Rn 75
Eine Beschlussfassung im Umlaufverfahren soll grds zulässig sein (BGHSt 12, 404 [BGH 13.02.1959 - 4 StR 446/58]; St 44, 161; Kissel/Mayer § 21e Rz 37), nach hM jedenfalls dann, wenn (1.) alle mitwirkungspflichtigen Mitglieder ausdrücklich oder konkludent durch Unterzeichnung des Entwurfs zustimmen (BVerwG NJW 84, 575; Zö/Lückemann § 21e GVG Rz 26a) und (2.) der Entscheidungsinhalt unumstritten ist sowie (3.) Eilbedürftigkeit vorliegt (BVerwG NJW 92, 254; Kissel/Mayer § 21e Rz 38; Zö/Lückemann § 21i GVG Rz 3; Saenger/Rathmann § 21e GVG Rz 11; aA ThoPu/Hüßtege § 21e GVG Rz 6). Eine Beschlussfassung im Umlaufverfahren ist also immer dann ausgeschlossen, wenn auch nur ein Präsidiumsmitglied diesem Verfahren widerspricht (Kissel/Mayer § 21e Rz 38).
Rn 76
Eine gesetzliche Entscheidung fehlt. Aus Formulierungen wie ›Sitzungen des Präsidiums‹ in § 21c I 2, ›an den Beratungen … zugegen sein können‹ in § 21e VIII oder ›anwesend ist‹ in § 21i I sowie der Komplexität der Regelungsgegenstände und des Abstimmungsvorganges insgesamt ergibt sich wohl der Grundsatz, dass die Präsidialverfassung nicht von einer Beschlussfassung im Umlaufverfahren, sondern von der Beratung und Abstimmung in einer Sitzung ausgeht (so zu §§ 193 f: BGH NJW-RR 09, 286 [BGH 28.11.2008 - LwZR 4/08] Rz 8). In Betracht der heutigen Kommunikationsmittel bedeutet die Beschlussfassung in einer Sitzung freilich nicht mehr, dass alle an einem Tisch gegenwärtig sein müssen: Eine Sitzung liegt auch vor, wenn alle Mitwirkungspflichtigen im Wege einer Telefonkonferenz gleichzeitig miteinander verbunden sind, ohne im selben Raum zu sein, und im Wege einer Beratung und Abstimmung zu einem Mehrheitsbeschluss gelangen. Das ist hilfreich in der Beschlussfassung des Gesamtpräsidiums nach § 21a II Nr 5 für den nach § 22a vorsitzenden Präsidenten, wenn der nicht vorsitzberechtigte Direktor des Amtsgerichts als Berichterstatter die Geschäftsverteilung im amtsgerichtlichen Plenum vorbereitet und abgesprochen hat und der Präsident als Vorsitzender dieses Gesamtpräsidiums (zur Kritik von Remus s § 21a Rn 10) die Sitzung und Abstimmung im Wege der Telefonkonferenz leitet. Von dieser Telefonkonferenz mit allen gleichzeitig zugeschalteten Präsidiumsmitgliedern zu unterscheiden ist aber die isolierte telefonische Beratung mit jedem einzelnen Mitglied, die nach Abs 1 verfahrensfehlerhaft und unzulässig ist (so zu §§ 193 f: BGH NJW-RR 09, 286 [BGH 28.11.2008 - LwZR 4/08] Rz 10).
Rn 77
Die Beschlussfassung im Umlaufverfahren ist wirksam, wenn der letzte nicht verhinderte Richter unterschrieben hat. Um das Einverständnis aller anwesenden Präsidiumsmitglieder mit dem Umlaufverfahren prüfen zu können und die Verhinderung der abwesenden Mitglieder im letztmöglichen Zeitpunkt zu dokumentieren, erscheint es empfehlenswert, dass der Vorsitzende zuletzt unterschreibt.