Rn 21
Die private Schiedsgerichtsbarkeit steht auf der Grenze zwischen streitiger Zivilgerichtsbarkeit und den vielfältigen Form außergerichtlicher Streitbeilegung. Alle anderen Formen dieser außergerichtlichen Streitbeilegung kennen keinen Verfahrensabschluss durch autoritative Entscheidungen. Insofern gehört die Schiedsgerichtsbarkeit im materiellen Sinn zur echten Gerichtsbarkeit. Andererseits sind private Schiedsgerichte kein Teil der staatlichen Gerichtsbarkeit und gehören damit zum Bereich der außergerichtlichen Streitbeilegung. Alle übrigen Verfahren außergerichtlicher Streitbeilegung sind in ihrer Wirkung und Bedeutung der Schiedsgerichtsbarkeit eher vorgelagert. Private Organisationen wie die DIS haben auf diese unterschiedlichen Aspekte außergerichtlicher Streitbeilegung dadurch reagiert, dass sie neben (privaten) Schiedsgerichtsordnungen auch weitere Regelwerke geschaffen haben, zB die DIS-Mediationsordnung (dazu Breidenbach/Peres SchiedsVZ 10, 125), die DIS-Schiedsgutachtenordnung (dazu Stubbe SchiedsVZ 10, 130) sowie die DIS-Konfliktmanagementordnung (dazu Scherer SchiedsVZ 10, 122). Abzutrennen von der Schiedsgerichtsbarkeit ist im Einzelnen insb Folgendes:
1. Mediation.
Rn 22
Echte Mediation ist der Versuch der Streitparteien, mit Hilfe eines neutralen Dritten (des Mediators) zu einer einvernehmlichen Lösung des Konflikts zu gelangen, ohne dass der Mediator autoritative Vorgaben macht, Druck auf die Parteien ausübt oder gar eine eigene Entscheidung vorschlägt oder trifft. Mediation ist also ein freiwilliges Verfahren zur außergerichtlichen Vermeidung oder Regulierung von Konflikten unter Hinzuziehung eines neutralen Dritten, bei dem die Beteiligten letztlich eine selbst bestimmte und von ihnen selbst akzeptierte Problemlösung finden (umfassend Haft/Schlieffen Handbuch 3. Aufl 16). Der Gesetzgeber hat ein MediationsG beschlossen, das neben Begriff, Verfahren und Vertraulichkeit auch die Aus- und Fortbildung näher konkretisiert, G v 21.7.12, BGBl I 1577; s.u. Kommentierung.
2. Schlichtung.
Rn 23
Bei den vielfältigen Formen von Schlichtungsverfahren versucht regelmäßig ein neutraler Dritter mit Autorität, den Streitparteien ein eigenes Schlichtungs- oder Vergleichsergebnis zur Annahme vorzulegen. Solche Schlichtungseinrichtungen gibt es im deutschen Recht in vielfältiger Weise (Gütestellen, Schiedsstellen, Schlichtungskommissionen, Gutachterstellen). Regelmäßig sind solche Schlichtungseinrichtungen freiwillig. Allerdings hat der Gesetzgeber auch obligatorische Formen von Streitschlichtung eingeführt (vgl § 15a EGZPO). Zu den Einzelheiten vgl Prütting Streitschlichtung. In Verbraucherstreitigkeiten hat der Gesetzgeber eine umfassende Regelung alternativer Streitbeilegung durch das VerbraucherstreitbeilegungsG (VSBG) v 19.2.16 (BGBl I 254) geschaffen; s.u. Kommentierung.
3. Schiedsgutachten.
Rn 24
Abzugrenzen von der echten Schiedsgerichtsbarkeit ist auch das Schiedsgutachten, das auf einem Schiedsgutachtenvertrag beruht. Dabei wird durch einen Dritten (Gutachter) ein einzelnes Element der Entscheidung verbindlich durch das Schiedsgutachten geklärt. Im Einzelnen gibt es unterschiedliche Formen. Das klassische Schiedsgutachten ist iSd §§ 317 ff BGB verbindlich (umfassend Greger/Stubbe S. 35 ff). Die Feststellung eines Anspruchselements gibt es auch bei Gutachterstellen sowie im selbstständigen Beweisverfahren (§ 485; zuletzt Kasolowsky/Schnabl SchiedsVZ 12, 84). Eine als Schiedsvereinbarung überschriebene Übereinkunft kann als Schiedsgutachten auszulegen sein, wenn die Vertragsparteien nicht das staatliche Gericht ausschließen, sondern nur das Verfahren zur Feststellung von Tatsachen regeln wollen (Brandenbg NJW-RR 14, 405 [OLG Brandenburg 28.11.2013 - 12 U 42/13]). Entscheidend ist also nicht die von den Parteien gewählte Bezeichnung, sondern die Aufgabe des Dritten und die von den Parteien seiner Entscheidung zugewiesene Wirkung (München NJW 16, 1964 = SchiedsVZ 16, 165). Soll in einem Bauvertrag ein Sachverständiger einzelne Streitfragen bewerten, nicht aber einen vollstreckbaren Titel schaffen, so ist ein Schiedsgutachten gegeben (München NJW 16, 1964 [OLG München 23.12.2015 - 34 SchH 10/15]).