Gesetzestext
(1) Schiedsvereinbarung ist eine Vereinbarung der Parteien, alle oder einzelne Streitigkeiten, die zwischen ihnen in Bezug auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis vertraglicher oder nichtvertraglicher Art entstanden sind oder künftig entstehen, der Entscheidung durch ein Schiedsgericht zu unterwerfen.
(2) Eine Schiedsvereinbarung kann in Form einer selbständigen Vereinbarung (Schiedsabrede) oder in Form einer Klausel in einem Vertrag (Schiedsklausel) geschlossen werden.
A. Normzweck.
Rn 1
Die Norm enthält eine Legaldefinition des Begriffs der Schiedsvereinbarung. Zugleich legt sie die Begrifflichkeiten der verschiedenen in der Praxis verwendeten Bezeichnungen für Schiedsvereinbarungen fest. Darüber hinaus sind in diesen Definitionsversuchen aber zugleich auch die zentralen Anforderungen enthalten, die an eine wirksame Schiedsvereinbarung zu stellen sind.
B. Parteivereinbarung.
I. Zustandekommen der Vereinbarung.
Rn 2
Dem Begriff der Schiedsvereinbarung ist zu entnehmen, dass es sich um eine dem gemeinsamen Parteiwillen unterliegende Vereinbarung handeln muss, bestimmte Streitigkeiten der Entscheidung durch ein Schiedsgericht zu unterwerfen. Es gelten damit für das Zustandekommen die allgemeinen Regeln über den Vertragsschluss (§§ 145 ff BGB). Diese vertraglichen Regelungen werden durch besondere prozessuale Schiedsgerichtsnormen ergänzt (zum Inhalt § 1030, zur Form § 1031). Entscheidend ist also letztlich der übereinstimmende inhaltliche Wille von Angebot und Annahme. Das Vorliegen eines Dissenses hindert die Schiedsvereinbarung. Darüber hinaus müssen die wesentlichen Vertragsbestandteile vom Bindungswillen der Parteien getragen sein.
Der wirksame Vertragsschluss setzt die allgemeinen Grundlagen zur Wirksamkeit von Vertragsvereinbarungen voraus (insb Partei- und Prozessfähigkeit der am Streitverhältnis Beteiligten).
II. Arten der Schiedsvereinbarungen.
1. Abrede und Klausel.
Rn 3
Das Gesetz hält die Schiedsvereinbarung (= Schiedsvertrag) für den Oberbegriff und trennt danach, ob diese Vereinbarung ein selbstständiges Vertragswerk darstellt (dann Schiedsabrede) oder ob die Vereinbarung Teil eines Vertrages, des sog Hauptvertrags, ist (dann Schiedsklausel). Zur Form dieser Vereinbarung s. § 1031. Zur Bestimmtheit s.u. Rn 10. In der Praxis sind Schiedsklauseln die Regel.
2. Das vereinbarte Schiedsgericht.
Rn 4
Die Parteivereinbarung muss sich auf die Entscheidung des Rechtsstreits durch ein Schiedsgericht beziehen. Dabei sind insb die Gelegenheitsschiedsgerichte (ad hoc-Schiedsgericht) von den institutionellen Schiedsgerichten (= ständiges Schiedsgericht) zu trennen. Vereinbaren die Parteien ein solches ständiges Schiedsgericht, das bei einer bestimmten Institution auf Dauer eingerichtet ist, so unterwerfen sie sich zugleich der dort regelmäßig vorhandenen Schiedsgerichtsordnung. Vereinbaren die Parteien eine Situation, bei der im Einzelfall das Schiedsgericht für die konkrete Streitigkeit gebildet wird, sind sie frei, ob sie als Schiedsordnung dennoch die vorhandene Ordnung einer bestimmten Institution wählen oder nicht (§§ 1042 ff).
3. Vertrag oder einseitige Klausel.
Rn 5
§ 1029 geht von einer vertraglichen, also einer zweiseitigen Vereinbarung aus. Demgegenüber ergibt sich aus § 1066, dass Schiedsgerichte auch durch einseitige Klauseln eingerichtet werden können. Das Gesetz nennt insb Schiedsgerichte auf Grund letztwilliger Verfügungen. In Betracht kommen ferner Satzungen von Vereinen, Verbänden und vergleichbaren Vereinigungen (zu Einzelheiten s.u. § 1066 Rn 2).
4. Nationale Schiedsvereinbarung und Auslandsbezug.
Rn 6
Zu trennen sind schließlich rein nationale Schiedsvereinbarungen, bei denen Parteien und Schiedsgericht in Deutschland ihren Sitz haben, von Schiedsvereinbarungen mit Auslandsbezug. Im Falle des Auslandsbezugs ist zunächst die internationale Zuständigkeit des Schiedsgerichts zu klären (s.o. § 1025 Rn 28). Sodann ist kollisionsrechtlich zu unterscheiden, welches Recht auf den Hauptvertrag anwendbar ist, welches Recht das Schiedsverfahren bestimmt und nach welchem Recht sich die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung entscheidet. Während das auf den Hauptvertrag anwendbare Recht zunächst der Rechtswahl der Parteien offen steht, ist für das Schiedsverfahren das Territorialitätsprinzip des § 1025 maßgeblich (s.o. § 1025 Rn 26, 27). Schließlich wird die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung in aller Regel derjenigen Rechtsordnung unterstellt, die für das Schiedsverfahren gilt (St/J/Schlosser § 1029 Rz 41). In der Praxis werden Schiedsverfahren auf der Grundlage bilateraler oder multilateraler Investitionsschutzabkommen immer wichtiger. Zur Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen, die auf der Grundlage solcher Abkommen oder in einem ICSID-Schiedsverfahren ergangen sind, s.u. § 1061 Rn 10 ff.
III. Rechtsnatur.
Rn 7
Bei der Einordnung einer Schiedsvereinbarung ist zwischen materiell-rechtlichem Rechtsgeschäft und Prozessvertrag zu unterscheiden. Die Einordnung erfolgt danach, wo die Vereinbarung ihre Hauptwirkungen hat. Der Kern einer Schiedsvereinbarung ist die Durchführung des schiedsgerichtlichen Verfahrens. Dieses ist nach heute anerkannter Auffassung ein echter Rechtsprechungsakt und kein materiell-rechtlicher Gestaltungsakt. Die beiden Hauptwirkungen der Schiedsvereinb...