Gesetzestext
Die Rechtshängigkeit eines auf Herabsetzung gerichteten Abänderungsantrags steht bei der Anwendung des § 818 Abs. 4 des Bürgerlichen Gesetzbuchs der Rechtshängigkeit einer Klage auf Rückzahlung der geleisteten Beträge gleich.
A. Allgemeines.
Rn 1
Die Vorschrift entspricht in ihrem Regelungsgehalt dem zeitgleich eingefügten § 323b ZPO und führt zu einer Verbesserung der Position des Unterhaltspflichtigen, der mit seinem auf Herabsetzung des titulierten Unterhalts gerichteten Abänderungsverfahren erfolgreich war. Nach alter Rechtslage konnte der vom Unterhaltsschuldner auf Rückzahlung überzahlten Unterhalts in Anspruch genommene Unterhaltsberechtigte oftmals den Entreicherungseinwand nach § 818 III BGB entgegenhalten mit der Folge, dass ein Bereicherungsanspruch nicht mit Erfolg geltend gemacht werden konnte. Zur Herbeiführung der verschärften Haftung nach § 818 IV BGB war es erforderlich, dass zusätzlich zum Abänderungsantrag ein auf Rückzahlung gerichteter gesonderter Leistungsantrag erhoben wurde (stRspr des BGH, vgl MDR 98, 847; FamRZ 86, 79; MDR 85, 475). Dieses zweigleisige Vorgehen führte nicht nur zu höheren Kosten, sondern es war bei fortlaufenden monatlichen Überzahlungen eine ständige Anpassung des Rückzahlungsanspruchs erforderlich, wobei das Erfordernis eines zusätzlichen (Rück-)Zahlungsantrags auch erfahrenen Familienrechtlern nicht immer bekannt war (BTDRs 16/6308, 259).
Rn 2
Die Vorschrift des § 241 hat das Ziel, auch ohne das zuvor erforderliche zweigleisige Vorgehen eine verschärfte Haftung des Unterhaltsberechtigten herbeizuführen. Die verschärfte Haftung des Unterhaltsberechtigten nach § 818 IV BGB tritt bereits mit Rechtshängigkeit eines auf Herabsetzung der Unterhaltspflicht gerichteten Antrags ein.
B. Die Vorschrift im Einzelnen.
I. Voraussetzungen.
Rn 3
Erforderlich ist die Rechtshängigkeit eines auf Herabsetzung der Unterhaltspflicht gerichteten Antrags. Hierunter fallen jedenfalls die Anträge nach §§ 238–240. Die Abänderung eines im einstweiligen Anordnungsverfahrens geschlossenen Vergleichs kann nach § 239 in Betracht kommen (hierzu BGH FamRZ 18, 1343; Köln FamRZ 15, 598; Jena FamRZ 12, 54, vgl § 239 Rn 4), sodass in diesen Fällen die Vorschrift des § 241 unmittelbar anwendbar ist. Ob § 241 auch im Zusammenhang mit einer gerichtlichen Entscheidung im einstweiligen Anordnungsverfahren nach § 246 I (zumindest analog) anzuwenden ist, die nicht der Abänderung nach § 238, sondern nach § 54 I unterliegt (ausdr BTDrs 16/6308, 257), wird schon im Hinblick auf die systematische Stellung der Vorschrift uneinheitlich beurteilt (bejahend Prütting/Helms/Bömelburg § 241 Rz 19 mwN; FAKomm-FamR/Klein § 241 Rz 4; Bork/Jacoby/Schwab/Hütter/Kodal § 241 Rz 4; Zö/Lorenz § 241 Rz 4 [unmittelbare Anwendung möglich]; Bahrenfuss/Schwedhelm § 241 Rz 3; Wendl/Dose/Schmitz § 10 Rz 444; Schneider FamRB 15, 267; aA Keidel/Meyer-Holz § 241 Rz 4 [anwendbar aber bei einem negativen Feststellungsantrag]; Keidel/Giers § 246 Rz 11; MüKoFamFG/Pasche § 241 Rz 7 mwN; ThoPu/Hüßtege § 241 Rz 1 m umfangr Nachw; Dose, Einstweiliger Rechtsschutz in Familiensachen Rz 529 f; Karlsr MDR 14, 987 [OLG Karlsruhe 06.02.2014 - 2 UF 148/13]). Ließe man § 241 bei einer gerichtlichen Entscheidung im einstweiligen Anordnungsverfahren unberücksichtigt, wäre der Unterhaltsschuldner weiterhin gezwungen, zur Herbeiführung der verschärften Haftung des Unterhaltsberechtigten entweder im Abänderungsverfahren nach § 54 I hilfsweise einen Leistungsantrag auf Rückzahlung zu stellen oder in einem isolierten Verfahren einen Rückforderungsanspruch zu stellen, um in diesem Verfahren die Wirkung einer eA zu beseitigen. Das würde seiner Interessenlage, die mit der eines Unterhaltspflichtigen im Abänderungsverfahren nach § 238 letztlich identisch ist, nicht gerecht, zumal die einstweilige Anordnung nicht in materielle Rechtskraft erwächst. Hinzu tritt, dass dem Unterhaltsverpflichteten ein Rechtsmittel gegen die Unterhaltsanordnung nicht zur Verfügung steht (§ 57 S 1) und bis zur Entscheidung eines Verfahrens in der Hauptsache aufgrund eines Antrags nach § 52 II viel Zeit vergehen kann.
II. Folgen.
Rn 4
Die Rechtshängigkeit des Abänderungsantrags führt zu einer verschärften Haftung des Unterhaltsberechtigten; dieser haftet gem § 818 IV BGB nach den allgemeinen Vorschriften (insb §§ 291, 292 BGB) und kann sich nicht mehr auf den Wegfall oder die Minderung der Bereicherung berufen (BGH MDR 98, 847 [BGH 22.04.1998 - XII ZR 221/96]).