Prof. Hilmar Raeschke-Kessler
Rn 19
Verneint das Schiedsgericht seine Zuständigkeit, weil es die Schiedsvereinbarung für unwirksam hält, beendet es das Schiedsverfahren durch Prozessschiedsspruch. Ein derartiger Schiedsspruch kann mit dem Aufhebungsantrag nach § 1059 angegriffen werden, wenn der Antragsteller die Schiedsvereinbarung für wirksam hält (BGHZ 151, 79, 81). Sofern keine vAw zu berücksichtigenden Aufhebungsgründe aus § 1059 II 2 vorliegen, darf das Gericht jedoch einen Prozessschiedsspruch, mit dem das Schiedsgericht sich für unzuständig erklärt hat, nur dann aufheben, wenn einer der Aufhebungsgründe aus dem Katalog von § 1059 II 1 vorliegt (BGHZ 151, 79, 82 ff = NJW 02, 3031).
Rn 20
Auch für den die Zuständigkeit verneinenden Prozessschiedsspruch gilt das grundsätzliche Verbot einer révision au fond für den staatlichen Richter. Beruht die Entscheidung des Schiedsgerichts lediglich auf einem einfachen Rechtsanwendungsfehler, liegt kein Aufhebungsgrund nach § 1059 II 1 vor. Der BGH begründet dies damit, dass der Schiedskläger hierdurch nicht rechtschutzlos gestellt sei, weil ihm der Weg zum staatlichen Gericht offen stehe und der Rechtstreit damit vor den gesetzlichen Richter gebracht werden könne (BGHZ 151, 79, 83). Das ist aber nur dann richtig, wenn die Schiedsvereinbarung ausschließlich zwischen deutschen Parteien abgeschlossen worden ist. Die Lösung des BGH ist dagegen unbefriedigend, wenn es sich um ein internationales Schiedsverfahren handelt und der Schiedsbeklagte eine nicht-deutsche Partei ist, oder wenn Deutschland lediglich als neutraler Sitz des Schiedsgerichts zwischen ausschließlich nicht-deutschen Parteien gewählt worden ist. Denn nach den allgemeinen Regeln des deutschen IZPR ist das Gericht am Sitz des Beklagten international zuständig, es sei denn, es besteht eine internationale Sonderzuständigkeit der deutschen Gerichte analog §§ 21 ff oder auf der Grundlage der EuGVO. Österreich hat 2006 bei der Übernahme des UNCITRAL-MG als neues österreichisches Schiedsverfahrensrecht in § 611 II (1) öZPO einen gesonderten Aufhebungsgrund eingeführt; dieser ist anwendbar, wenn sich das Schiedsgericht zu Unrecht für unzuständig erklärt hat. Auch die Schweiz ermöglicht für internationale Schiedsverfahren nach Art 190 II (b) schwIPRG die Aufhebungsklage vor dem schw. Bundesgericht in Lausanne, wenn sich das Schiedsgericht zu Unrecht für unzuständig erklärt hat. Bei der angekündigten Novellierung der §§ 1025 ff sollte der Gesetzgeber die Lücke schließen und als eigenen Aufhebungsgrund vorsehen, dass sich das Schiedsgericht zu Unrecht für unzuständig erklärt hat.