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Die sachliche Unabhängigkeit der Richter ist ein zentrales Element des funktionierenden Rechtsstaats und gilt für alle Gerichtsbarkeiten. So wird bspw die in ihrer Anfangszeit oft nicht gewollte Unabhängigkeit der Richter in der allg Verwaltungsgerichtsbarkeit speziell von Verwaltungsbehörden von § 1 VwGO ausdrücklich hervorgehoben (entspr für die Sozial- und Finanzgerichte als besondere Verwaltungsgerichte §§ 1 SGG, 1 FGO). Die Unabhängigkeit der Richter ist mit der Aufklärung als Gegenentwurf zu einer damals von Monarchen bestimmten absolutistischen Kabinettsjustiz ins Blickfeld geraten. Sie soll sicherstellen, dass die Entscheidungen der Gerichte vom gesetzlichen Richter (§ 16 S 2 GVG) nach Recht und Gesetz (Art 20 III GG) und insb frei von sachfremden Einflussnahmen aus dem Bereich der Exekutive (hierzu Hochschild ZRP 11, 65, der für eine weitgehende Selbstverwaltung im Bereich der Justiz plädiert, vgl dazu auch Weber DRiZ 12, 16, 59; Weber-Grellet DRiZ 12, 2, 46) oder aus dem damit heute vielfach ›verzahnten‹ politischen Raum getroffen werden. Damit in unmittelbarem Zusammenhang steht die in den 16 Bundesländern unterschiedlich beantwortete Frage, in welchem Umfang die Richterschaft bei der Besetzung von Richterstellen beteiligt werden soll. Ein wesentliches Problem liegt ferner in der notwendigen Handhabung der eigenen inneren Unabhängigkeit durch die Richterinnen und Richter etwa mit Blick auf ›Beförderungsprognosen‹, Vorprägungen der eigenen Persönlichkeit durch Herkunft und Sozialisation oder in öffentlichem Druck, etwa durch tendenziöse Medienberichte zu laufenden Gerichtsverfahren (dazu Papier NJW 01, 1089) oder begleitende Meinungsäußerungen in den sozialen Netzwerken. Die Notwendigkeit, sich von derartigen ›Beeinflussungen‹ so weit als möglich innerlich frei zu machen, stellt hohe Anforderungen an die Persönlichkeit der Richterinnen und Richter (dazu etwa Rennert DRiZ 13, 214). Diese ›innere‹ Unabhängigkeit kann keine Verfassung sicherstellen. Nach der Rspr des EGMR (Medien und Recht 06, 355) hat die Presse in ihrer Rolle als ›watching dog‹ zwar auch die Aufgabe, kritische Fragen zur Funktionsfähigkeit der Rechtspflege als einer wesentlichen Institution jeder demokratischen Gesellschaft zu stellen, sie muss dabei aber auf die besondere Rolle der Gerichtsbarkeit in der Gesellschaft Rücksicht nehmen, die eines Vertrauens der Öffentlichkeit bedarf (zur Abgrenzung der Meinungsfreiheit bei Äußerungen eines nach Standesrecht dem Sachlichkeitsgebot unterliegenden RA Saarbr NJW-RR 02, 923 [AGH Saarland 28.01.2002 - AGH 7/01]).