Gesetzestext
(1) Ist auf Grund einer gerichtlichen Anordnung die Verpflichtung zur Vornahme oder Unterlassung einer Handlung durchzusetzen, kann das Gericht, sofern ein Gesetz nicht etwas anderes bestimmt, gegen den Verpflichteten durch Beschluss Zwangsgeld festsetzen. Das Gericht kann für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Zwangshaft anordnen. Verspricht die Anordnung eines Zwangsgeldes keinen Erfolg, soll das Gericht Zwangshaft anordnen.
(2) Die gerichtliche Entscheidung, die die Verpflichtung zur Vornahme oder Unterlassung einer Handlung anordnet, hat auf die Folgen einer Zuwiderhandlung gegen die Entscheidung hinzuweisen.
(3) Das einzelne Zwangsgeld darf den Betrag von 25.000 Euro nicht übersteigen. Mit der Festsetzung des Zwangsmittels sind dem Verpflichteten zugleich die Kosten dieses Verfahrens aufzuerlegen. 3Für den Vollzug der Haft gelten § 802g Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2, die §§ 802h und 802j Abs. 1 der Zivilprozessordnung entsprechend.
(4) Ist die Verpflichtung zur Herausgabe oder Vorlage einer Sache oder zur Vornahme einer vertretbaren Handlung zu vollstrecken, so kann das Gericht, soweit ein Gesetz nicht etwas anderes bestimmt, durch Beschluss neben oder anstelle einer Maßnahme nach den Absätzen 1, 2 die in §§ 883, 886, 887 der Zivilprozessordnung vorgesehenen Maßnahmen anordnen. Die §§ 891 und 892 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.
(5) Der Beschluss, durch den Zwangsmaßnahmen angeordnet werden, ist mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 bis 572 der Zivilprozessordnung anfechtbar.
A. Anwendungsbereich.
Rn 1
Die in der Norm erfassten gerichtlichen Anordnungen sind nicht die (eine Instanz beendenden) Endentscheidungen (§ 38), deren Vollstreckung sich ausschließlich nach §§ 86 ff richtet. § 35 betrifft daher nur Zwischenentscheidungen, die einen vollstreckbaren Inhalt und verfahrensleitenden Charakter aufweisen. Dies sind etwa §§ 220 III, 285, 358, 404 I, 405 II, ferner §§ 1640 III, 1837 II, 1840, 1892, 1893 II BGB. Nicht nach § 35 durchsetzbar ist die Mitwirkungspflicht des § 27. Die Norm gilt für Antrags- und Amtsverfahren. Sie gilt nicht in Ehe- und Familienstreitverfahren (§ 113 I). Nicht von § 35 erfasst ist auch die Vollstreckung einstweiliger Anordnungen (P/H/Hammer Rz 2).
B. Festsetzung von Zwangsmitteln (Abs 2).
Rn 2
Die gerichtliche Anordnung muss einen vollstreckbaren Inhalt haben (auf Vornahme oder Unterlassen einer Handlung). Die Form der Anordnung ist ohne Bedeutung (Beschluss, Verfügung). Die Anordnung bedarf einer angemessenen Frist zu ihrer Umsetzung und sie muss inhaltlich bestimmt sein. Die Anordnung bedarf einer speziellen Rechtsgrundlage. Die Anwendung von Zwangsmitteln liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Den Regelfall stellt die Festsetzung eines Zwangsgeldes sowie als Ersatz die Zwangshaft dar. Die Zwangsmaßnahmen haben keinen Strafcharakter, sondern sind Beugemittel zur Erzwingung der angeordneten Maßnahme. Vorausgesetzt wird ein schuldhaftes Verhalten des Verpflichteten. Ist die Anordnung durch Bekanntgabe wirksam geworden, bedarf es keiner Vollstreckungsklausel oder besonderer Androhung des Zwangsmittels, lediglich eines Hinweises nach Abs 2. Der Hinweis, der auch noch nachgeholt werden kann, muss die Höhe des Zwangsgeldes bzw die Dauer der Zwangshaft angeben. Es genügt dabei aber eine Angabe des maximalen Umfangs.
C. Höhe des Zwangsgeldes und Vollzug der Haft (Abs 3).
Rn 3
Bei der Festsetzung von Zwangsgeld beträgt der Mindestbetrag 5 EUR (Art 6 I EGStGB), der Höchstbetrag beträgt gem III 1 25.000 EUR. Zwangshaft kommt in Betracht, wenn das festgesetzte Zwangsgeld nicht beigetrieben werden kann (I 2) oder wenn die Anordnung von Zwangsgeld unterbleibt, weil sie keinen Erfolg verspricht (I 3). Die Dauer einer Zwangshaft wird nach Tagen bestimmt. Das Minimum beträgt einen Tag (Art 6 II EGStGB), das Maximum beträgt sechs Monate (III 3 mit § 802j I ZPO).
D. Vollstreckung nach der ZPO (Abs 4).
Rn 4
Für die Fälle der Herausgabe oder der Vorlage einer Sache sowie die Vornahme vertretbarer Handlungen eröffnet Abs 4 neben bzw anstelle der weiterhin bestehenden Möglichkeiten des Zwangsgeldes und der Zwangshaft den Weg für die Zwangsvollstreckung nach den §§ 883, 886, 887 ZPO. Die Vollstreckung nach der ZPO ergeht durch Beschluss (§ 891 ZPO) und setzt kein Verschulden voraus.
E. Rechtsmittel (Abs 5).
Rn 5
Abs 5 eröffnet gegen den Beschluss über die Anordnung von Zwangsmaßnahmen die sofortige Beschwerde nach den §§ 567–572 ZPO. Das Rechtsmittel hat aufschiebende Wirkung (§ 570 I ZPO). Der Zwangsvollstreckungsbeschluss nach IV enthält zwar kein Zwangsmittel im klassischen Sinn, aber auch gegen diesen Beschluss ist die sofortige Beschwerde nach V eröffnet (P/H/Hammer Rz 34).