Gesetzestext
(1) Den Amtsgerichten stehen Einzelrichter vor.
(2) Einem Richter beim Amtsgericht kann zugleich ein weiteres Richteramt bei einem anderen Amtsgericht oder bei einem Landgericht übertragen werden.
(3) 1Die allgemeine Dienstaufsicht kann von der Landesjustizverwaltung dem Präsidenten des übergeordneten Landgerichts übertragen werden. 2Geschieht dies nicht, so ist, wenn das Amtsgericht mit mehreren Richtern besetzt ist, einem von ihnen von der Landesjustizverwaltung die allgemeine Dienstaufsicht zu übertragen.
(4) Jeder Richter beim Amtsgericht erledigt die ihm obliegenden Geschäfte, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, als Einzelrichter.
(5) 1Es können Richter kraft Auftrags verwendet werden. 2Richter auf Probe können verwendet werden, soweit sich aus Absatz 6, § 23b Abs. 3 Satz 2, § 23c Abs. 2 oder § 29 Abs. 1 Satz 2 nichts anderes ergibt.
(6) Ein Richter auf Probe darf im ersten Jahr nach seiner Ernennung Geschäfte in Insolvenz- und Restrukturierungssachen nicht wahrnehmen. 2Richter in Insolvenz- und Restrukturierungssachen sollen, soweit dies zur Erfüllung der jeweiligen Richtergeschäftsaufgabe erforderlich ist, über belegbare Kenntnisse auf den Gebieten des Insolvenzrechts, des Restrukturierungsrechts, des Handels- und Gesellschaftsrechts sowie über Grundkenntnisse der für das Insolvenz- und Restrukturierungsverfahren notwendigen Teile des Arbeits-, Sozial- und Steuerrechts und des Rechnungswesens verfügen. 3Einem Richter, dessen Kenntnisse auf diesen Gebieten nicht belegt sind, dürfen die Aufgaben eines Insolvenz- oder Restrukturierungsrichters nur zugewiesen werden, wenn der Erwerb der Kenntnisse alsbald zu erwarten ist.
A. Vorbemerkung.
Rn 1
§§ 22–27 enthalten Grundlegendes zur Organisation des Amtsgerichts, wie die Bestimmung des Einzelrichters als selbständiger Spruchkörper, Vorschriften zur Rechtsstellung der am Amtsgericht tätigen Richter, Regelungen zur Dienstaufsicht sowie über das Präsidium und die Geschäftsverteilung. §§ 23–27 bestimmen die sachliche und funktionelle Zuständigkeit des Amtsgerichts.
B. Einzelrichter.
Rn 2
Die dem AG obliegenden Rechtspflegeaufgaben sind von einem Richter wahrzunehmen, sofern nicht andere Organe (zB Rechtspfleger) gesetzlich für zuständig erklärt werden. Der am AG tätige Richter wird – abgesehen von wenigen Ausnahmen, die Zivil- und Familiensachen nicht betreffen (zB Schöffengerichte) – als Einzelrichter tätig. Im Gegensatz zum Einzelrichter einer Zivilkammer des LG (§ 348 ZPO), der Mitglied eines Kollegialorgans ist, entscheidet der Richter am AG als Spruchkörper des AG (Abs 4). Auch Richter kraft Auftrags oder auf Probe (Abs 5) entscheiden als Einzelrichter. Zur Beschränkung der Einsatzmöglichkeiten von Proberichtern im ersten Jahr seit ihrer Ernennung vgl Rn 7.
C. Weiteres Richteramt.
I. Übertragung.
Rn 3
Abs 2 konkretisiert die nach § 27 II DRiG vorgesehene Möglichkeit, einem Richter am AG – trotz des Leitbildes des auf Lebenszeit an einem bestimmten Gericht ernannten Richters (Roller/Stadler DRiZ 09, 223, 226) – zugleich ein weiteres Richteramt bei (nur) einem anderen AG oder LG zu übertragen. Die Übertragung eines weiteren Richteramts ist von einer Teil-Abordnung iSd § 37 DRiG zu unterscheiden. Regelmäßig wird es sich um Richter im Eingangsamt handeln; grds ist aber auch die tw Übertragung des Amtes eines Vorsitzenden Richters am LG (nicht notwendig bei dem übergeordneten LG) möglich (MüKoZPO/Zimmermann Rz 6; Kissel/Mayer Rz 13). So kann zB zum Vorsitzenden einer Strafvollstreckungskammer, die als Außenstelle bei einem AG errichtet wurde, der Direktor dieses AG bestellt werden (Kobl Beschl v 17.2.78 – 1 Ws 82/78, OLGSt zu § 78b GVG). Das weitere Richteramt gibt dem Richter am Zweitgericht die vollen Rechte, die mit dem Richteramt verbunden sind. So ist er für Präsidiumswahlen an beiden Gerichten aktiv und passiv wahlberechtigt (§ 21b I). Seine Amtsbezeichnung (RiAG, DirAG) richtet sich jedoch, wenn es sich dienstrechtlich bei der Tätigkeit an dem weiteren Gericht um ein Nebenamt handelt (Schmidt-Räntsch, § 19a Rz 9), ausschließlich nach dem Ausgangsamt. Der Übertragung eines weiteren Richteramtes in einer anderen Gerichtsbarkeit steht § 27 II DRiG entgegen. Die Übertragung eines weiteren Richteramtes kann vor den Dienstgerichten angefochten werden; zugleich ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet (VG Arnsberg Urt v 25.9.08 – 2 K 85/08 – juris).
II. Zustimmungserfordernis.
Rn 4
Soll einem Richter ein weiteres Richteramt innerhalb der ordentlichen Gerichtsbarkeit übertragen werden, ist dessen Zustimmung nur dann erforderlich, wenn das zusätzliche Amt ihn mit mehr als der Hälfte seiner Arbeitskraft belastet (BGH MDR 83, 751).
D. Dienstaufsicht.
Rn 5
Die allgemeine Dienstaufsicht ist im GVG nur rudimentär geregelt und bei Richtern durch die richterliche Unabhängigkeit und die Geschäftsverteilungsregeln, bei Rechtspflegern durch § 9 RPflG eingeschränkt. Gegenüber den Amtsgerichten wird sie von den Präsidenten der Landgerichte oder, falls es sich bei dem AG um ein Präsidialgericht handelt, von dem Präsidenten des AG wahrgenommen (vgl § 14 I Gerichtsverfassungs-Vereinheitlichungs-VO). ...