1. Gestufte Rechtsverhältnisse (›Zwei-Stufen-Theorie‹).
Rn 17
Sie bezeichnen neben dem rein fiskalischen Handeln einen wesentlichen Bereich der Beteiligung staatlicher Stellen und Institutionen am Rechtsverkehr auf privatrechtlicher Grundlage, und zwar auf einer zweiten Stufe der Abwicklung, nicht selten, wenn auch nicht zwingend etwa bei Vergabe von Subventionen (BGHZ 40, 206). Häufig zweistufig ausgestaltet sind auch die Rechtsbeziehungen bei der Überlassung öffentlicher Einrichtungen zur Benutzung durch Private, insb auch politische Parteien, oder bei der Vergabe von mehrfach nachgefragten Standplätzen auf gemeindlichen Plätzen und Märkten nach § 69 GewO (OVG Lüneburg NordÖR 08, 231 [OVG Schleswig-Holstein 12.02.2008 - 4 KS 5/07]). Hierbei erfolgt die Zulassungsentscheidung idR nach öffentlichem, insb Kommunalrecht, wohingegen das Nutzungsverhältnis als solches durch einen Miet- oder Bewirtschaftungsvertrag häufig privatrechtlich gestaltet ist. Bei Fehlen gesetzlicher Vorgaben ist der Träger öffentlicher Einrichtungen befugt, das Benutzungsverhältnis öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich zu regeln. Insofern ist dann eine Zuordnung der Streitigkeit zu einer der beiden Stufen notwendig (VGH München Beschl v 22.9.00 – 4 ZE 00.2822, Streit um Bierausschank der DVU in der Nibelungenhalle). Bezogen auf die erste Stufe ist aber auch geklärt, dass die Klage auf Zutritt zu der gemeindlichen Einrichtung, die nicht gegen die Gemeinde, sondern gegen eine mit deren Betrieb beauftragte juristische Person des Privatrechts gerichtet ist, der Verwaltungsrechtsweg (§ 40 I VwGO) nicht eröffnet ist, wenn diese nicht gesetzlich mit besonderen hoheitlichen Handlungs- und Entscheidungsbefugnissen ausgestattet ist (BVerwG NVwZ 91, 59 [BVerwG 29.05.1990 - BVerwG 7 B 30.90]). Ob und in welchem Umfang sie bei ihrem (privatrechtlichen) Handeln besonderen öffentlich-rechtlichen Bindungen, etwa mit Blick auf Art 3, 21 GG, unterliegt, ist keine Frage des Rechtswegs, sondern der Sachentscheidung (OVG Lüneburg NordÖR 07, 515 [OVG Niedersachsen 24.10.2007 - 10 OB 231/07]). Für Streitigkeiten zwischen einer politischen Partei und einer als Anstalt des Öffentlichen Rechts organisierten Sparkasse über die Einrichtung eines Kontos ist dagegen der Verwaltungsrechtsweg gegeben (VGH Mannheim NVwZ-RR 17, 215 [VGH Baden-Württemberg 07.11.2016 - 1 S 1386/16]; OVG Saarlouis SKZ 09, 75; OVG Berlin NJ 08, 232, NJW 04, 3585 [OVG Berlin 11.05.2004 - 3 S 57/04]; OVG Hamburg NordÖR 03, 67; OVG Münster NVwZ-RR 04, 795 [OVG Nordrhein-Westfalen 11.05.2004 - 8 E 379/04]; anders für die keinem öffentlich-rechtlichen geld- und kreditwirtschaftlichen Versorgungsauftrag unterliegende Bremer Landesbank OVG Bremen NordÖR 11, 198 [OVG Bremen 16.02.2011 - 2 A 37/09]); die Rechtsbeziehungen im Zusammenhang mit der Führung des Kontos sind dann privatrechtlicher Natur. Für ein keiner der beiden ›Stufen‹ zuzuordnendes, außerhalb des eigentlichen Nutzungszwecks und damit der öffentlichen Zweckbindung liegendes Verlangen privater Dritter auf Vornahme organisatorischer Maßnahmen im Zusammenhang mit der Einrichtung ist der Zivilrechtsweg eröffnet, zB beim Verlangen nach Führung einer Liste von Bestattungsrednern durch die Verwaltung eines kommunalen Friedhofs (VGH München NVwZ-RR 04, 392 [VGH Bayern 30.09.2003 - 4 C 03.518]). Nach der jüngsten Rpsr des OVG Koblenz sollen auch die Einstellungen in den öffentlichen Dienst ein gestuftes Rechtsverhältnis darstellen, da die Frage der Einstellung – also des ›Ob‹ – getrennt von der Frage der sich im Falle der erfolgreichen Bewerbung anschließenden konkreten Ausgestaltung – also des ›Wie‹ – stelle und beantworten ließe (OVG Koblenz DÖV 19, 566). Hinsichtlich des ›Ob‹ sei der Bewerbungsverfahrensanspruch aus Art 33 II GG streitentscheidend. Daher handele es sich bei dieser Frage immer um eine öffentlich-rechtlich Streitigkeit mit der Folge der Eröffnung des Verwaltungsrechtsweges.
2. Interpretationsfragen bei vertraglichen Rechtsbeziehungen.
Rn 18
Auch in dem Zusammenhang gelten zunächst die allg Grundsätze der Abgrenzung. Im Verhältnis der §§ 13 GVG, 40 I VwGO ist daher – stets vorbehaltlich gesetzlicher Sonderzuweisungen – entscheidend auf die Rechtsnatur des Vertrages abzustellen, dh ob der Vertragsgegenstand dem öffentlichen oder dem privaten Recht zuzuordnen ist (BGH NVwZ 09, 1054 [BGH 20.05.2009 - XII ZB 166/08]). Für den öffentlich-rechtlichen Vertrag zwischen einem Hoheitsträger und Privaten ist typisch, wenn er anstelle einer sonst möglichen Regelung durch VA geschlossen wird (§ 54 S 2 VwVfG, GmS-OGB BGHZ 97, 312). Nicht einheitlich erfolgt auch in der höchstrichterlichen Rspr die Bestimmung der Rechtsnatur vertraglicher Ansprüche unter Rechtswegaspekten bei sog gemischttypischen Verträgen. Überwiegend wird nicht mehr auf den geltend gemachten Anspruch und den zugrunde liegenden Vertragsteil, sondern darauf abgestellt, auf welchem Rechtsgebiet der Schwerpunkt der vertraglichen Vereinbarung insgesamt liegt (BVerwGE 22, 138, 92, 56; GmS-OGB in BGHZ 97, 312, BGHZ 56, 365, 76, 16; NJW 85, 1892, 87, 773, 92, 1237, 03, 888; BSG SozR § 51 SGG N...