Rn 3
§ 21e regelt die Kompetenzen des Präsidiums nicht erschöpfend (MüKoZPO/Zimmermann § 21e GVG Rz 1), beschreibt aber die Erstellung des Geschäftsverteilungsplans als Hauptaufgabe des Präsidiums für die Ebene des gerichtlichen Internums, soweit nicht örtliche und sachliche Zuständigkeiten, Funktionen und Besetzungen bereits durch formelles Gesetz oder Rechtsverordnung den Entscheidungsspielraum des Präsidiums begrenzen, weil es hieran nach den rechtsstaatsimmanenten Prinzipien des Gesetzesvorbehalts und des Gesetzesvorrangs gem Art 20 III gebunden ist. Nach der verfassungsrechtlich mit Art 20 II 2 und 101 I 2 GG bestimmten Funktion des Präsidiums für das Internum der gerichtlichen Rspr läge es nahe, die Regelungslücken des § 21e auch hinsichtlich der Kompetenzen des Präsidiums durch weite Auslegung im Lichte der Art 20 II, 101 I 2 GG zu schließen. Indessen besteht auch für die richterliche Geschäftsverteilung durch das Präsidium der rechtsstaatliche Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes, der die Auslegung des § 21e jedenfalls im Sinne einer Allzuständigkeit oder einer Auffangzuständigkeit des Präsidiums ausschließt (MüKoZPO/Zimmermann § 21e GVG Rz 2 und 3; Kissel/Mayer § 21e Rz 12; Zö/Lückemann § 21e GVG Rz 1; Remus S 136; aA Schorn/Stanicki S 72; Meyer-Goßner § 21a GVG Rz 1).
Rn 4
Die Funktionen als Geschäftsverteilungsorgan weisen das Präsidium als ein von Gesetzes wegen zu errichtendes, mit einem speziellen Auftrag der Richter- und Sachverteilung ausgestattetes innergerichtliches Organ zur Organisation der den Richtern anvertrauten Recht sprechenden Gewalt (Art 92 GG) aus. Seine Aufgaben nimmt es in voller richterlicher Unabhängigkeit wahr und ist dabei nur an Recht und Gesetz gebunden (BVerfG NJW 19, 1428 [BVerfG 12.03.2019 - 2 BvR 675/14], Rz 69). Das Präsidium ist gerichtsintern schlechthin der Justizgewährungsgarant (Kissel/Mayer § 21e Rz 6), dessen Aufgabe die Realisierung der Justizgewährungspflicht des Staates (Art 20 III) sowie des Justizgewährungsanspruchs des Bürgers (Art 2 I iVm Art 20 III GG) durch den von Art 101 I 2 GG gewährleisteten, manipulations- und ermessensfehlerfrei bestimmten gesetzlichen Richter ist. Aufgabe des Präsidiums ist es nicht, Justiz zu gewähren (aA Kissel/Mayer § 21e Rz 6), wohl aber, dem gesetzlichen Richter die Erfüllung seiner Justizgewährungspflicht, die ihm nach Art 20 III, 92 GG anvertraut ist, in angemessener Frist (EGMR NJW 01, 2694, 2697; BVerfG NJW 01, 214, 215 [BVerfG 20.07.2000 - 1 BvR 352/00]; BGH JZ 07, 686, 687 [BGH 11.01.2007 - III ZR 302/05]; BbgVerfG NVwZ 10, 378, 379f [VerfG Brandenburg 17.12.2009 - VfGBbg 30/09]) zu ermöglichen. Diese Pflicht trifft das Präsidium und jedes seiner Mitglieder, dem deshalb als Gremium und als Mitglied die Nichtausübung seiner Funktion (›Streik‹) als pflichtwidrige Vereitelung der richterlichen Justizgewährung untersagt ist (ähnl Kissel/Mayer § 21e Rz 6).
Rn 5
Zu den Kompetenzen des Präsidiums gehört die Besetzung der Spruchkörper mit Berufsrichtern. In der KfH verteilt es auch die ehrenamtlichen Handelsrichter gem § 105 (Kissel/Mayer § 105 Rz 3), weil insoweit – anders als für die Verwaltungsrichter in den Spruchkörpern in Baulandsachen gem §§ 220 II, 229 I 2 BauGB (MüKoZPO/Zimmermann § 21e GVG Rz 26; Kissel/Mayer § 21e Rz 157) oder für die Schöffen in Strafsachen (§§ 45 ff, 77) – gesetzliche und deshalb vorrangige, den Entscheidungsspielraum des Präsidiums ausschließende Verteilungsregeln nicht bestehen. In der Arbeitsgerichtsbarkeit obliegt ihm die Zuweisung der ehrenamtlichen Richter gem §§ 6, 6a Nr 4 ArbGG (BAG Beschl v 16.10.08 – 7 AZN 427/08 – Rz 7, 9).
Rn 6
Zur Entscheidungskompetenz des jeweils zuständigen Präsidiums gehört die Regelung der Vertretung iRd Vorgaben des § 21 f. Ferner gehört dazu die verbindliche Auslegung des Geschäftsverteilungsplans, die Abänderung von Eilentscheidungen (§ 21i II), die Stellung von Anträgen gem § 70 I bzw 117, die Bestellung der Richter der Großen Senate und der Vereinigten Großen Senate gem § 132 VI, Stellungnahmen zu Richterfreistellungen gem Abs 6, die Bestellung der Richter der Auswärtigen Strafkammern sowie der Strafvollstreckungskammern (§§ 78 II, 78b II) oder die Besetzung des Richterdienstgerichts nach §§ 61, 77 DRiG oder der Notarsenate nach §§ 102, 107 BNotO.
Rn 7
Zu seinen Aufgaben gehört auch die Bestellung der Bereitschaftsdienstrichter nach § 22c. Fehlt eine solche Bestellung für die Amtsgerichte eines Landgerichtsbezirks, aber etwa auch für das LG oder das OLG, gehören die Eilfälle, insb aus dem Bereich des gesetzlich angeordneten Richtervorbehalts, die an dienstfreien Tagen oder an Diensttagen außerhalb der gerichtlichen Geschäftszeiten eingehen, zur Gewährleistung der praktischen Wirksamkeit der Grundrechtssicherung (Hamm NJW 09, 3109, 3110 [OLG Hamm 18.08.2009 - 3 Ss 293/08]) in die Zuständigkeit des nach dem jeweiligen Geschäftsverteilungsplan originär zuständigen gesetzlichen Richters (BVerfGE 105, 239, 248 [BVerfG 15.05.2002 - 2 BvR 2292/00]). Ferner gehört zu d...