Gesetzestext
(1) Das Gericht entscheidet, soweit das Gesetz nicht ein anderes bestimmt, mit der absoluten Mehrheit der Stimmen.
(2) Bilden sich in Beziehung auf Summen, über die zu entscheiden ist, mehr als zwei Meinungen, deren keine die Mehrheit für sich hat, so werden die für die größte Summe abgegebenen Stimmen den für die zunächst geringere abgegebenen so lange hinzugerechnet, bis sich eine Mehrheit ergibt.
(3) 1Bilden sich in einer Strafsache, von der Schuldfrage abgesehen, mehr als zwei Meinungen, deren keine die erforderliche Mehrheit für sich hat, so werden die dem Beschuldigten nachteiligsten Stimmen den zunächst minder nachteiligen so lange hinzugerechnet, bis sich die erforderliche Mehrheit ergibt. 2Bilden sich in der Straffrage zwei Meinungen, ohne dass eine die erforderliche Mehrheit für sich hat, so gilt die mildere Meinung.
(4) Ergibt sich in dem mit zwei Richtern und zwei Schöffen besetzten Gericht in einer Frage, über die mit einfacher Mehrheit zu entscheiden ist, Stimmengleichheit, so gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.
Rn 1
Gerichtliche Entscheidungen müssen mindestens mit absoluter Mehrheit, also mehr als der Hälfte der Stimmen, getroffen werden. Diese ist in Zivilsachen bei Fragen, die mit ja oder nein zu beantworten sind, gewährleistet, weil die Spruchkörper, soweit nicht ohnehin der Einzelrichter zuständig ist (§ 22 I, IV GVG), stets mit einer ungeraden Zahl an Richtern besetzt sind (§§ 75 I, 105 I, 122 I GVG) und eine Verweigerung der Abstimmung nicht zulässig ist. Die Besetzung mit einer ungeraden Richterzahl gilt mit wenigen Ausnahmen (§§ 29 II, 76 II, III GVG) auch in Strafsachen. Von I abw ist in Zivilsachen Einstimmigkeit bei der Zurückweisung der Berufung durch Beschl (§ 522 II ZPO) und eine Mehrheit von zwei Dritteln für die Nichtannahme der Revision (§ 554b II ZPO) erforderlich.
Rn 2
Mehr als zwei Meinungen sind in Fragen möglich, bei denen es um Summen geht, z.B. über die Höhe eines zu zahlenden Schmerzensgeldes. Abs 2 bestimmt, dass die Abstimmung für die höchste Summe, die keine Mehrheit erhält, auch ein Votum für eine niedrigere Summe beinhaltet, und zwar in erster Linie für die nächst höchste. Entsprechendes gilt auch für andere Zahlen und Werte (Verzugszeitpunkt, Zinshöhe, Kostenquote etc, vgl Kissel/Mayer, § 196 Rz 2)
Rn 3
In Strafsachen erfordert § 263 I StPO eine Zwei-Drittel-Mehrheit in Schuldfragen und für die Rechtsfolgen. Bei anderen Fragen bestimmt Abs 3 als Pendant zu Abs 2, wie die Mehrheit bei unterschiedlichen Abstimmungen ermittelt wird.