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Wesentliche Vereinbarungen über Immunitäten von der deutschen Gerichtsbarkeit betreffen die Organisationen der Vereinten Nationen (zB Art 105 UN-Charta) und der Europäischen Gemeinschaften (Übersicht etwa bei Kissel/Mayer § 20 Rz 17 oder MüKoZPO/Zimmermann § 20 Rz 16), etwa die Europäische Weltraumorganisation (EWO/ESA, BGBl II 76, 1861, vgl Art XV II des Gründungsabk), die Organisation für die Nutzung meteorologischer Satelliten (EUMETSAT, VGH Kassel, NJW 10, 2680), die europäische Polizeibehörde (EUROPOL), seit 1.1.10 eine Agentur der EU, oder auch die eine zwischenstaatliche Einrichtung mit eigener Rechtspersönlichkeit (dazu VGH Mannheim NVwZ-RR 00, 657) bildenden Europäischen Schulen (BGBl II 96, 2558, 03, 459; dazu BGH MDR 09, 1239 [BGH 09.07.2009 - III ZR 46/08]; BVerwG NJW 93, 1409 [BVerwG 29.10.1992 - BVerwG 2 C 2/90]). Bei diesen Schulen ergibt sich der Umfang der Inanspruchnahme der Immunität aus Art 27 II der Vereinbarung über die Satzung der Europäischen Schulen (SES), mit dem die Vertragsparteien 1994 eine Beschwerdekammer installiert und ein eigenes internes Rechtschutzverfahren eingeführt haben. Befristungskontrollklagen von Lehrbeauftragten etwa gehören zu den in Art. 27 II SES genannten Streitigkeiten, für welche die Beschwerdekammer der Europäischen Schulen ausschließlich zuständig ist (EuGH, Urt v 11.3.15 – C 464/13 und C-465/13 – Oberto und O'Leary, NVwZ 15, 800; BAGE 152, 194 [BAG 12.08.2015 - 7 AZR 930/11]). Mit dem Erlöschen früherer besatzungsrechtlicher Immunitäten im Zuge der deutschen Wiedervereinigung wurden diese durch vertragliche Vereinbarungen mit den ehemaligen Besatzungsmächten fortgeschrieben (BGBl II 90, 1254, 1390, 91, 256). Die mit der alten BRD geschlossenen und dementspr ursprünglich territorial nur begrenzt geltenden Vereinbarungen zug der Mitglieder und ihrer Angehörigen sowie des Gefolges der auf deutschem Boden stationierten NATO-Truppen (NATO-Truppenstatut/TrStatut v 19.6.51 mit Zusatzabk/ZAbk v 3.8.59, Zustimmungsgesetz BGBl II 61, 1183 ff) wurden nach der Wiedervereinigung grds auf das Gebiet Berlins und der neuen Bundesländer ausgedehnt (BGBl II 94, 3714; zur Entwicklung ie Kissel/Mayer § 20 Rz 23). Die geltenden Sonderregelungen betreffen wesentlich den Bereich der Strafrechtspflege. Für die Zivilgerichtsbarkeit bestehen Besonderheiten bei der Geltendmachung von Ersatzansprüchen Dritter für Schäden, die in Ausübung des Dienstes durch Truppenangehörige verursacht worden sind; die Entschädigung wird vom Aufnahmestaat, hier also der BRD, gezahlt (Art VII 5b, 6 TrStatut, 41 ZAbk). Art 31 ff ZAbk enthalten ferner eine Reihe von Sonderbestimmungen für das Verfahren, etwa hinsichtlich der Zustellungen und Ladungen und für die Zwangsvollstreckung. Nach II a des Ottawa-Übereinkommens v 20.9.51 ist ›Organisation‹ iSd Übereinkommens auch jede nachgeordnete Stelle (Subsidiary Body) der NATO, die Rechtspersönlichkeit besitzt. Auch für diese Stellen gilt die Immunität (LAG Mainz, Urt v 29.5.19 – 7 Sa 430/17, juris).