Prof. Hilmar Raeschke-Kessler
Rn 10
Das Gericht hat den Schiedsspruch eines privaten Schiedsgerichts mit Sitz im Ausland anzuerkennen und für vollstreckbar zu erklären, wenn keine Versagungsgründe aus Art V UNÜ entgegenstehen. Der für Schiedssachen im internationalen Sport zuständige CAS mit Sitz in Lausanne/Schweiz ist ein echtes Schiedsgericht (BGH SchiedsVZ 16, 218 [BGH 07.06.2016 - KZR 6/15], Rz 23 ff).
Rn 11
Auf der Grundlage des UNÜ haben die Gerichte auch Schiedssprüche von Schiedsgerichten für vollstreckbar zu erklären, die auf der Grundlage bilateraler oder multilateraler Investitionsschutzverträge – ISV ergangen sind. Derartige völkerrechtliche Abkommen enthalten regelmäßig eine Schiedsklausel zu Gunsten ausländischer Investoren für Streitigkeiten zwischen dem Gaststaat und dem Investor über die vom Gaststaat geschuldete Entschädigung bei Enteignung und enteignungsgleichem Eingriff. Deutschland hat 131 bilaterale Investitionsschutzabkommen mit fremden Staaten abgeschlossen (s BGBl II 2013, Fundstellennachweis B, Sachgebiet VI 10, S 963). ISV-Schiedssprüche weisen einen engen Bezug zum Völkerrecht auf. Sie werden jedoch wie private Schiedssprüche aus der internationalen Wirtschaftsschiedsgerichtsbarkeit im Verfahren nach § 1061 anerkannt und für vollstreckbar erklärt (Bsp: BGH 6.10.16 – I ZB 13/15, juris, Vollstreckbarerklärung eines schweizerischen Schiedsspruchs nach dem deutsch-thailändischen ISV von 2002). Die EU hat am 5.5.20 ein Übereinkommen zur Beendigung bilateraler ISV zwischen den Mitgliedstaaten geschlossen, das im Januar 2021 vom Bundestag ratifiziert worden ist (BGBl II 21, S 3). ISV-Schiedssprüche zwischen einem Mitgliedstaat und einem Investor aus einem anderen Mitgliedstaat können daher nicht mehr nach § 1060 für vollstreckbar erklärt werden. Eine Vollstreckbarerklärung wäre ein Verstoß gegen den deutschen und den EU-rechtlichen ordre public nach § 1059 II 2b (s Rn 63).
Bei der zulässigen Vollstreckung aus dem Schiedsspruch gegen in Deutschland gelegenes Vermögen des ausländischen Staates gibt es häufig Schwierigkeiten, weil sich der Staat erfolgreich auf die aus dem Völkerrecht stammende Vollstreckungsimmunität beruft, die Bestandteil der allgemeinen Staatenimmunität ist (BGH WM 10, 84 [BGH 01.10.2009 - VII ZB 37/08] Rz 16 ff). Das Gericht hat bei der Entscheidung, ob die Sache oder die Forderung, in die vollstreckt werden soll, der Staatenimmunität unterliegt, die gegenüber dem Heimatstaat des Investors bestehende völkerrechtliche Verpflichtung des verurteilten Gaststaats zu berücksichtigen, dem Investor nach rechtskräftiger Verurteilung durch ein Schiedsgericht Schadensersatz zu leisten (str.).
Rn 12
Dagegen sind Schiedssprüche, die nach dem ICSID Übereinkommens von 1965 (BGBl 69 II, 369) ergangen sind, gemäß Art 54 ohne Weiteres für vollstreckbar zu erklären. Das Gericht darf einen ICSID-Schiedsspruch nicht am Maßstab des Art V UNÜ überprüfen, insbesondere nicht, ob das ICSID-Schiedsgericht für die Streitentscheidung zuständig war. Jedoch gelten gemäß Art 55 ICSID-Ü für die Vollstreckung aus dem Schiedsspruch die allgemeinen Regeln der Vollstreckungsimmunität von Staaten.