Gesetzestext
(1) Das Beschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden. Es darf die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens nur dann an das Gericht des ersten Rechtszugs zurückverweisen, wenn dieses in der Sache noch nicht entschieden hat. Das Gleiche gilt, soweit das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und zur Entscheidung eine umfangreiche oder aufwändige Beweiserhebung notwendig wäre und ein Beteiligter die Zurückverweisung beantragt. Das Gericht des ersten Rechtszugs hat die rechtliche Beurteilung, die das Beschwerdegericht der Aufhebung zugrunde gelegt hat, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(2) Der Beschluss des Beschwerdegerichts ist zu begründen.
(3) Für die Beschwerdeentscheidung gelten im Übrigen die Vorschriften über den Beschluss im ersten Rechtszug entsprechend.
A. Normzweck.
Rn 1
Die Vorschrift bestimmt die formalen Anforderungen an die Beschwerdeentscheidung u regelt, in welchen Fällen eine Zurückverweisung an die erste Instanz möglich ist sowie deren Folgen. In Ehe- u Familienstreitsachen enthält § 117 zT abweichende Regelungen.
B. Norminhalt.
I. Entscheidungsform.
Rn 2
Das Beschwerdegericht entscheidet gem II durch Beschl, für den die allgemeinen Vorschriften der §§ 38 ff gelten, III. Der Beschl ist zu begründen (II); umstr ist, ob nach § 38 IV v einer Begründung abgesehen werden kann (bejahend: Zö/Feskorn Rz 5; aA, da § 69 II lex specialis ggü § 69 III: Keidel/Sternal Rz 42). Sofern Rechtsbeschwerde eingelegt werden kann (§ 70), muss dem BGH die Überprüfung der Beschwerdeentscheidung anhand deren Begründung möglich sein.
II. Entscheidungsinhalt.
1. Abschließende Entscheidung.
Rn 3
Das Beschwerdegericht hat gem I 1 grds eine eigene abschließende Entscheidung zu treffen, also die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen oder in der Sache zu bescheiden. Kosten: Rn 6. Rechtsbehelfsbelehrung: § 39.
2. Aufhebung und Zurückverweisung.
Rn 4
In zwei Fällen kann das Beschwerdegericht in fG-Familiensachen die angefochtene Entscheidung u das dieser zugrunde liegende Verfahren aufheben u an das erstinstanzliche Gericht zurückverweisen. Gem I 2 ist dies ohne Antrag der Fall, wenn das Ausgangsgericht in der Sache noch nicht entschieden hat. Hierunter fällt zunächst eine Antragsabweisung als unzulässig. Jenseits dessen liegt eine Entscheidung in der Sache aber auch nur dann vor, wenn das erstinstanzliche Gericht eine Regelung hinsichtlich des dem Verfahrensgegenstand zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses in der gebotenen Weise umfassend getroffen hat (Hamm FamRZ 13, 310; Keidel/Sternal Rz 14). Neben der Nichtbescheidung einzelner Anträge oder einer unzulässigen Teilentscheidung (Keidel/Sternal Rz 14) fehlt es an einer Entscheidung in der Sache auch dann, wenn in erster Instanz ein notwendig zu beteiligender Beteiligter (sog Muss-Beteiligter) iSv § 7 I, II (s § 7 Rn 3 ff) nicht am Verfahren beteiligt wurde (Ddorf FamRZ 20, 531; Rostock FamRZ 14, 2020; Köln FamRZ 11, 753). In Kindschaftssachen sind das JugA in den Fällen des § 162 II, nicht aber in den Fällen des § 162 I, III 1 notwendiger Beteiligter iSv § 7 II, u der Verfahrensbeistand nach § 158 I, II (Rostock FamRZ 14, 2020; aA Zö/Feskorn Rz 8: lediglich Verfahrensmangel iSv I 3). Nur auf Antrag eines Verfahrensbeteiligten, der nicht notwendigerweise Beschwerdeführer sein muss (Kobl FamRZ 16, 467), kann das Beschwerdegericht gem I 3 bei einer erforderlichen umfangreichen oder aufwendigen Beweisaufnahme, wie zB der Einholung eines Sachverständigengutachtens, eine Zurückverweisung bei einem wesentlichen Verfahrensmangel des erstinstanzlichen Verfahrens vornehmen (s hierzu § 538 ZPO Rn 11 ff). Kosten: Rn 6. Rechtsbehelfsbelehrung: § 39. Die Zurückverweisung führt zur Fortsetzung des Verfahrens in der ersten Instanz, die gem I 4 an die zur Zurückverweisung führende rechtliche Beurteilung des Beschwerdegerichts, nicht jedoch an sonstige, die Beschwerdeentscheidung nicht tragende Ausführungen (obiter dicta), gebunden ist. Die Bindungswirkung gilt auch für das Beschwerdegericht bei Befassung m der Sache aufgrund einer neuerlichen Beschwerde u ebf nachfolgend das Rechtsbeschwerdegericht (BGH FamRZ 20, 619). Sie entfällt bei Änderung der Tatsachen- oder Rechtslage. Näher s § 538 ZPO Rn 46 ff. In Ehe- u Familienstreitsachen gelten § 117 II 1 iVm § 538 II ZPO, die Bindungswirkung folgt analog § 563 II ZPO (§ 538 Rn 46, 48).
III. Reformatio in peius.
Rn 5
Während in Ehe- u Familienstreitsachen das Verböserungsverbot m Ausn in Bezug auf die nicht isolierte Kostenentscheidung (wg § 308 II ZPO) gem § 117 II 1 iVm § 528 ZPO gilt (s § 528 ZPO Rn 12), ist in fG-Familiensachen zu differenzieren. Für die Kostenentscheidung gilt das Verschlechterungsverbot nicht, es sei denn, die Kostenentscheidung wurde isoliert angefochten (Celle ZKJ 14, 479). Ansonsten gilt es nicht in Amtsverfahren (BGH FamRZ 16, 1752), jedoch ebenfalls nicht in Verfahren, die zwar auf Antrag, aber auch potenziell vAw eingeleitet werden können (Saarbr FamRZ 12, 646: Umgang). Denn Letztere zählen ebenfalls zu den sog Amtsverfahren des FamFG (§ 51 Rn 2; Keidel/Sternal § 23 Rz 6). Soweit eine Abänderung der angefochtenen Entscheidung zu...