Rn 2
Aus Abs 1 iVm § 27 I folgt, dass das Gericht die Befugnis sowie die Pflicht hat, die Beteiligten generell oder in Einzelbereichen zum Sachvortrag aufzufordern. Das Gericht kann seine Aufforderung mit einer Fristsetzung verbinden. Im Einzelnen umfasst die richterliche Hinweispflicht alle erheblichen Tatsachen. Es ist also auf Lücken im Sachvortrag hinzuweisen und eine Ergänzung anzuregen. Ein unschlüssiger Sachvortrag von Beteiligten ist zu beanstanden. Auf widersprüchliches Vorbringen im Sachverhalt muss das Gericht hinweisen. Soweit Beteiligte unsubstanziiert vortragen, muss das Gericht eine weitergehende Substantiierung verlangen. Soweit offensichtlich Falsches vorgetragen wird, muss das Gericht dies beanstanden.
Rn 3
Darüber hinaus verlangt Abs 1 S 2 in gleicher Weise, dass das Gericht Überraschungsentscheidungen vermeidet. Ein nach Abs 1 S 2 erforderlicher Hinweis auf rechtliche Gesichtspunkte setzt voraus, dass die Beteiligten rechtliche Äußerungen getan haben. Ferner setzt ein solcher Hinweis voraus, dass das Gericht von einer rechtlichen Auffassung ausgeht, die von keiner der Beteiligten in diesem Zusammenhang vertreten worden ist.
Rn 4
Nach Abs 2 muss das Gericht im Antragsverfahren auch auf Formfehler hinweisen und die Stellung sachdienlicher Anträge verlangen. Im Einzelnen bedarf es eines Hinweises, wenn eine bestimmte Formvorschrift nicht eingehalten ist, wenn die Unterschrift unter einem bestimmenden Schriftsatz fehlt oder unleserlich ist, wenn notwendige Elemente eines Schriftsatzes fehlen (Antragsschrift ohne Antrag) oder wenn andere formale Mängel zu beanstanden sind.
Rn 5
Es gibt allerdings im Antragsverfahren Grenzen für richterliche Hinweise. So darf das Gericht nicht darauf hinweisen, dass ein völlig neuer Sachverhaltskomplex, der außerhalb des bisherigen Verfahrensgegenstandes liegt, in das Verfahren eingebracht werden könne. Das Gericht darf nicht auf denkbare und völlig neue Einwendungen oder Einreden hinweisen. Das Gericht darf nicht die Beteiligten anregen, durch eine Veränderung der materiellen Rechtslage dem Verfahren eine neue Richtung zu geben. Insb darf das Gericht nicht darauf hinweisen, dass die Einrede der Verjährung erhoben werden könne. Dagegen trägt das Gericht im Amtsverfahren die Gesamtverantwortung nicht nur für die Tatsachenermittlung, sondern auch für die zutreffende Herausarbeitung des Verfahrensgegenstandes. Aufgrund des Fehlens eines Antrags der Beteiligten kann sich also die richterliche Verpflichtung nicht im Rahmen von Anträgen begrenzen lassen.