Gesetzestext
(1) Während der Anhängigkeit einer Ehesache ist das Gericht ausschließlich zuständig, bei dem die Ehesache im ersten Rechtszug anhängig ist oder war. Diese Zuständigkeit geht der ausschließlichen Zuständigkeit eines anderen Gerichts vor.
(2) Im Übrigen bestimmt sich die Zuständigkeit nach der Zivilprozessordnung mit der Maßgabe, dass in den Vorschriften über den allgemeinen Gerichtsstand an die Stelle des Wohnsitzes der gewöhnliche Aufenthalt tritt.
A. Normzweck.
Rn 1
In § 262 wird die örtliche Zuständigkeit für isolierte Güterrechtssachen geregelt, also nicht für solche, die im Verbund eingereicht werden (BGH Beschl v 16.5.19 – V ZB 101/18, FamRZ 19, 1345). Die örtliche Zuständigkeit des Familiengerichts soll konzentriert werden auf dasjenige, bei dem eine Ehesache im ersten Rechtszug anhängig ist oder war. Widersprüchliche Entscheidungen sollen hierdurch vermieden werden (FAKomm-FamR/Weinreich § 262 Rz 2). Greift die ausschließliche Zuständigkeit nicht, ist das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Antragsgegner seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (Nürnbg Beschl v 28.9.16 – 7 UF 1142/15, FamRZ 17, 698; LG Stuttgart Beschl v 21.11.11 – 18 O 395/11, openJur 12, 67463 = FamRZ 12, 569). Hierbei handelt es sich ausweislich des Wortlauts der Norm nicht um eine Alternativzuständigkeit.
B. TB-Voraussetzungen.
I. Anhängigkeit einer Ehesache.
Rn 2
Eine Ehesache ist mit Einreichen der Antragsschrift bei Gericht anhängig, § 124. Das Einreichen eines VKH-Bewilligungsantrages genügt nicht. Wird also ein Ehescheidungsantrag unter der Bedingung der Bewilligung von VKH gestellt, dann ist noch keine Ehesache in diesem Sinne anhängig (FA-FamR/v Heintschel-Heinegg Kap 2 Rz 61). Erst nach Bewilligung der VKH tritt Anhängigkeit des Antrags ein. Das dürfte mit rechtskräftigem Beschluss über die Bewilligung erfolgen. Rein praktisch wird idR zeitgleich mit Bewilligung der Scheidungsantrag zugestellt und wird damit rechtshängig. Die Anhängigkeit endet mit rechtskräftigem Abschluss des Scheidungsverfahrens (Frankf Beschl v 4.10.10 – 5 WF 208/10, openJur 12, 33574). Rein vom Wortlaut des § 262 kommt es nur darauf an, dass bei einem Gericht eine Ehesache anhängig ›war‹. Das ist formal auch dann noch der Fall, wenn ein Scheidungsverfahren rechtskräftig abgeschlossen ist. Aber die Notwendigkeit der Konzentration auf ein Gericht entfällt in diesem Moment. Deshalb umfasst § 262 keine Ehesachen mehr, die rechtskräftig abgeschlossen sind, obwohl eine Anhängigkeit zuvor vorhanden war. Entfällt aber nach Rechtshängigkeit der Güterrechtssache die Anhängigkeit der Ehesache, ändert das nichts mehr an der einmal begründeten örtlichen Zuständigkeit (Brandbg Beschl v 4.3.20 – 13 UF 118/19 = openJur 20, 38221).
II. Erster Rechtszug.
Rn 3
Mit der Begrifflichkeit ›Erster Rechtszug‹ ist grds das erstinstanzliche Familiengericht gemeint. Befindet sich die Ehesache in der Beschwerdesache, also beim OLG, dann bleibt die Zuständigkeit für die Güterrechtssache bei dem erstinstanzlichen Familiengericht (ThoPu/Hüßtege § 262 FamFG Rz 4).
III. Isolierte Güterrechtssache.
Rn 4
Die Zuständigkeitsnorm dient Verfahren, die außerhalb des Verbunds eingeleitet werden. Hierunter fallen auch solche auf vorzeitigen Zugewinnausgleich oder vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft nach §§ 1385, 1386 BGB. Bei diesen Verfahren scheidet eine Entscheidung im Verbund von vornherein aus, weil der vorzeitige Zugewinnausgleich nicht nur für den Fall der Scheidung Geltung beansprucht (BGH Beschl v 16.5.19 – V ZB 101/18, FamRZ 19, 1345).
IV. Zuständigkeit nach ZPO.
Rn 5
Nur dann, wenn eine Zuständigkeit nach § 262 Abs 1 FamFG nicht besteht, bedarf es der Anwendung des § 262 Abs 2 (BGH Beschl v 16.5.19 – V ZB 101/18, FamRZ 19, 1345), der auf die Normen der ZPO verweist.
C. Hinweise zur Prozesssituation.
Rn 6
Bei der Frage der internationalen Zuständigkeit erfolgt die spiegelbildliche Anwendung des § 262 Abs 1 (BGH Beschl v 16.5.19 – V ZB 101/18, FamRZ 19, 1345). Im Rahmen des § 262 Abs 2 kann die Zuständigkeit auch durch einen Widerantrag iSd § 33 ZPO begründet werden (Schlesw Beschl v 20.3.15 – 10 UF 18/15, FamRZ 15, 1519). Bei Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts erfolgt im Falle des § 262 Abs 1 nach § 281 ZPO, im Falle des § 262 Abs 2 nach § 13 eine Verweisung an das zuständige Gericht (FAKomm-FamR/Weinreich § 262 Rz 8). Wird bei einem anderen als demjenigen Gericht, bei dem das Scheidungsverfahren anhängig ist, ein VKH-Antrag für eine Güterrechtssache eingereicht, über diesen aber erst nach Rechtskraft der Ehescheidung beschieden, erfolgt keine Verweisung mehr. Dabei ist unerheblich, wie lange das angerufene Gericht benötigte, um über den VKH-Antrag zu entscheiden (Frankf Beschl v 4.10.10 – 5 WF 208/10, openJur 12, 33574).