Prof. Hilmar Raeschke-Kessler
Rn 24
Der Antragsgegner kann im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung Gegenansprüche geltend machen, die nicht unter die Schiedsvereinbarung fallen und die er deswegen nicht im Schiedsverfahren vorbringen konnte. Das folgt aus den Geboten der Prozessökonomie und der Verfahrenskonzentration. Er braucht daher nicht zu warten, bis er den Beschl über die Vollstreckbarerklärung nach §§ 1060 I, 1063 I mit der Vollstreckungsgegenklage aus § 767 angreifen kann (BGH NJW-RR 08, 558 [BGH 17.01.2008 - III ZB 11/07] Rz 18). Das gilt zB für die Aufrechnung mit einer Gegenforderung außerhalb der Schiedsvereinbarung. Zulässig sind auch sachlich-rechtliche Einwendungen, die der Antragsgegner bereits im Schiedsverfahren geltend gemacht hatte, die jedoch nach Auffassung des Schiedsgerichts nicht unter eine Schiedsvereinbarung fallen (BGH SchiedsVZ 10, 275 [BGH 29.07.2010 - III ZB 48/09] Rz 3 ff; SchiedsVZ 10, 330 [BGH 30.09.2010 - III ZB 57/10] Rz 8 ff). Es kommt nicht darauf an, ob die Auffassung des Schiedsgerichts zutreffend war (BGH SchiedsVZ 16, 343 [BGH 21.04.2016 - I ZB 7/15] Rz 20). Das gleiche gilt, wenn der Einwand zwar vor dem Schiedsgericht nicht erhoben worden ist, aber feststeht, dass das Schiedsgericht sich damit mangels Zuständigkeit nicht befasst hätte (BGH SchiedsVZ 14, 31 [BGH 18.12.2013 - III ZB 92/12] Rz 5). Derartige Einwendungen fallen nicht unter die sonst geltende Regel, dass die Gründe, auf denen die Einwendung beruht, in entsprechender Anwendung von § 767 II ZPO erst nach dem Schiedsverfahren entstanden sein müssen.
Rn 25
Ob ein Gegenanspruch unter die Schiedsvereinbarung fällt, ist durch Auslegung zu ermitteln. Dabei ist die Schiedsvereinbarung grundsätzlich weit auszulegen (BGH SchiedsVZ 07, 215 [BGH 31.05.2007 - III ZR 22/06] Rz 16). Ein Streit darüber, ob der Antragsgegner den Schiedsspruch erfüllt hat, wird bei einer üblichen weit gefassten Schiedsvereinbarung hiervon erfasst und ist daher einem Vollstreckbarerklärungsverfahren entzogen (anders für eine enge Schiedsklausel: BGH NJW-RR 13, 1336 [BGH 06.06.2013 - I ZB 56/12] Rz 20f). Da § 1057 die Entscheidung über die Kosten und deren Verteilung dem Schiedsgericht ausdrücklich zuweist, können Einwände gegen den Grund und die Höhe der Kostenentscheidung im Schiedsspruch nicht im Verfahren nach § 1060 vorgebracht werden (BGH SchiedsVZ 14, 31 [BGH 18.12.2013 - III ZB 92/12] Rz 10). Das gleiche gilt für die Frage, welche Gebühren eine Partei ihren Verfahrensbevollmächtigten im Schiedsverfahren schuldet und welche Kosten sie deshalb von der anderen Partei erstattet verlangen kann. Das Schiedsgericht ist insoweit umfassend zuständig (BGH v 18.12.13 – III ZB 93/12, Rz 10, juris).
Rn 26
Nicht unter die Schiedsvereinbarung fällt der Einwand, der Gläubiger habe die Forderung nach Erlass des Schiedsspruchs abgetreten und sei daher zur Durchsetzung des Schiedsspruchs nicht befugt (BGH 29.1.15 – V ZR 93/14, juris, Rz 11). Dabei ist dort die Formulierung missverständlich, wonach im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung nach §§ 1062 ff ZPO alle Einwände erhoben werden können, die nach der mündlichen Verhandlung im Schiedsverfahren entstanden seien und deshalb mit einer Vollstreckungsgegenklage gegen den Schiedsspruch erhoben werden könnten. Diese Aussage gilt nicht, sofern der geltend gemachte Einwand seinerseits einer Schiedsvereinbarung unterliegt und der Gläubiger im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung für diesen Einwand die Einrede der Schiedsvereinbarung, § 1032 I, erhebt.
Rn 27
Ebenso werden Ansprüche aus einer Insolvenzanfechtung nach §§ 129 ff InsO nicht von einer vom Gläubiger noch mit dem Schuldner getroffenen Schiedsvereinbarung erfasst. Der Insolvenzverwalter, der im Schiedsverfahren als Beklagter an die Stelle des Schuldners getreten ist, kann daher im Schiedsverfahren dem Anspruch des Gläubigers die Insolvenzanfechtung nur mit Zustimmung des Gläubigers entgegen setzen. Er kann jedoch im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs die Einrede der Insolvenzanfechtung erheben (BGH NJW-RR 08, 558, 560 [BGH 17.01.2008 - III ZB 11/07] Rz 17f).