Gesetzestext
(1) 1Jeder vermögensrechtliche Anspruch kann Gegenstand einer Schiedsvereinbarung sein. 2Eine Schiedsvereinbarung über nichtvermögensrechtliche Ansprüche hat insoweit rechtliche Wirkung, als die Parteien berechtigt sind, über den Gegenstand des Streites einen Vergleich zu schließen.
(2) 1Eine Schiedsvereinbarung über Rechtsstreitigkeiten, die den Bestand eines Mietverhältnisses über Wohnraum im Inland betreffen, ist unwirksam. 2Dies gilt nicht, soweit es sich um Wohnraum der in § 549 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestimmten Art handelt.
(3) Gesetzliche Vorschriften außerhalb dieses Buches, nach denen Streitigkeiten einem schiedsrichterlichen Verfahren nicht oder nur unter bestimmten Voraussetzungen unterworfen werden dürfen, bleiben unberührt.
A. Normzweck.
Rn 1
Die Norm legt die objektive Schiedsfähigkeit fest, also den Umfang der Streitigkeiten, bei denen schiedsgerichtliche Verfahren zulässig sind. Damit dient die Norm in erster Linie der Rechtsklarheit. Darüber hinaus führen die Trennung von vermögensrechtlichen und nichtvermögensrechtlichen Ansprüchen und die generelle Zulassung vermögensrechtlicher Ansprüche als Gegenstand einer Schiedsvereinbarung zu einer Vereinfachung und Ausweitung der Schiedsgerichtsbarkeit. Letzteres ist insb im Hinblick auf internationale Schiedsverfahren erfolgt.
Die Ausweitung der Schiedsfähigkeit nach heutigem Recht hat zu Spekulationen Anlass gegeben, ob hier möglicherweise ein Eingriff in Art 92 GG vorliegt (Musielak/Voit § 1030 Rz 1 mwN). Dem kann nicht gefolgt werden. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass vermögensrechtliche Streitigkeiten, die nach früherem Recht nicht schiedsfähig waren, in der Praxis so gut wie nicht vorkamen. Darüber hinaus ist Art 92 GG verkannt, wenn dem Gesetzgeber eine Erweiterung der vermögensrechtlichen Ansprüche iRd Schiedsgerichtsbarkeit verwehrt würde. Auch in Fällen, in denen der Schiedspartei die Berechtigung fehlt, über den Gegenstand einen Vergleich zu schließen, ist es ihr nicht verwehrt, eine Klage vollständig zu unterlassen und ihr Recht nicht geltend zu machen. Das gilt selbst für höchstpersönliche Rechte. Es erscheint daher auch zulässig, ein vermögensrechtliches Recht iRe schiedsgerichtlichen Verfahrens geltend zu machen. Letztlich kann man die Frage einer Vergleichsbefugnis in der Schiedsgerichtsbarkeit nicht nach materiell-rechtlichen Merkmalen abgrenzen, sondern es geht darum, dass der Staat ein berechtigtes Interesse daran hat, ein verfahrensrechtlich begründetes Interesse an einem Rechtsprechungsmonopol durchzusetzen. Dies zeigt sich zB an § 101 ArbGG und § 1030 II. Der Spielraum des Gesetzgebers zur Erweiterung der objektiven Schiedsfähigkeit ist also weitaus größer als von der Kritik angenommen.
B. Objektive und subjektive Schiedsfähigkeit.
Rn 2
Den zulässigen Gegenstand eine Schiedsvereinbarung bezeichnet man regelmäßig auch als die ›objektive Schiedsfähigkeit‹. Dem lässt sich die vom Gesetzgeber nicht näher behandelte ›subjektive Schiedsfähigkeit‹ gegenüberstellen (Kornmeier ZZP 94, 27, 45). Damit ist gemeint, dass gerade die jeweiligen Parteien des Schiedsverfahrens berechtigt sein müssen, über den Gegenstand des Streits einen Vergleich zu schließen. Die subjektive Schiedsfähigkeit ist also vom Gesetzgeber ggü dem früheren Recht insoweit stark eingeschränkt worden, als sie bei vermögensrechtlichen Ansprüchen nach Abs 1 S 1 keine Rolle mehr spielt.
C. Vermögensrechtliche Ansprüche (Abs 1 S 1).
Rn 3
Schiedsfähig sind alle vermögensrechtlichen Ansprüche jeglicher Art. Vermögensrechtlich ist ein Anspruch dann, wenn er auf Zahlung von Geld oder Leistung geldwerter Gegenstände im weitesten Sinn gerichtet ist. Die Natur des dabei zu Grunde liegenden Rechtsverhältnisses ist ohne Bedeutung (BGHZ 14, 72). Ohne Bedeutung ist ferner die Klageart. Ein vermögensrechtlicher Anspruch kann im Wege einer Leistungsklage, einer Feststellungsklage oder einer Gestaltungsklage geltend gemacht werden. Vermögensrechtlich ist daher auch der Antrag auf Feststellung der Wirksamkeit eines entgeltlichen Vertrags, der Antrag auf Feststellung der Echtheit einer vermögensrechtlich relevanten Urkunde, die Schadensersatzklage im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes, die Anfechtung eines Hauptversammlungsbeschlusses einer AG, die Anmeldung einer Gesellschaft, der Ausschluss eines Gesellschafters, Organhaftungsansprüche der GmbH gegen den Geschäftsführer und der AG gegen den Vorstand (Herresthal ZIP 14, 346), die Unterlassungsklage, die sich auf vermögensrechtliche Gegenstände bezieht, die Duldungsklage bei Grundpfandrechten, die Vollstreckungsgegenklage nach § 767, die Drittwiderspruchsklage nach § 771, die Abänderungsklage nach § 323, ein Streit über die Erbenstellung oder über Erbeinsetzungen, Streitigkeiten über die Aufhebung von Güterständen, Kartellstreitigkeiten, Patentstreitigkeiten (aA Musielak/Voit § 1030 Rz 3). Ohne Bedeutung ist dabei der zivilrechtliche oder öffentlichrechtliche Charakter des zu Grunde liegenden Anspruchs, wenn dieser vermögensrechtlicher Natur ist. Ohne Bedeutung ist es ferner, wenn der Streitgegenstand durch zwingen...