Gesetzestext
(1) 1Für eingehende Ersuchen um grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe ist das Prozessgericht oder das Vollstreckungsgericht zuständig. 2Die Anträge müssen in deutscher Sprache ausgefüllt und die Anlagen von einer Übersetzung in die deutsche Sprache begleitet sein. 3Eine Legalisation oder gleichwertige Förmlichkeiten dürfen nicht verlangt werden.
(2) 1Das Gericht entscheidet über das Ersuchen nach Maßgabe der §§ 114 bis 116. 2Es übersendet der übermittelnden Stelle eine Abschrift seiner Entscheidung.
(3) Der Antragsteller erhält auch dann grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe, wenn er nachweist, dass er wegen unterschiedlich hoher Lebenshaltungskosten im Mitgliedstaat seines Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts einerseits und im Geltungsbereich dieses Gesetzes andererseits die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann.
(4) 1Wurde grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe bewilligt, so gilt für jeden weiteren Rechtszug, der von dem Antragsteller oder dem Gegner eingeleitet wird, ein neuerliches Ersuchen um grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe als gestellt. 2Das Gericht hat dahin zu wirken, dass der Antragsteller die Voraussetzungen für die Bewilligung der grenzüberschreitenden Prozesskostenhilfe für den jeweiligen Rechtszug darlegt.
A. Antrag und Formulare.
Rn 1
Der Antrag kann nicht nur über die ausländische Übermittlungsstelle eingereicht werden, sondern auch unmittelbar beim deutschen Prozessgericht (BGH MDR 18, 1521 [BGH 03.07.2018 - VIII ZR 229/17]). In diesem Fall kann der Antragsteller entweder die EU-Formulare oder die gem § 117 III, IV vorgesehenen Formulare der deutschen PKHVV verwenden (MüKoZPO/Rauscher Rz 7). Ein formloser Antrag ist jedoch nicht zulässig.
Rn 2
Die Kosten der notwendigen Übersetzung der Anlagen in die deutsche Sprache (Abs 1 S 2) trägt die ausländische Übermittlungsstelle. Wendet sich der Antragsteller direkt an das deutsche Gericht, so ist § 1078 richtlinienkonform so auszulegen, dass seine PKH auch die Kosten dieser Übersetzungen umfasst (BGH MDR 18, 1521 [BGH 03.07.2018 - VIII ZR 229/17]; EuGH 26.7.17 – C-670/15). Soweit es um die Prüfung der Bedürftigkeit geht, sind keine Bedenken erkennbar, zur Beschleunigung und Kostenreduzierung auf (Online-)Übersetzungsprogramme zurückzugreifen.
B. Entscheidung nach deutschem Recht und richtlinienkonforme Auslegung.
Rn 3
Durch die Verweisung auf §§ 114–116 gelten für die Entscheidung über die Gewährung von PKH grds die inländischen Regeln. Deren Freibeträge gelten auch dann, wenn die Lebenshaltungskosten im Wohnsitzstaat des Antragstellers niedriger als in Deutschland sind (BGH NJW-RR 08, 1453 [BGH 10.06.2008 - VI ZB 56/07]).
Rn 4
Aufgrund des Gebots der richtlinienkonformen Auslegung ist Art 6 der RL zu beachten: Soll ein Antrag, der nicht schon offensichtlich unbegründet iSv Art 6 I der RL ist, trotzdem wegen mangelnder Erfolgsaussichten abgelehnt werden, so ist zusätzlich zu prüfen, ob auch ohne PKH der Zugang zum Recht gewährleistet ist (Art 6 II der RL).
C. Besondere Bedürftigkeit gem Abs 3.
Rn 5
Ist der Antragsteller nicht gem §§ 114 f bedürftig, so bleibt ihm noch die Möglichkeit des Beweises einer Bedürftigkeit gem Abs 3. Diese liegt vor, wenn die Lebenshaltungskosten im Wohnsitzstaat des Antragstellers so viel höher sind als in Deutschland, dass ihm die Kostentragung bzgl des Prozesses in Deutschland nicht zuzumuten ist (Art 5 IV der RL). Der Antragsteller kann diesen Nachweis entweder durch Beibringung geeigneter Daten und Unterlagen führen oder durch eine Bescheinigung seines Wohnsitzstaates in spiegelbildlicher Anwendung des § 1077 VI (für Indizwirkung einer solchen Bescheinigung MüKoZPO/Rauscher Rz 14).