Gesetzestext
(1) Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat.
(2) Ein berechtigtes Interesse liegt in der Regel vor, wenn
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schwerwiegende Grundrechtseingriffe vorliegen oder |
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eine Wiederholung konkret zu erwarten ist. |
(3) Hat der Verfahrensbeistand oder der Verfahrenspfleger die Beschwerde eingelegt, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.
A. Zivilrechtliches Fortsetzungsfeststellungsverfahren.
Rn 1
Die Vorschrift ermöglicht eine sachliche Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung trotz dass sich der Verfahrensgegenstand erledigt hat. Sie dient der Gewährleistung des in Art 19 IV GG verankerten Grundrechts auf effektiven u möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gg Akte der öffentlichen Gewalt (BVerfG NJW 02, 2456 [BVerfG 05.12.2001 - 2 BvR 527/99]). Sie ähnelt dem verwaltungsrechtlichen Fortsetzungsfeststellungsverfahren gem § 113 I 4 VwGO, wobei der zu überprüfende Akt der öffentlichen Gewalt hier die Entscheidung der Vorinstanz(en) ist. Gg diese muss sich das Rechtsmittel richten; ein isoliertes erstinstanzliches Fortsetzungsfeststellungsverfahren ist nicht statthaft (BGH FamRZ 13, 28). § 62 ist im Rechtsbeschwerdeverfahren entspr anzuwenden (BGH FamRZ 13, 289).
B. Voraussetzungen.
I. Erledigung der angefochtenen Entscheidung in der Hauptsache.
Rn 2
Der durch den Hauptsacheausspruch der v Beschwerdeführer angefochtenen Entscheidung betroffene Verfahrensgegenstand muss sich erledigt haben. Die Erledigung kann dabei vor Rechtsmitteleinlegung erfolgt sein (BGH FamRZ 12, 211). Es kann sich auch um eine Entscheidung im EA-Verfahren handeln (BGH FGPrax 11, 143). Nach Ansicht Brandbg FamRZ 13, 802 ist § 62 analog auf Entscheidungen anzuwenden, die keine Endentscheidungen iSd § 58, jedoch wie zB im Vollstreckungsverfahren (§ 87 IV iVm §§ 567 ff ZPO) m der sofortigen Beschwerde anfechtbar sind. Denn die Verweisung auf die ZPO soll §§ 58 ff dann nicht verdrängen, wenn diese – wie zB § 62 – den Besonderheiten des FamFG-Verfahrens Rechnung tragen (ebenso Keidel/Meyer-Holz § 58 Rz 89; aA Zö/Feskorn Rz 2). Zum Begriff der Erledigung der Hauptsache s § 83 Rn 4. Ein bereits eingelegtes Rechtsmittel wird infolge seines m der Erledigung entfallenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig (s § 59 Rn 4), wenn es nicht in zulässiger Weise auf den Kostenpunkt beschränkt wird; war die Erledigung schon vor Rechtsmitteleinlegung eingetreten, ist das Rechtsmittel – jenseits § 62 – v Anfang an unzulässig (s § 59 Rn 4); möglich ist nur – soweit iÜ statthaft (§ 58 Rn 2) – eine isolierte Beschwerde gg die Kostenentscheidung (BGH FamRZ 19, 1615; MDR 12, 860; 12, 243; Rostock FamRZ 17, 619).
II. Antrag.
Rn 3
Der Beschwerdeführer muss den Antrag an das Beschwerdegericht stellen, dass dieses ausspricht, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs (der Vorinstanz; Rn 1) ihn in seinen Rechten verletzt hat. Es genügt, wenn er konkludent zum Ausdruck bringt, dass trotz Erledigung der Hauptsache eine Überprüfung der Entscheidung begehrt wird (Zö/Feskorn Rz 9). Da antragsbefugt gem I, II nur der durch die erst-/vorinstanzliche Entscheidung in seiner Rechtssphäre betroffene Beschwerdeführer ist, erweitert III die Antragsbefugnis auf den Verfahrensbeistand u den Verfahrenspfleger. Der Anspruch auf ein faires Verfahren gebietet es, einen anwaltlich nicht vertretenen Betroffenen im Fall der Erledigung der Hauptsache auf die Möglichkeit hinzuweisen, seinen Antrag auf einen solchen nach § 62 umzustellen (BGH FamRZ 15, 1959).
III. Berechtigtes Interesse.
Rn 4
Erforderlich ist ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtsverletzung durch die Entscheidung der unteren Instanz. Dieses liegt nicht per se bei jeder Rechtsverletzung vor. Vielmehr ergibt sich aus den Regelbeispielen nach II das Hinzutreten besonderer Anforderungen. Die Rechtsverletzung muss sich tiefgreifend auf die Grundrechte des Betroffenen ausgewirkt haben oder eine erneute rechtsverletzende gerichtliche Entscheidung muss ggü dem Betroffenen konkret zu erwarten sein oder es muss eine diesen Regelbeispielen vergleichbare Konstellation vorliegen. Da ein berechtigtes Interesse das Ziel der Beseitigung einer fortwirkenden Beeinträchtigung erfordert (BVerfG NJW 02, 2456), ist für die Feststellung der Rechtsverletzung kein Raum, wenn das Vorliegen des Rechtsfehlers noch vor Eintritt der Erledigung jedenfalls inzident festgestellt worden ist. Das ist auch dann zu bejahen, wenn das Beschwerdegericht einen Verfahrensfehler erkannt u geheilt hat (BGH FamRZ 15, 2050). § 62 FamFG setzt als maßgebende Grundlage für die Bejahung eines Feststellungsinteresses eine höchstpersönliche Eingriffsrichtung voraus, weshalb die Kostenlast – unabhängig v der Möglichkeit der Beschränkung des Rechtsmittels auf den Kostenpunkt (s Rn 2) – kein berechtigtes Interesse begründet (Rostock FamRZ 17, 619). Als schwerwiegende Grundrechtseingriffe kommen in Familiensachen Entscheidungen, die den Betroffenen aus seiner Wohnung ve...