Rn 12
Auch bei der Abänderung eines Vergleichs oder einer vollstreckbaren Urkunde setzt die Zulässigkeit des Antrags voraus, dass der ASt Tatsachen vorträgt, die – ihre Richtigkeit unterstellt – die Abänderung des Titels tragen.
1. Abzuändernder Vergleich.
Rn 13
Der Abänderungsantragsteller ist zur Erhebung eines zulässigen Antrags gehalten, substanziiert die Grundlagen des Vergleichs darzulegen, und zwar zunächst die Umstände, die für den Grund, die Höhe und die Dauer der Verpflichtung zur Unterhaltsleistung maßgebend waren. Dabei sind alle für die Unterhaltsbemessung im Vergleich maßgeblich gewesenen Faktoren darzustellen. Hierzu gehören auch ein dem titulierten Unterhalt zugrunde liegender Rechenweg und namentlich die für die Einkommensermittlung hierin einzustellenden maßgeblichen Tatsachen, insb zum tatsächlichen wie zum fiktiven Einkommen. Der Unterhaltspflichtige hat, um einen zulässigen Abänderungsantrag zu stellen, vollständig darzulegen, welche Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu dem Inhalt der Urkunde geführt haben, deren Abänderung er begehrt (vgl Prütting/Helms/Bömelburg § 239 Rz 24c mwN; Keidel/Meyer-Holz § 239 Rz 19; Zö/Lorenz § 239 Rz 5; Brandbg NJW 19, 2039 [OLG Brandenburg 18.12.2018 - 13 UF 151/18]). Gelingt dies dem darlegungs- und beweisbelasteten ASt (vgl § 238 Rn 35) nicht, ist der Antrag bereits unzulässig.
2. Abzuändernde Urkunde.
a) Einseitig errichtete Urkunde nach vorhergehender Vereinbarung.
Rn 14
Beruht die einseitige Erstellung einer vollstreckbaren Unterhaltsurkunde auf einer vorhergehenden Unterhaltsvereinbarung der Beteiligten, dass ein bestimmter Unterhalt zu zahlen ist und dieser in einer Jugendamtsurkunde tituliert wird (kausaler Anerkenntnisvertrag), sind beide Beteiligten an die vereinbarten Grundlagen der Unterhaltsbemessung gebunden. IRd Abänderung ist stets der Inhalt der Vereinbarung zu wahren. Eine Abänderung der Urkunde kommt für beide Beteiligten nur in Betracht, wenn dies wegen nachträglicher Veränderungen nach den Grundsätzen über die Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) geboten ist (BGH FamRZ 17, 370; 11, 1041; 03, 304, 306; Prütting/Helms/Bömelburg § 239 Rz 27; Keidel/Meyer-Holz § 239 Rz 22; Zö/Lorenz § 239 Rz 5). Dies gilt auch dann, wenn ein Unterhaltsberechtigter vom Unterhaltspflichtigen einen bestimmten Unterhalt als Gesamtunterhalt verlangt und dieser ihm daraufhin eine Jugendamtsurkunde über den geforderten Betrag erstellen lässt (BGH FamRZ 17, 370; ThoPu/Hüßtege § 239 Rz 14). Eine Vereinbarung liegt auch dann vor, wenn der Unterhaltsberechtigte über die bloße Entgegennahme der Urkunde hinaus durch sein Verhalten eindeutig zu erkennen gibt, dass er den einseitig titulierten Betrag auch als auch für ihn verbindliche vertragliche Festlegung des gesamten gesetzlichen Unterhalts akzeptieren will (BGH FamRZ 17, 370; Graba NZFam 19, 13, 17; ders FamRZ 05, 678, 681; Bumiller/Harders/Schwamb § 239 Rz 11). Dem ASt obliegt die gleiche Darlegungslast wie bei der Abänderung eines Vergleichs.
b) Einseitig erstellte Urkunde ohne vorhergehende Vereinbarung.
Rn 15
Ist eine Unterhaltsurkunde aufgrund einseitiger Verpflichtung des Unterhaltsschuldners errichtet worden, ohne dass dem eine entsprechende Vereinbarung der Beteiligten vorausgegangen ist, kommt eine materiell-rechtliche Bindung an eine Geschäftsgrundlage nicht in Betracht. Der Unterhaltsberechtigte kann daher ohne Bindung an die vorliegende Urkunde im Wege des Abänderungsantrags eine Erhöhung des titulierten Unterhalts nach den zum Zeitpunkt des Abänderungsbegehrens vorliegenden Umständen und den gesetzlichen Regelungen verlangen. Eine einseitig erstellte Urkunde beinhaltet regelmäßig zugleich ein Schuldanerkenntnis nach § 781 BGB; eine spätere Herabsetzung der Unterhaltspflicht muss die Bindungswirkung dieses Schuldanerkenntnisses beachten. Der Unterhaltspflichtige, der eine Herabsetzung des einseitig titulierten Unterhalts begehrt, muss deshalb neben den aktuellen Einkommensverhältnissen auch diejenigen nach Grund und Höhe darlegen, die ihn zur Errichtung der vollstreckbaren Urkunde veranlasst hatten, wie auch die Gründe dafür, dass die bisherige Unterhaltsleistung für ihn wegen Änderung der Verhältnisse nun (ganz oder teilw) unzumutbar geworden ist und der Unterhaltsberechtigte die Einkommensminderung durch Unterhaltskürzungen nunmehr nach § 242 BGB mittragen soll (Hamm NJW 13, 3377; Köln FamRZ 13, 795). Die Grundsätze des Fehlens oder der Änderung der Geschäftsgrundlage sind hier, da es an einer solchen fehlt, weder unmittelbar noch entspr anwendbar (vgl BGH FamRZ 17, 370; 11, 1041; 07, 715; Brandbg FuR 17, 155; Prütting/Helms/Bömelburg § 239 Rz 28 ff; Wendl/Dose/Schmitz § 10 Rz 279 f; jeweils mwN).