Gesetzestext

 

(1) Nach Auswahl des Musterklägers macht das Oberlandesgericht im Klageregister öffentlich bekannt:

1. die Bezeichnung des Musterklägers und seines gesetzlichen Vertreters (§ 9 Absatz 1 Nummer 1),
2. die Bezeichnung der Musterbeklagten und ihrer gesetzlichen Vertreter (§ 9 Absatz 1 Nummer 2) und
3. das Aktenzeichen des Oberlandesgerichts.

(2) Innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab der Bekanntmachung nach Absatz 1 kann ein Anspruch schriftlich gegenüber dem Oberlandesgericht zum Musterverfahren angemeldet werden. Die Anmeldung ist nicht zulässig, wenn wegen desselben Anspruchs bereits Klage erhoben wurde. Der Anmelder muss sich durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Über Form und Frist der Anmeldung sowie über ihre Wirkung ist in der Bekanntmachung nach Absatz 1 zu belehren.

(3) Die Anmeldung eines Anspruchs muss enthalten:

1. die Bezeichnung des Anmelders und seiner gesetzlichen Vertreter,
2. das Aktenzeichen des Musterverfahrens und die Erklärung, einen Anspruch anmelden zu wollen,
3. die Bezeichnung der Musterbeklagten, gegen die sich der Anspruch richtet, und
4. die Bezeichnung von Grund und Höhe des Anspruchs, der angemeldet werden soll.

(4) Die Anmeldung ist den darin bezeichneten Musterbeklagten zuzustellen.

A. Zweck.

 

Rn 1

Neben der Bekanntmachungsregel in Abs 1 enthält die Vorschrift in Abs 2–4 mit dem Instrument der ›Anmeldung eines Anspruchs‹ eine wesentliche Neuerung ggü dem alten KapMuG. Die ›Anmeldung‹ ist dabei als abgeschwächte Variante der in der Literatur seinerzeit vorgeschlagenen ›einfachen Teilnahme‹ (Bergmeister 330 ff; Halfmeier ZIP 11, 1900, 1904 mwN) einzuordnen: Während die Vorschläge zur ›einfachen Teilnahme‹ auf eine Einbeziehung der Teilnehmer in das Musterverfahren bzw in dessen Wirkungen abzielten, führt die Anmeldung gerade nicht zur Beteiligung am Musterverfahren, sondern nur zur Verjährungshemmung gem § 204 I Nr 6a BGB. Die Beteiligung am Musterverfahren kann wie bisher nur durch Erhebung einer Klage erreicht werden. Zu den durch diese Differenzierung entstehenden verschiedenen Gruppen von Anspruchstellern s § 9 KapMuG Rn 1.

B. Bekanntmachung (Abs 1).

 

Rn 2

Die gem Abs 1 vorgeschriebene Bekanntmachung des Musterverfahrens ergänzt die bereits erfolgte Bekanntmachung des Vorlagebeschlusses (§ 6 IV KapMuG) und belehrt über die Möglichkeit und Wirkung der Anmeldung. Um im Klageregister die Beziehung zum Vorlagebeschluss herstellen zu können, sollte in der Bekanntmachung gem § 10 I KapMuG auf die Bekanntmachung des einschlägigen Vorlagebeschlusses Bezug genommen werden.

C. Anmeldung eines Anspruchs (Abs 2–4).

I. Zulässigkeit.

 

Rn 3

Ist bereits Klage wegen eines Anspruchs erhoben worden, so ist eine Anmeldung dieses Anspruchs weder notwendig noch zulässig (Abs 2 S 2). Das gilt auch, wenn die Klage zurückgenommen wurde; der Gesetzgeber will so eine ›Flucht‹ in die Anspruchsanmeldung zur Vermeidung von Prozesskostenrisiken vermeiden (BTDrs 17/10160, 6).

II. Zeitfenster.

 

Rn 4

Die Anspruchsanmeldung kann gem Abs 2 S 1 frühestens ab der Bekanntmachung nach Abs 1 vorgenommen werden, vorher nicht. Ein Anspruchsteller kann also nicht ohne weiteres darauf vertrauen, dass ihm bei Klageerhebung anderer Anspruchsteller mit Musterverfahrensantrag in unverjährter Zeit noch die Möglichkeit der Anspruchsanmeldung verbleibt, sondern muss ggf Klage erheben, falls vor der Bekanntmachung nach Abs 1 Verjährung eintreten sollte. Das so entstehende Zeitfenster für die Anspruchsanmeldung mag im Einzelfall recht eng werden (Schneider/Heppner BB 12, 2703, 2705), was die Wirksamkeit der vom Gesetzgeber eingeführten ›Anspruchsanmeldung‹ beeinträchtigen kann. Der späteste Zeitpunkt für die Anmeldung ergibt sich aus der in Abs 2 S 1 genannten Sechsmonatsfrist.

III. Form und Inhalt der Anmeldung.

 

Rn 5

Die Anmeldung ist schriftlich oder als elektronisches Dokument iSv § 130a ZPO vorzunehmen. Es besteht Anwaltszwang (systematisch zweifelhaft im Vergleich zum Mahnverfahren ohne Anwaltszwang). Sie muss die Angaben gem Abs 3 enthalten, insbesondere ›Grund und Höhe‹ des anzumeldenden Anspruchs. Die damit vorgenommene Individualisierung des Anspruchs dient der Bestimmung der Reichweite der Verjährungshemmung in einem ggf später folgenden Prozess. Notwendig, aber auch ausreichend, ist ebenso wie bei Klage oder Mahnbescheid eine Individualisierung dergestalt, dass der Anspruch von anderen Ansprüchen unterschieden werden kann und dass der Schuldner – hier also der oder die vom Anmelder genannten Musterbeklagten – weiß, gegen welche Anspruchsbehauptung aufgrund welchen Lebenssachverhalts er sich ggf verteidigen muss (vgl BGH NJW 09, 56, 57 [BGH 21.10.2008 - XI ZR 466/07] mwN). Nicht erforderlich ist dagegen eine Substantiierung im Sinne der Angabe anspruchsbegründender Details zum Sachverhalt (MünchKommBGB/Grothe § 204 Rz 23).

IV. Wirkung der Anmeldung.

 

Rn 6

Die Anmeldung führt zur Hemmung der Verjährung gem § 204 I Nr 6a BGB. Der Anmelder wird nicht Beteiligter des Musterverfahrens; er wird nur über einen ggf ergehenden Musterentscheid informiert (§ 16 I 3 KapMuG), weil mit dem rechtskräftigen Musterentscheid die Dreimonatsfrist des § 204 I Nr 6a BGB in Gang gesetzt wird. Allerdings kann die ...

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