Gesetzestext
(1) Hält das Gericht, dessen Beschluss angefochten wird, die Beschwerde für begründet, hat es ihr abzuhelfen; anderenfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Das Gericht ist zur Abhilfe nicht befugt, wenn die Beschwerde sich gegen eine Endentscheidung in einer Familiensache richtet.
(2) Das Beschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Beschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.
(3) Das Beschwerdeverfahren bestimmt sich im Übrigen nach den Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug. Das Beschwerdegericht kann von der Durchführung eines Termins, einer mündlichen Verhandlung oder einzelner Verfahrenshandlungen absehen, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wurden und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind.
(4) Das Beschwerdegericht kann die Beschwerde durch Beschluss einem seiner Mitglieder zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen; § 526 der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe entsprechend, dass eine Übertragung auf einen Richter auf Probe ausgeschlossen ist.
A. Normzweck.
Rn 1
Die Vorschrift regelt den Ablauf des Beschwerdeverfahrens.
B. Norminhalt.
I. Abhilfeverfahren.
Rn 2
Bei Entscheidungen, die keine Endentscheidungen (§ 38 I 1) in Familiensachen (§ 111) darstellen, hat gem I 1 zunächst eine Abhilfeprüfung durch das Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, zu erfolgen. Soweit damit abweichend v I 2 eine Abhilfemöglichkeit in Familiensachen eröffnet ist, gelten hier regelmäßig speziellere Normen wie zB § 76 II oder § 86 IV jew iVm § 572 I 1 ZPO bzw § 113 I 2 iVm §§ 127 II 2, 572 I 1 ZPO. Zum Abhilfeverfahren s § 572 ZPO Rn 2 f. I 2 gilt auch für Entscheidungen des FamG im EA-Verfahren (Zö/Feskorn Rz 2; aA Hamm FamRZ 11, 234).
II. Zulässigkeitsprüfung.
1. fG-Familiensachen.
Rn 3
Das Vorliegen der – über den Wortlaut v II hinausgehenden – Voraussetzungen der §§ 57, 58–64, 66 f zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung ist vAw (§ 26) zu prüfen. Trotz Amtsprüfung trifft den Beschwerdeführer gem § 27 eine Mitwirkungspflicht. Freibeweis ist zulässig (§ 30 I). Eine unzulässige Beschwerde ist nach Gewährung rechtlichen Gehörs gem II 2 iVm § 69 zu verwerfen. Hiergegen zulassungsgebundene Rechtsbeschwerde, § 70 I.
2. Familienstreitsachen.
Rn 4
Es gilt § 117 I 4 iVm § 522 I 1, 2, 4 ZPO. S § 117 Rn 9.
III. Gang des Beschwerdeverfahrens.
1. fG-Familiensachen.
Rn 5
Das Beschwerdeverfahren richtet sich gem III 1 als volle zweite Tatsacheninstanz nach den Vorschriften des erstinstanzlichen Verfahrens, §§ 23 ff. Infolge Amtsermittlung (§ 26) gilt keine Präklusion. Die durch Hinzuziehung in erster Instanz begründete Beteiligtenstellung sog. Kann-Beteiligter iSv § 7 III besteht in der Beschwerdeinstanz ebenso fort (BGH FamRZ 12, 1049) wie die erstinstanzlich erfolgte Bestellung eines Verfahrensbeistands (§ 158 VI). III 2 erlaubt nach pflichtgemäßem Ermessen das Absehen v der Durchführung eines Termins, einer mündlichen Verhandlung oder anderer einzelner Verfahrenshandlungen der §§ 23 ff, wenn diese v FamG bereits ausreichend dokumentiert verfahrensfehlerfrei (BGH FamRZ 11, 805) durchgeführt worden u eine erneute Vornahme durch das Beschwerdegericht keine neuen Erkenntnisse erwarten lässt. Das Beschwerdegericht ist auch verfassungsrechtlich oder nach Art 8 EMRK nicht gehalten, einen Anhörungstermin durchzuführen, wenn das FamG bereits alle notwendigen Ermittlungen durchgeführt hat u weder vorgetragen noch sonst ersichtlich ist, welchen weiteren Erkenntnisgewinn die erneute mündliche Anhörung der Beteiligten im Beschwerdeverfahren haben kann (BVerfG FamRZ 16, 1917, 1921; EuGHMR FamRZ 18, 350). Dies ist auch gg den ausdr erklärten Willen eines Beteiligten zulässig (BGH FamRZ 17, 1668). Eines vorherigen gerichtlichen Hinweises bedarf es – anders als nach § 117 III in Familienstreitsachen – nicht. Die Gründe für das Absehen sind jedoch in der Beschwerdeentscheidung darzulegen (BVerfG FamRZ 20, 1579; BGH FamRZ 14, 828). Der Vortrag neuer entscheidungserheblicher Tatsachen gebietet demggü idR eine erneute Anhörung der Beteiligten durch das Beschwerdegericht (BGH FamRZ 17, 227). Gleiches gilt bei einer längere Zeit zurückliegenden Kindesanhörung. Hat das FamG eine Verfahrenshandlung wie zB die Kindesanhörung nach § 159 verfahrensfehlerhaft oder überhaupt nicht durchgeführt, sodass diese im Beschwerdeverfahren zu wiederholen bzw erstmals durchzuführen ist, ist dem Beschwerdeführer dennoch VKH zu versagen, wenn die angefochtene Entscheidung zwar formell keinen Bestand haben kann, das materielle Ergebnis sich jedoch nach Korrektur des Verfahrensfehlers voraussichtlich nicht ändern wird, es also an der materiellen Erfolgsaussicht der Beschwerde fehlt (BGH WM 12, 78 [BGH 15.11.2011 - II ZR 6/11]). Zum Absehen v der Wiederholung einer förmlichen Beweisaufnahme gem §§ 68 III 1, 30 s § 398 ZPO Rn 2 f, 4. Unabhängig v III 2 darf das Beschwerdegericht v Verfahrenshandlungen absehen, die wie zB §§ 30 I, 32 I, 33 I auch in erster Instanz nach pflichtgemäßem Ermessen nicht hätten durchgeführt werden müss...