Gesetzestext
1Haben die Parteien nichts anderes vereinbart, so beginnt das schiedsrichterliche Verfahren über eine bestimmte Streitigkeit mit dem Tag, an dem der Beklagte den Antrag, die Streitigkeit einem Schiedsgericht vorzulegen, empfangen hat. 2Der Antrag muss die Bezeichnung der Parteien, die Angabe des Streitgegenstandes und einen Hinweis auf die Schiedsvereinbarung enthalten.
A. Normzweck.
Rn 1
Die Norm regelt analog zur Rechtshängigkeit des staatlichen Verfahrens den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens und wirkt sich daher auf typische Konsequenzen der Rechtshängigkeit wie insb die Hemmung der Verjährung aus.
B. Verfahrensbeginn (S 1).
Rn 2
Ein schiedsgerichtliches Verfahren muss sich anders als das staatliche Verfahren zwangsläufig in mehreren Teilakten entwickeln. Zunächst ist es erforderlich, dass der künftige Schiedskläger dem Schiedsbeklagten einen Antrag vorlegt, eine bestimmte Streitigkeit durch ein Schiedsgericht entscheiden zu lassen (§ 1044 S 1). Diesem ersten Stritt folgt die Konstituierung des Schiedsgerichts nach den §§ 1034 ff. Nunmehr reicht der Schiedskläger seine Klage dem Schiedsgericht ein (§ 1046 I). Diese Klage ist dem Schiedsbeklagten zuzustellen, ohne dass im Einzelnen förmliche Zustellungsregeln existieren würden. Insoweit gilt § 1042 III, IV iVm den vereinbarten Zustellungsregeln. Das Gesetz hat den Verfahrensbeginn in erster Linie der Vereinbarung der Parteien unterstellt. Mangels anderer Vereinbarung ist sodann festgelegt, dass bereits der vom Schiedsbeklagten empfangene Antrag auf Durchführung eines schiedsgerichtlichen Verfahrens als Beginn anzusehen ist. Dieser sehr frühe Zeitpunkt für den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass die weiteren Schritte und insb die Konstituierung des Schiedsgerichts im Einzelfalle längere Zeit in Anspruch nehmen können.
C. Inhalt des Antrags.
Rn 3
Ein wenig überraschend wird in S 2 der genaue Inhalt des Antrags des Schiedsklägers auf Durchführung einer Streitigkeit vor dem Schiedsgericht festgelegt. Dies zeigt, dass dieser Antrag nicht identisch mit der Schiedsklage des § 1046 ist. Dem entsprechend verlangt S 2 nur die Bezeichnung der Parteien und die Angabe des Streitgegenstandes sowie den Hinweis auf die Schiedsvereinbarung, auf deren Basis die Streitigkeit abgewickelt werden soll. Nicht verlangt wird in S 2 also ein konkreter Antrag. Auch die genaue Bezeichnung des geltend gemachten Anspruchs sowie die einzelnen Tatsachen, auf die sich dieser Anspruch stützt, müssen in dem Antrag noch dargelegt werden. Die Angaben zum Streitgegenstand müssen allerdings so konkret und ausreichend sein, um ihren eindeutigen Bezug zur Schiedsvereinbarung feststellen zu können.
D. Konsequenzen des Verfahrensbeginns.
Rn 4
Mit dem Zeitpunkt des Beginns des schiedsrichterlichen Verfahrens wird die Verjährung geltend gemachter Ansprüche gehemmt (§ 204 I Nr 11 BGB). Entscheidend sind dabei der Zugang des Antrags an den Beklagten und die ausreichenden Angaben nach S 2, damit der Schiedsbeklagte den konkreten Umfang des Rechtsstreits erkennen kann. Ist die Schiedsklage im Ergebnis unzulässig, so wird dennoch die Verjährung gem § 204 I Nr 11 BGB gehemmt (so auch PWW-Deppenkemper § 204 Rz 19; vgl BGH NJW 11, 2193 [BGH 09.12.2010 - III ZR 56/10] Rz 13; 12, 2180 Rz 17).
Soweit das materielle Recht im Falle einer Klage vor staatlichen Gerichten bestimmte Rechtsfolgen an den Eintritt der Rechtshängigkeit knüpft, treten alle diese Wirkungen auch bei einem dem Beklagten zugegangenen Antrag nach § 1044 ein. Dies gilt im Einzelnen neben der genannten Verjährung für den Verzug des Schuldners (§ 286 I 2 BGB), für die Entstehung von Prozesszinsen (§ 291 BGB), für die Haftung im Falle einer Herausgabepflicht (§ 292 BGB), für die Bereicherungshaftung (§ 818 IV BGB), für die Erhaltung von Besitzansprüchen (§ 864 BGB), für die Hemmung der Ersitzung (§§ 939, 941 BGB) sowie für Ansprüche aus dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis (§§ 987, 989, 994 II BGB). Zum Streitstand vgl SchiedsVZ 16, 76.
Prozessuale Wirkungen des Beginns des schiedsrichterlichen Verfahrens, wie sie bei der Rechtshängigkeit vor staatlichen Gerichten § 261 III vorsieht, dürften in der Praxis kaum in Betracht kommen. Für eine Parallele zwischen staatlichem Gericht und Schiedsgericht gilt insoweit § 1032. Sollte im Einzelfall ein schiedsgerichtliches Verfahren begonnen haben und würde eine Partei auf der Basis derselben Schiedsvereinbarung ein zweites schiedsgerichtliches Verfahren beantragen, wird man § 261 III Nr 1 analog anwenden können. Dieses zweite Verfahren wäre danach unzulässig.