Rn 13
Die Ablehnung, einem mit der Bearbeitung von elektronischen Eingaben zum seit 1.1.07 gem § 8 I HGB in elektronischer Form geführten Handelsregister betrauten Richter diese in ausgedruckter Form zur Bearbeitung vorzulegen, bzw ein Verweis auf die eigene Fertigung von Ausdrucken, verletzt nach Ansicht des BGH (DRiZ 11, 66) nicht die richterliche Unabhängigkeit. Danach besteht kein Anspruch des Richters ggü der Justizverwaltung auf eine über das generell gesetzlich vorgesehene Maß hinausgehende Gestaltung seiner Arbeitsgrundlagen (zust Haberland DRiZ 11, 102; Hullen CR 11, 91; Köbler FA 2011, 72). Derartige Erkenntnisse sind bedeutsam mit Blick auf die derzeitige Umstellung auf die elektronische Führung von Gerichtsakten (sog E-Justice, zu den Gefahren externer ›Steuerung‹ gerichtlicher Entscheidungen Scholz DRiZ 12, 158). Die Vorinstanzen (Hamm Beschl v 20.10.10 – 1 DGH 2/08, DG Düsseldorf BDVR-Rundschreiben 09, 68) im vom BGH zum Handelsregister entschiedenen Fall hatten eine Verletzung der richterlichen Unabhängigkeit festgestellt und ua darauf verwiesen, dass die Zulässigkeit der Bereitstellung neuer technischer Arbeitsmittel keine Verpflichtung des Richters begründe, diese auch anzuwenden. Nach Ansicht des BGH (DRiZ 12, 169) verletzt auch die Billigung und Duldung der Administration eines EDV-Netzes der Justiz durch eine nicht den Gerichten selbst, sondern einer Finanzbehörde des Landes unterstellte Datenverarbeitungszentrale (DZ), deren Administratoren grds auch Zugriff auf alle Dokumentendateien und entspr Möglichkeiten zur Kenntnisnahme und Verarbeitung haben, wegen der zur Dienstaufsicht gehörenden Beobachtungs- und Kontrollfunktion noch nicht die Unabhängigkeit der Richter. Da aber zu den vom Schutzbereich umfassten, die Sachentscheidung vorbereitenden Maßnahmen (Rn 12) auch in das EDV-Netz eingestellte Voten, Notizen oder Beratungsvermerke gehören, beeinträchtigen – wie bei den dienstlichen Telefonanlagen – indes Maßnahmen der Dienstaufsicht in diesem Bereich die richterliche Unabhängigkeit dann, wenn sie den Richter veranlassen können, seinen Dienstcomputer und das EDV-Netz in diesem Zusammenhang nicht in dem von ihm als sachgerecht erachteten Umfang zu benutzen. Die bloße technische Eignung des EDV-Netzes oder vergleichbarer Einrichtungen zu einer inhaltlichen Kontrolle richterlicher Tätigkeit ist nach dem BGH dafür aber noch nicht ausreichend, solange die Richter ›vernünftigerweise‹ keine Veranlassung zu der Annahme haben, dass diese von dienstvorgesetzten Stellen oder Dritten genutzt werden. In dem (teil-)rechtskräftigen Urt der Vorinstanz (Frankf Urt v 20.4.10 – DGH 4/08) wurden besondere Vorkehrungen zum Schutz der richterlichen Unabhängigkeit gefordert. Eine Überlassung der Verwaltung des EDV-Netzes an die DZ wurde als unzulässig angesehen, solange die Art der Behandlung von Dokumenten des richterlichen Entscheidungsprozesses durch die DZ nicht durch Verwaltungsvorschriften vom Justizministerium konkret festgelegt und ihre Einhaltung durch das Justizministerium im gleichberechtigten Zusammenwirken mit gewählten Vertretern der Richter überprüft werden könne. Die gegen die Entscheidung des BGH erhobene Verfassungsbeschwerde blieb erfolglos (BVerfG DRiZ 13, 142). Das BVerfG hat hervorgehoben, dass die zu den hergebrachten Grundsätzen des Richteramtsrechts (Art 33 V GG) gehörende (sachliche) Unabhängigkeit ›jede vermeidbare Einflussnahme der Exekutive auf seine Rechtsstellung‹ verbiete. Eine solche könne auch vorliegen, wenn ein besonnener Richter durch ein ›Gefühl des unkontrollierbaren Beobachtetwerdens von der Verwendung seiner Arbeitsmittel abgehalten‹ werde. Vor diesem Hintergrund existieren in mehreren Bundesländern nunmehr Justiz-IT-Gesetze, die einen Zugriff der Exekutiven auf richterliche Daten oder eine Weitergabe dieser Daten an die Exekutive verbieten und die richterliche Unabhängigkeit in der Benutzung von Datenverarbeitungssystemen durch ein unabhängiges Kontrollgremium, bestehend aus Vertretern der Gerichte, sichern soll. Die den Systemadministratoren streng limitierten Zugriffsrechte beschränkten sich danach nur auf die zum Funktionieren des EDV-Netzes notwendigen Maßnahmen.