1. Grundsatz.
Rn 27
Gericht iSd GG ist ein Gremium nach der stRspr des BVerfG nur dann, wenn seine berufsrichterlichen Mitglieder grds hauptamtlich und planmäßig endgültig angestellt sind (so schon BVerfG NJW 56, 137). Die Verfassung geht daher davon aus, dass insb der Einsatz von Richtern auf Probe (§ 12 DRiG) in den Grenzen erfolgt, die sich aus der Notwendigkeit, Nachwuchs heranzubilden, oder aus anderen zwingenden Gründen ergeben (BVerfG NVwZ 07, 693 [BVerfG 28.02.2007 - 2 BvR 2494/06]). Dies folgt aus der durch Art 97 I GG geschützten sachlichen richterlichen Unabhängigkeit, die ihrerseits durch die den hauptamtlich und planmäßig angestellten Richtern in Art 97 II GG garantierte persönliche Unabhängigkeit ergänzt und letztlich durch sie gesichert wird. Sie können danach ua vor Ablauf ihrer Amtszeit gegen ihren Willen nur kraft richterlicher Entscheidung und nur aus gesetzlich bestimmten Gründen entlassen oder dauernd oder zeitweise ihres Amtes enthoben oder an eine andere Stelle oder in den Ruhestand versetzt werden. Die Verwendung von Richtern auf Probe ohne diese Garantie der persönlichen Unabhängigkeit (vgl Art 97 I 1 GG, § 13 DRiG), die allg die Amtsbezeichnung Richter führen und zB auch bei der Staatsanwaltschaft Verwendung finden können (§ 19a Abs. 3 DRiG, dazu zB BGH NStZ-RR 07, 88), muss daher die Ausnahme bleiben. Die Verwendung der Richter auf Probe ist auf deren Erprobung auszurichten. Sie sind insb keine Personalreserve, mit der Defizite in der Personalplanung bei unzureichend mit Planstellen ausgestatteten Gerichten ›gestopft‹ werden dürfen (VG Dresden BDVR-Rundschreiben 99, 138).
2. Wirtschaftliche Existenzsicherung.
Rn 28
Die persönliche Unabhängigkeit ist untrennbar mit der Gewährung einer gesicherten wirtschaftlichen Existenzgrundlage über die entspr Besoldung verbunden. Nach Art 97 II und 92 GG müssen Berufsrichter grds hauptamtlich und planmäßig endgültig angestellt sein (BVerfG NJW 62, 1495; zuvor Rn 26). IRd Neuordnung der Besoldung im öffentlichen Dienst wurde in allen Bundesländern die Möglichkeit der Integration zusätzlicher finanzieller Leistungsanreize nicht nur für Beamte, sondern auch für Richter diskutiert. Solche sind mit der richterlichen Unabhängigkeit, und zwar zunächst unter dem Aspekt sachlicher Unabhängigkeit generell nicht zu vereinbaren. Ganz besonders, soweit es auch bei dieser Diskussion letztlich um eine Prämierung von ›Erledigungszahlen‹ geht, ist eine Vereinbarkeit mit Art 97 I GG nicht vorstellbar. Eine der Überprüfung an diesem Maßstab Stand haltende abstrakte Formulierung von ›Zulagetatbeständen‹ wurde vielfach versucht; sie ist indes auch Befürwortern solcher Differenzierungen bei der Besoldung, etwa bei Übernahme von Dauervertretungen oder von Aufgaben in der Gerichtsverwaltung, nicht gelungen und muss letztlich aus der Natur der Sache heraus wegen der Unzulässigkeit der Quantifizierung richterlicher Arbeit als solcher scheitern. Abgesehen von der sich aufdrängenden Problematik, wer zB am Ende eines Geschäftsjahres nach welchen Kriterien über die Verteilung derartiger Sondergratifikationen entscheiden sollte, ist darüber hinaus auch in diesem Bereich die quasi natürlich vorgegebene unterschiedliche Leistungsfähigkeit im richterlichen Bereich, sei es hinsichtlich der Erledigungszahlen, sei es mit Blick auf die inhaltliche Qualität, hinzunehmen. Wo die Unabhängigkeit von einzelnen Richtern eklatant auf Kosten der Kolleginnen und Kollegen idS missbraucht wird, lassen sich andere Mechanismen nutzbar machen.
3. Dienstzeiten.
Rn 29
Der Aspekt der persönlichen Unabhängigkeit umfasst nach st Rspr die Freistellung von der Pflicht zur Einhaltung fester Dienststunden. Die Erfüllung richterlicher Aufgaben und ihre zeitliche Einteilung fallen unter die Unabhängigkeit. Soweit seine Anwesenheit in der Dienststelle nicht durch bestimmte Tätigkeiten wie Beratungen, Sitzungen oder Entscheidungen in Eilsachen geboten ist, muss der Richter seine Dienstgeschäfte daher nicht innerhalb bestimmter Dienstzeiten und grds nicht in der Dienststelle erledigen (BVerwG DVBl 88, 350 [BVerwG 29.10.1987 - BVerwG 2 C 57.86]). Letzteres gilt allerdings dann nicht, wenn die Bearbeitung der dem Richter übertragenen Dienstgeschäfte nach speziellen gesetzlichen Vorgaben eine Anwesenheit an seinem computergestützten Arbeitsplatz verlangt (BGH DRiZ 11, 66, elektronisches Handelsregister; dazu iE Rn 13). Insoweit gibt es keinen generellen Anspruch auf Arbeit ausschließlich im ›Home-Office‹. Nach Art. 114 II 1 GG genießen auch die Beamten des Bundesrechnungshofs richterliche Unabhängigkeit (dazu BGH DRiZ 91, 61 [BGH 16.11.1990 - RiZ 2/90]). Auch dabei handelt es sich nicht um ein subjektives Recht oder Privileg des Richters, auf das er verzichten könnte, sondern vielmehr um eine sachlich gebotene Vorkehrung gegen vermeidbare Einflussnahme der Verwaltung auf die Rspr (BVerwG NVwZ 06, 1074 [BVerwG 30.03.2006 - BVerwG 2 C 41.04]). Dies entbindet allerdings nicht von der pünktlichen Wahrnehmung von anberaumten Terminen und verlangt zumindest grds auch eine Erreichbarkeit aus...