Rn 2

Die Anwendung von unmittelbarem Zwang, dh die Durchsetzung des Titels mithilfe physischer Gewalt, ist als einschneidendste Vollstreckungsmaßnahme nur als Ultima Ratio zulässig. § 90 I stellt daher zusätzliche Voraussetzungen auf, die die Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sicherstellen sollen. Es genügt allerdings, wenn die Voraussetzungen einer der Nr des Abs 1 erfüllt sind, die Voraussetzungen müssen nicht kumulativ vorliegen.

 

Rn 3

Nach Nr 1 sollen grds zunächst Ordnungsmittel (Ordnungsgeld und Ordnungshaft) nach § 89 verhängt werden und erst, wenn diese erfolglos geblieben sind, kann zur Durchsetzung auf den unmittelbaren Zwang zurückgegriffen werden. Die Ordnungsmittel sind erfolglos, wenn sie nicht den gewünschten Erfolg (Herausgabe des Kindes) herbeigeführt haben. Ob das Ordnungsgeld bereits vollstreckt wurde, ist hingegen unerheblich (Hamm FamRZ 20, 1490, 1491 f; MüKoFamFG/Zimmermann Rz 8; aA Keidel/Giers Rz 4). Versprechen andere Ordnungsmittel von vornherein keinen Erfolg, kann nach Nr 2 auch direkt unmittelbarer Zwang angeordnet werden. Dies ist bspw dann der Fall, wenn das Ordnungsgeld wegen Vermögenslosigkeit des Verpflichteten nicht beigetrieben werden kann und die Anordnung von Ordnungshaft zu einem Zeitverlust führt, der die Durchführung der Maßnahme verhindern würde. Eine sofortige Anordnung von unmittelbarem Zwang ist nach Nr 3 auch dann möglich, wenn die alsbaldige Vollstreckung der Entscheidung unbedingt geboten erscheint. Die Voraussetzungen für Nr 3 sind streng und idR nur erfüllt, wenn ohne eine unmittelbare gewaltsame Vollstreckung der Entscheidung dem Kind gravierende Nachteile drohen (bspw Zwangsverheiratung, Verschleppung in das Ausland oder Beschneidung bei Mädchen, vgl zu Letzterem BGH NJW 05, 672 [BGH 15.12.2004 - XII ZB 166/03]).

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