Rn 3
Streitigkeiten aus Bank- und Finanzgeschäften, wie sie Abs 1 Nr 1 regelt, verlangen zunächst in persönlicher Hinsicht die Beteiligung einer Bank, einer Sparkasse, eines Kredit- oder Finanzinstituts (Bambg WM 18, 2243 [OLG Bamberg 31.08.2018 - 2 ZIV AR 2/18]; Hambg MDR 18, 1327 [OLG Hamburg 06.08.2018 - 6 AR 10/18]). Sachlich muss es um einen Anspruch gehen, der einem gewerbsmäßig entsprechenden Geschäft zuzuordnen ist. Der Gesetzgeber nennt hier ausdrücklich § 1 I 2 und Ia 2 KWG, also zB Einlagengeschäfte, Kreditgeschäfte, Diskontgeschäfte, Depotgeschäfte, Anlageberatung und -vermittlung (Bericht BTDrs 18/11437, 45). Erfasst sind auch Ansprüche aus einem Finanzierungsleasingvertrag (KG ZInsO 20, 1803, 1804). Verfahren, die Personal- oder Sachsicherheiten im Zusammenhang mit den genannten Geschäften zum Gegenstand haben, sind ebenfalls einzubeziehen (Braunschw 8.2.19 – 1 W 1/19). Andere zivilrechtliche Streitigkeiten, etwa aus Kauf, gehören ebenso wenig hierhin wie ein Darlehen aus privater Hand (vgl München MDR 14, 724, 725 [OLG München 02.04.2014 - 20 W 503/14]). Sodann sind vorvertragliche Ansprüche, etwa aus Prospekthaftung, nicht erfasst (Frankf NJW-RR 18, 1274 [OLG Frankfurt am Main 20.06.2018 - 11 SV 25/18]). Auch Ansprüche gem § 1 UKlaG wegen der Verwendung von AGB unterfallen nicht der Spezialzuständigkeit (BayObLG 24.10.19 – 1 AR 118/19).
Rn 4
Streitigkeiten aus Bau- und Architektenverträgen wie aus Ingenieurverträgen mit Bezug zu einer Bauleistung, Nr 2, begründen die Spezialzuständigkeit der sog ›Baukammer‹ (Manteuffel IBR 18, 58). In persönlicher Hinsicht muss einer der Beteiligten ›berufsmäßig mit der Planung oder Ausführung von Bauarbeiten … in dieser Eigenschaft‹ betroffen sein. In der Sache geht es zB um einen Bauvertrag, einen Verbraucherbauvertrag, Architekten- und Ingenieurverträge, Bauträger- oder Baubetreuungsverträge (BTDrs 18/11437, 45). Zentral ist die Verpflichtung, eine Bau- oder Bauplanungsleistung zu erbringen (Frankf NZBau 19, 178 [OLG Frankfurt am Main 19.12.2018 - 11 SV 114/18]). Dabei spielt die rechtliche Qualifikation im Einzelnen keine Rolle, also ob ein Dienst-, Werk-, Werklieferungsvertrag oder eine entgeltliche Geschäftsbesorgung vorliegt. Häufig sind es Kaufanwärterverträge, die eine solche Leistung mitanbieten. Erfasst sind auch typengemischte Verträge und quasivertragliche Ansprüche, etwa aus GoA. Ebenso gehören hierhin bereicherungsrechtliche oder deliktische Ansprüche, die im unmittelbaren, inneren Zusammenhang mit der Bau- oder Planungsleistung stehen. Voraussetzung bleibt aber die direkte Verbindung mit der geschuldeten Leistung (KG NZBau 18, 622 [KG Berlin 23.07.2018 - 2 AR 32/18] mit Anm Manteuffel IBR 18, 366 [KG Berlin 22.03.2018 - 2 AR 11/18]). Ein Bürgschaftsanspruch genügt nicht (KG NJW-RR 19, 593 [KG Berlin 13.12.2018 - 2 AR 60/18]).
Rn 5
Die Zuständigkeit für Heilbehandlungen, Nr 3, verlangt die tatsächliche Beteiligung eines Angehörigen eines Heilberufes, der aber auch für eine juristische Person, etwa für einen Krankenhausträger oder eine Arztgesellschaft tätig geworden sein kann. Es geht um Ärzte, Zahnärzte, Heilpraktiker, Psychologen, Ergotherapeuten, Psychotherapeuten, Physiotherapeuten uÄ. Tiermedizinische Behandlungen sind ausgeschlossen (Frankf 23.4.18 – 13 SV 6/18). Erfasst sind vertragliche und gesetzliche Ansprüche aus der Behandlung und solche, die in einem unmittelbaren Kontext stehen, also Vergütungsansprüche, Schadensersatzansprüche oder vorbereitende Auskunftsansprüche einschließlich der Einsichtnahme in die Behandlungsunterlagen. Nicht mitgeregelt hat der Gesetzgeber Behandlungsfehler, die zu Amtshaftungsansprüchen führen (zB bei Strafgefangenen Kobl MDR 17, 360 [BGH 28.06.2016 - VI ZR 559/14]), obwohl der Rechtsausschuss den Präsidien empfiehlt, diese den ›Arzthaftungskammern‹ ergänzend zuzuweisen (BTDrs 18/11437, 45).
Rn 6
Die Zuständigkeit für Versicherungsverhältnisse, Nr 4, setzt auf der subjektiven Seite die Beteiligung eines Versicherers voraus. In der Sache geht es um die Streitigkeiten zwischen diesen und den Versicherten oder den Bezugsberechtigten. Als Annex geht der Gesetzgeber davon aus, dass auch Streitigkeiten aus Versicherungsberatung und -vermittlung iSd § 59 VVG mit umfasst sind (BTDrs 18/11437, 45; München RuS 19, 358; vgl aber KG RuS 19, 546 mit Anm Piontek). Deshalb können auch Versicherungsmakler und Versicherungsagenten statt der Versicherer oder neben diesen zu den Verfahrensbeteiligten zählen. Neben den vertraglichen Ansprüchen sind auch außervertragliche Schadensersatzansprüche von dieser Spezialzuständigkeit erfasst, nicht aber Direktansprüche der Geschädigten gem § 115 VVG.
Rn 6a
Die Zuständigkeit für Veröffentlichungsstreitigkeiten, Nr 5, soll nach der Begründung des Gesetzesentwurfs (BTDrs 19/13828, 22) wie § 348 I 2 Nr 2 lit a ZPO insb Streitigkeiten wegen Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts oder des Gewerbebetriebs betreffen, wenn diese als Folge von Veröffentlichungen durch Presse, Film, Run...