Rn 1

Das FamFG ist das vorläufige Ergebnis, nicht der Endpunkt (Heinemann FGPrax 19, 145, 149; Holzer ZNotP 13, 294, 303) der Reformgeschichte der freiwilligen Gerichtsbarkeit, die mit dem Erlass des früheren FGG beginnt. Da sich die wesentlichen Verfahrensvorschriften für die nichtstreitige Gerichtsbarkeit im BGB und HGB befanden, war dieses lediglich als Ergänzung konzipiert und damit lückenhaft (Arnold DRiZ 80, 321, 323; Bumiller Rpfleger 73, 3; Holzer ZNotP 13, 294, 296f). Die Kommission zur Vorbereitung einer Reform der Zivilgerichtsbarkeit erarbeitete Eckpunkte für ein neues Recht, an der sich der Entwurf der Kommission für das Recht der freiwilligen Gerichtsbarkeit von 1977 und das spätere FamFG orientierten (Holzer ZNotP 13, 294, 300f).

 

Rn 2

Der historische Gesetzgeber vereinigte in vielen Vorschriften materielles Recht und Verfahrensrecht, die im FamFG selten bereinigt wurden. Die umfassende Kodifizierung des Rechts der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist bis heute nicht gelungen, obwohl die Anstrengungen nach Inkrafttreten des FamFG durch ›Übernahme‹ des Erbscheinsverfahrens fortgesetzt wurden (Holzer ZNotP 15, 258). Als weiteres Rechtsgebiet für eine Eingliederung in das FamFG kommt das Verschollenheitsrecht in Betracht (Holzer ZNotP 19, 177, 187). Auch die Zuordnung der ›echten‹ Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit wurde nur unzureichend umgesetzt. Ansätze dafür finden sich in der Unterstellung des WEG-Verfahrens unter das Regime der ZPO (Holzer NotBZ 20, 143). Dringend erforderlich ist eine Neuausrichtung der ›echten‹ Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, für die eigene Vorschriften in Buch 1 geschaffen werden sollten. Ferner ist es aus Gründen der Rechtssystematik und der Verfahrenseffizienz erforderlich, weitere ›echte‹ Streitverfahren – insb solche nach dem LwVerfG und dem LwAnpG – dem Regime der ZPO zu unterstellen (Holzer NotBZ 20, 451, 457 ff). Auch der Tendenz, die Unzulänglichkeiten des FamFG in andere Rechtsgebiete zu übertragen, sollte entgegengewirkt werden. Derzeit ist dies bei dem geplanten Stiftungsregister der Fall, das nicht dem Regime der freiwilligen Gerichtsbarkeit unterstellt, sondern mittels eines Verwaltungverfahrens ›eigener Art‹ durch das Bundesamt für Justiz geführt werden soll. Abgesehen davon, dass sich Register im Verwaltungsverfahren nicht führen lassen und Friktionen zum VwVfG sowie zur VwGO auftreten, ist die Regelungsdichte des geplanten Gesetzes so gering, dass Regelungen des FamFG analog herangezogen werden müssen. Statt wenig sinnvolle Parallelregelungen zu treffen, sollte der Gesetzgeber weiter daran arbeiten, das FamFG zu einer Gesamtkodifikation für alle Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit auszubauen (Holzer ZNotP 21, 55).

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