Gesetzestext
(1) 1Die Parteien können eine Vereinbarung über den Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens treffen. 2Fehlt eine solche Vereinbarung, so wird der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens vom Schiedsgericht bestimmt. 3Dabei sind die Umstände des Falles einschließlich der Eignung des Ortes für die Parteien zu berücksichtigen.
(2) Haben die Parteien nichts anderes vereinbart, so kann das Schiedsgericht ungeachtet des Absatzes 1 an jedem ihm geeignet erscheinenden Ort zu einer mündlichen Verhandlung, zur Vernehmung von Zeugen, Sachverständigen oder der Parteien, zur Beratung zwischen seinen Mitgliedern, zur Besichtigung von Sachen oder zur Einsichtnahme in Dokumente zusammentreten.
A. Normzweck.
Rn 1
Die Festlegung des Schiedsortes ist zunächst ein eher technischer Vorgang, der zur Disposition der Parteien steht. Fehlt eine Parteivereinbarung, wird der Schiedsort durch das Schiedsgericht bestimmt. Wie sich aus Abs 2 ergibt, ist unabhängig vom Schiedsort im Einzelnen der Ort einer bestimmten vorzunehmenden Handlung vom Schiedsgericht nach freier Geeignetheit zu bestimmen (Ort der konkreten Gerichtshandlung; s.u. Rn 5). Dies spricht zunächst dafür, § 1043 denjenigen Bestimmungen zuzuordnen, die eine gewisse Rechtsklarheit und Rechtssicherheit bedeuten.
Allerdings darf nicht verkannt werden, dass die zentrale Bedeutung des Schiedsortes in der Festlegung der örtlichen und internationalen Zuständigkeit besteht (§ 1025 Rn 28), ferner in der Festlegung des Anwendungsbereichs des deutschen Rechts (§ 1025 I) und damit va kollisionsrechtliche Bedeutung hat.
B. Schiedsort.
I. Parteivereinbarung.
Rn 2
Auch der Schiedsort kann in erster Linie durch Parteivereinbarung festgelegt werden. Dies ist wie bei allen Verfahrensfragen formlos möglich. Die Vereinbarung der Parteien kann losgelöst von einzelnen Sachgründen erfolgen. Die Gerechtigkeitserwägungen der örtlichen Zuständigkeit iSd §§ 12 ff gelten hier nicht. Die Parteibestimmung kann durch Bezugnahme auf eine institutionelle Schiedsordnung erfolgen, soweit diese einen Ort festschreibt. Die Bedeutung des Schiedsortes für das gesamte Verfahren erfordert es, eine Festlegung des Schiedsortes verbindlich zu machen. Eine Abänderung des Schiedsortes durch den Parteiwillen kann es jedenfalls nach dem Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens (§ 1044) nicht geben (MüKoZPO/Münch § 1043 Rz 11).
II. Bedeutung.
Rn 3
Der Schiedsort hat eine rein virtuelle Bedeutung im Hinblick auf die Festlegung der Zuständigkeit und des anzuwendenden Rechts. Wie Abs 2 zeigt, kann die faktische Handhabung des jeweiligen Handlungsortes davon in jeder Hinsicht abweichen. Im Einzelnen wird durch den Schiedsort zunächst die örtliche Zuständigkeit des Schiedsgerichts (im Falle eines institutionellen Schiedsgerichts) festgelegt. Weiterhin wird dadurch zugleich die Zuständigkeit des für das staatliche Gerichtsverfahren berufenen OLG festgelegt (§ 1062 I). Im Hinblick auf die Bedeutung der örtlichen Zuständigkeit als doppelfunktional wird ferner durch den Schiedsort die internationale Zuständigkeit festgelegt. Damit ist im Hinblick auf das Schiedsverfahren zugleich die Festlegung erfolgt, ob deutsches Schiedsverfahrensrecht anzuwenden ist (§ 1025 I) oder ob ein ausländisches Schiedsverfahren vorliegt. Als weitere Folgewirkung entscheidet der Schiedsort damit, ob ein inländischer Schiedsspruch (§ 1060) oder ein ausländischer Schiedsspruch (§ 1061) vorliegt. Diese Trennung hat weiterhin Konsequenzen für Art und Umfang der Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs.
III. Bestimmung durch das Gericht.
Rn 4
Soweit der Schiedsort nicht durch Parteivereinbarung festgelegt ist, bedarf es einer verbindlichen und exakten Festlegung des Schiedsorts durch das Schiedsgericht. Wie unter Rn 3 dargelegt, ist diese Festlegung eine rechtlich bedeutsame Grundlagenentscheidung, für die tatsächlichen konkreten Handlungen ist sie wegen Abs 2 ohne Bedeutung. Mit dem Ort ist dabei eine konkrete politische Gemeinde gemeint. Ihre genaue Abgrenzung von anderen Gemeinden innerhalb desselben OLG-Bezirks ist allerdings rechtlich ohne Bedeutung. Das Schiedsgericht muss nach seiner Konstituierung zwingend den Schiedsort bestimmen (§ 1025 III). Die dabei nach Abs 1 S 3 zu beachtenden Umstände des Falles sind angesichts der nur virtuellen Bedeutung des Schiedsortes eine sehr begrenzte Entscheidungshilfe. Soweit der Schiedsort zugleich der Ort der einzelnen Gerichtshandlungen ist, liegt es nahe, dass das Schiedsgericht die Erreichbarkeit des Ortes und seine Infrastruktur vorrangig berücksichtigt.
C. Ort der konkreten Gerichtshandlung.
Rn 5
Abs 2 macht deutlich, dass der einzelne Ort der jeweiligen Gerichtshandlung vom abstrakten Schiedsort des Abs 1 in jeder Hinsicht abweichen kann. Der Ort der einzelnen Gerichtshandlung und damit der faktische Schiedsort ist also ganz nach Zweckmäßigkeit für die tatsächliche Durchführung des Verfahrens vom Schiedsgericht zu bestimmen. Zwar gelten auch hier vorrangig die Möglichkeiten der Parteien, eine Vereinbarung zu treffen, eine solche dürfte aber wenig zweckmäßig sein. Die dem Schiedsgericht nach Abs 2 gegebenen Freiheiten sprechen dafür, soweit ...