Rn 2
Mit Abs 2 wurde für die sog Binnenstreitigkeiten nach dem heutigen § 43 II WEG eine Konzentrationsregelung geschaffen (G v 26.3.07, BGBl I, 370 iVm G v 14.3.07, BGBl I, 509; Anpassung an die Neufassung des § 43 WEG: G v 16.10.20, BGBl I, 2187). Bei einer einheitlichen Entscheidung des WEG-Gerichts in erster Instanz richtet sich die Zuständigkeit des Berufungsgerichts auch dann einheitlich nach Abs 2, wenn nur ein Teil der Entscheidung eine WEG-Sache iSd § 43 II WEG betrifft (vgl BGH NJW 20, 1525 Rz 8). Erfasst sind auch Entziehungsklagen (BGH NJW-RR 14, 452 mit Anm Hogenschurz IMR 14, 132). Zum vorangegangenem Mahnverfahren: Hamm NZM 10, 169, 170 [OLG Hamm 05.05.2009 - I-15 Wx 22/09]. Zum Rechtsmittel des Verwalters: Lehmann-Richter ZWE 09, 74; s.a. BGH MDR 14, 1287. Die ausschließliche Zuständigkeit des nach Abs 2 berufenen Gerichts erstreckt sich auch auf Vollstreckungsabwehrklagen (BGH NJW 09, 1282; dazu auch: Briesemeister ZMR 09, 91). – Die Konzentrationsregelung ist schwer überschaubar und haftungsrechtlich gefährlich (Klein ZWE 10, 489; Rieche/v. Rechenberg MDR 11, 9; dies MDR 15, 67, 70; Hogenschurz NJW 15, 1990; vgl BGH MDR 10, 342; NJW 11, 384 [BGH 08.07.2010 - V ZB 220/09]; NJW-RR 11, 589 [BGH 09.12.2010 - V ZB 190/10] bei subj Klagehäufung; Hamm NZM 16, 823; dazu: Hogenschurz WuM 17, 81; LG Frankf WuM 17, 357; obj Klagehäufung: LG Kleve ZMR 18, 630). Die Landesgesetzgeber haben von der Möglichkeit, statt des an sich vorgesehenen LG am Sitz des OLG ein anderes Gericht zu betrauen, regen Gebrauch gemacht. Es ist deshalb nicht immer leicht, das zuständige LG ausfindig zu machen (Übersicht in NJW 08, 1790; Hogenschurz NJW 15, 1991; keine Wiedereinsetzung bei unterlassener Prüfung: BGH NJW-RR 10, 1096 [BGH 12.04.2010 - V ZB 224/09]; NZM 16, 446 [BGH 11.12.2015 - V ZB 103/14]). Besteht allerdings Streit über die Zuständigkeit, kann auch ein Rechtsmittel bei dem allgemein zuständigen Gericht noch rechtzeitig sein (BGH NJW-RR 12, 1359 [BGH 21.06.2012 - V ZB 56/12]). Das gleiche gilt bei einer unrichtigen Rechtsmittelbelehrung (BGH NJW 12, 2443 [BGH 12.01.2012 - V ZB 198/11]; NJW-RR 21, 140 [BGH 22.10.2020 - V ZB 45/20]). Eine offenkundig falsche Belehrung kann das Verschulden des Prozessvertreters zwar nicht verdrängen (Bacher MDR 17, 867). Die Unrichtigkeit einer Belehrung zu Abs 2 ist aber regelmäßig nicht offenkundig. Ein Anwalt darf sich in aller Regel auch dann noch auf eine unrichtige Belehrung in WEG-Sachen und in Zivilsachen mit WEG-Bezug verlassen, wenn der gegnerische Anwalt deren Richtigkeit in Zweifel zieht (BGH NJW 20, 1525). Das Prädikat eines Fachanwalts schließt nicht notwendig die Wiedereinsetzung aus (BGH NJW 18, 164 [BGH 28.09.2017 - V ZB 109/16]). Rufen Streithelfer und Hauptpartei verschiedene Gerichte an, ist der Streit nicht notwendig an das von der Hauptpartei angegangene, sondern an das nach Abs 2 zuständige Gericht weiterzuleiten (BGH NJW-RR 12, 131 [BGH 12.10.2011 - XII ZB 127/11]). Dies hat bei Streitgenossen, jedenfalls dann, wenn die erstinstanzliche Entscheidung beide erfasst (BGH NJW-RR 14, 1107 [BGH 03.07.2014 - V ZB 26/14]), Vorrang (Riecke/v. Rechenberg MDR 15, 67, 70). Dass der für WEG-Sachen zuständige Richter am AG entschieden hat, begründet noch keine Zuständigkeit gem Abs 2; vielmehr geht es um die Qualifikation, ob eine WEG-Sache vorliegt oder nicht (BGH NJW-RR 16, 122 [OLG Hamm 09.04.2015 - 28 U 207/13]; NJW 20, 1525 Rz 12; Cuypers ZAP Fach 13, 2067 ff). Einen Streit um den Nießbrauch etwa ordnet der BGH (MDR 15, 1122 [BGH 10.07.2015 - V ZR 194/14]) als allgemeinen Zivilrechtsstreit ein. Ist eine Zuordnung nicht zweifelsfrei möglich, empfiehlt Hogenschurz resignierend, das Rechtsmittel bei beiden denkbaren Gerichten einzulegen (NJW 15, 1990, 1995; s.a. Hansens JurBüro 15, 54).
Rn 3
Nicht erfasst von Abs 2 sind Klagen Dritter nach § 43 I WEG (sog Außenrechtsstreitigkeiten), für welche die allgemeine Zuständigkeitsregelung gilt. Ist in einer solchen Streitigkeit ein Ersatzzustellungsvertreter zu bestellen, bleibt auch dafür das Streitgericht zuständig (Hamm NJW-RR 16, 787 [OLG Hamm 18.03.2016 - 32 SA 8/16]).