von Unterhaltstiteln, die vor dem 1.1.08 errichtet worden sind, ist § 36 Nr 2 iVm Nr 1 EGZPO zu berücksichtigen.