Gesetzestext

 

(1) 1Der Dolmetscher hat einen Eid dahin zu leisten: dass er treu und gewissenhaft übertragen werde. 2Gibt der Dolmetscher an, dass er aus Glaubens- oder Gewissensgründen keinen Eid leisten wolle, so hat er eine Bekräftigung abzugeben. 3Diese Bekräftigung steht dem Eid gleich; hierauf ist der Dolmetscher hinzuweisen.

(2) Ist der Dolmetscher für Übertragungen der betreffenden Art nach dem Gerichtsdolmetschergesetz oder in einem Land nach den landesrechtlichen Vorschriften allgemein beeidigt, so genügt vor allen Gerichten des Bundes und der Länder die Berufung auf diesen Eid.

(3) In Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist die Beeidigung des Dolmetschers nicht erforderlich, wenn die beteiligten Personen darauf verzichten.

(4) 1Der Dolmetscher oder Übersetzer soll über Umstände, die ihm bei seiner Tätigkeit zur Kenntnis gelangen, Verschwiegenheit wahren. 2Hierauf weist ihn das Gericht hin.

 

Rn 1

Der Dolmetscher muss vor der Übertragung vereidigt werden. Die fehlende Vereidigung des Dolmetschers stellt einen relativen Revisionsgrund dar. Die nach § 189 GVG erforderliche Vereidigung des Dolmetschers bzw dessen Berufung auf den geleisteten Eid kann nur durch das Protokoll bewiesen werden. Bei fehlendem Hinweis auf die Vereidigung im Protokoll wird deren Fehlen unwiderlegbar vermutet (BGH NStZ 98, 28). Gegenteilige dienstliche Äußerungen haben außer Betracht zu bleiben (BGH StV 96, 531). Wird ein Dolmetscher in einer neuen Hauptverhandlung in derselben Sache ein zweites Mal zugezogen, ist die Vereidigung zu wiederholen (Stuttg NStZ-RR 03, 88 [OLG Stuttgart 16.12.2002 - 2 Ss 535/02]). Finden am selben Tag mehrere Sitzungen mit demselben Dolmetscher statt, hat die Vereidigung in jedem Verfahren zu erfolgen (OVG Hamm Beschl v 15.6.99 – 12 A 1035/99.A).

 

Rn 2

Bei unterbliebener Vereidigung des Dolmetschers ist das Urt aufzuheben, wenn nicht auszuschließen ist, dass es auf dem Verstoß gegen § 189 GVG beruht (BGH 6.6.19 – 1 StR 190/19, NStZ 20, 103). Unterbleibt bei einem jahrelang beanstandungsfrei bei Gericht tätigen Dolmetscher die Berufung auf den allgemein geleisteten Eid, kann nicht davon ausgegangen werden, dass er sich seiner Dolmetscherpflichten nicht bewusst gewesen sei und deshalb unrichtig übersetzt habe (BGH NStZ 05, 705). Das Beruhen des Urteils auf der Nichtvereidigung des Dolmetschers kann dann ausgeschlossen werden, wenn die Übersetzung aus einer gängigen Fremdsprache (hier: Englisch) erfolgt ist, ein einfaches Geschehen betraf und auch für jemanden, der die Sprache nicht perfekt beherrscht, leicht kontrollierbar war (BGHR GVG § 189 Beeidigung 2). In der Nichtzulassungsbeschwerde im sozialgerichtlichen Verfahren ist darzulegen, weshalb die Entscheidung auf der Nichtvereidigung beruhen kann (BSG MDR 93, 173).

 

Rn 3

Abs 3 entspricht der bisherigen Regelung in § 9 S 1 FGG. Abs 4 formuliert neu eine Verschwiegenheitspflicht des Dolmetschers oder Übersetzers, der darauf ausdrücklich hingewiesen werden muss.

Dieser Inhalt ist unter anderem im HSO FV Sachsen online Kompaktversion enthalten. Sie wollen mehr?