Rn 2

Aus § 17a I GVG folgt die Befugnis des angerufenen Gerichts, die als Prozessvoraussetzung zu prüfende Zulässigkeit des zu ihm beschrittenen Rechtswegs mit bindender Wirkung für Gerichte aller Gerichtsbarkeiten zu bejahen. Dies muss nicht explizit durch eine Vorabentscheidung nach § 17a III GVG geschehen, sondern kann auch dadurch erfolgen, dass sich das Gericht in seiner Entscheidung mit nachgeordneten Fragen der Zulässigkeit oder mit der Begründetheit des Rechtsbehelfs befasst, ohne die Rechtswegfrage zu thematisieren. Die Bindungswirkung tritt mit der formellen Rechtskraft (§ 705 ZPO) ein. Bei Hauptsacheentscheidungen gilt ferner die Prüfungssperre für das Rechtsmittelgericht (§ 17a V GVG). Keine idS nach § 17a V GVG bindende ›Entscheidung in der Hauptsache‹ liegt bei erstinstanzlicher Abweisung der Klage als unzulässig dann vor, wenn die Unzulässigkeit gerade mit der fehlenden Rechtswegzuständigkeit begründet wurde (BSG NVwZ-RR 00, 648 [BSG 16.06.1999 - B 9 V 24/98 R]; zur Kombination beider Bindungswirkungen BAG NZA 99, 390 [BAG 14.12.1998 - 5 AS 8/98]) oder über die Rechtswegzuständigkeit keine Entscheidung getroffen werden konnte, weil das Klagebegehren unklar war (BSG Beschl v 16.7.20 – B 1 KR 3/19 B – juris). Dem Anliegen des Gesetzgebers nach Vermeidung in der Sache divergierender Gerichtsentscheidungen trägt vor Eintritt der Rechtskraft die Rechtswegfestlegung des § 17 I 2 GVG Rechnung. Insoweit bleibt allerdings § 17a I GVG lex specialis; diese Bindungswirkung tritt daher auch ggü einem zuerst mit der Sache befassten Gericht ein, wenn das später angerufene in Unkenntnis der anderweitigen Anhängigkeit des Verfahrens seinen Rechtsweg für zulässig erklärt. Das gebundene Gericht hat den bei ihm anhängigen Rechtsbehelf nunmehr durch Prozessentscheidung abzuweisen.

Dieser Inhalt ist unter anderem im HSO FV Sachsen online Kompaktversion enthalten. Sie wollen mehr?