Gesetzestext
(1) In vermögensrechtlichen Angelegenheiten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt.
(2) Übersteigt der Beschwerdegegenstand nicht den in Absatz 1 genannten Betrag, ist die Beschwerde zulässig, wenn das Gericht des ersten Rechtszugs die Beschwerde zugelassen hat.
(3) Das Gericht des ersten Rechtszugs lässt die Beschwerde zu, wenn
1. |
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Beschwerdegerichts erfordert und |
2. |
der Beteiligte durch den Beschluss mit nicht mehr als 600 Euro beschwert ist. |
Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
A. Normzweck.
Rn 1
Die Vorschrift beschränkt das Beschwerderecht in vermögensrechtlichen Angelegenheiten über §§ 59 f hinaus auf das Vorliegen eines Mindestbeschwerdewerts. Wird dieser nicht erreicht, ermöglicht sie dem erstinstanzlichen Gericht die Zulassung der Beschwerde. Eine Nichtzulassungsbeschwerde ist demggü nicht vorgesehen. In nichtvermögensrechtlichen Angelegenheiten gibt es keinen Mindestbeschwerdewert.
B. Vermögensrechtliche Angelegenheit.
I. Definition.
Rn 2
Als vermögensrechtlich ist eine Angelegenheit zu qualifizieren, wenn Ansprüche aus einem vermögensrechtlichen Rechtsverhältnis hergeleitet werden oder sich zwar auf ein nichtvermögensrechtliches Verhältnis gründen, jedoch selbst eine vermögenswerte Leistung zum Gegenstand haben oder im Wesentlichen der Wahrung wirtschaftlicher Belange dienen sollen (BGHZ 14, 72; BGH FamRZ 82, 787).
II. Einzelfälle im Familienrecht.
Rn 3
Vermögensrechtliche Angelegenheiten sind: VA-Sachen gem §§ 111 Nr 7, 217 ff, wobei hier die Sonderregelung des § 228 zu beachten ist; Unterhaltssachen gem §§ 111 Nr 8, 231 ff einschl des keine Familienstreitsache darstellenden Verfahrens über die Bestimmung des Kindergeldbezugsberechtigten nach § 64 II 3 EStG (BGH FamRZ 14, 646) sowie des nach § 237m dem Vaterschaftsfeststellungsverfahren verbindbaren Unterhaltsverfahrens; Güterrechtssachen gem §§ 111 Nr 9, 261 ff u regelmäßig auch die sonstigen Familiensachen gem §§ 111 Nr 10, 266 ff, wie zB der Anspruch auf Zustimmung zum begrenzten Realsplitting (BGH FamRZ 99, 648). Diese Angelegenheiten beruhen zwar allesamt auf einem nichtvermögensrechtlichen Verhältnis, nämlich der Ehe oder der Verwandtschaft, rechnen aber, weil sie eine vermögenswerte Leistung zum Gegenstand haben, zu den vermögensrechtlichen Ansprüchen. Die Einordnung gilt auch für Ansprüche, die – wie zB der Auskunftsanspruch – ihrem Wesen nach der Vorbereitung oder Feststellung v vermögensrechtlichen Ansprüchen dienen (BGH FamRZ 82, 787). Nichtvermögensrechtliche Angelegenheiten sind: Ehesachen gem § 111 Nr 1, 121 ff; Kindschaftssachen gem §§ 111 Nr 2, 151 ff, u zwar auch wenn es um die Vermögenssorge als Teilbereich der elterlichen Sorge geht, anderes soll hingegen für Verfahren betreffend die Genehmigung eines Rechtsgeschäfts (zB nach §§ 1643, 1821 f BGB) gelten (Keidel/Meyer-Holz Rz 3 m Verweis auf Frankf RPfleger 79, 423); Abstammungssachen gem § 111 Nr 3, 169 ff; Adoptionssachen gem §§ 111 Nr 4, 186 ff sowie Gewaltschutzsachen gem §§ 111 Nr 6, 210 ff. Umstr ist die Einordnung bei Ehewohnungs- u Haushaltssachen gem §§ 111 Nr 5, 200 ff; während eine Ansicht auf die vermögensrechtlichen Folgen einer Nutzungsregelung nach §§ 1361a, 1361b BGB bzw einer (dinglichen) Zuweisung gem §§ 1568a, 1568b BGB abstellt (Musielak/Borth/Borth/Grandel Rz 2), verweist die Gegenmeinung darauf, dass wesentlicher Maßstab Billigkeitsabwägungen u die Vermeidung einer unbilligen Härte seien, nicht jedoch die Kosten für die Beschaffung anderweitigen Wohnraums oder v Ersatzhaushaltsgegenständen (MüKoFamFG/Fischer Rz 8). Soweit eine Kostenentscheidung zulässigerweise isoliert angefochten werden kann oder ein Rechtsmittel gg eine isolierte Kostenentscheidung statthaft ist (s § 58 Rn 2), ist für die Abgrenzung der ursprüngliche Verfahrensgegenstand maßgeblich. War dies eine nichtvermögensrechtliche Angelegenheit, muss die Kostenentscheidung den Beschwerdeführer zwar gem § 59 beschweren, jedoch bedarf es keiner Mindestbeschwer. Handelte es sich demggü bei dem ursprünglichen erstinstanzlichen Verfahrensgegenstand um eine vermögensrechtliche Angelegenheit, muss die Beschwer durch die Kostenentscheidung mehr als 600 EUR betragen. Maßgeblich ist die Höhe der Kosten, die der Beschwerdeführer nach der angegriffenen erstinstanzlichen Kostenentscheidung zu tragen hat (BGH FamRZ 14, 372; 13, 1876).
C. Ermittlung des Beschwerdewerts.
Rn 4
Die Höhe des Beschwerdewerts richtet sich danach, in welchem Umfang der Rechtsmittelführer in erster Instanz unterlegen ist u ist begrenzt durch seinen Beschwerdeantrag, wobei ein in zweiter Instanz erstmals gestellter Antrag den Beschwerdewert nicht erhöht (BGH MDR 16, 346 [BGH 16.12.2015 - XII ZB 405/15]). In Familienstreitsachen finden über § 113 I 2 die §§ 2 ff ZPO Anwendung. Ebenso gilt – trotz insoweit in § 117 nicht erfolgter Bezugnahme – § 511 III ZPO (s § 117 Rn 2). In fG-Familiensachen ist das Erreichen des Mindestbeschwerdewerts, soweit ein solcher ...