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Weder eine Rechtsmittelfrist noch eine Rechtsmittelbegründungsfrist wird durch einen PKH-Antrag gehemmt. Wie bei der Klage ist eine Berufungseinlegung unter der Bedingung der PKH-Bewilligung unzulässig. Der Rechtsmittelführer ist gehalten, alles zu unterlassen, was den Eindruck erweckt, er wolle eine künftige Prozesshandlung nur ankündigen und sie von der Gewährung von Prozesskostenhilfe abhängig machen. Wenn die gesetzlichen Voraussetzungen an den Inhalt einer Rechtsmittelschrift erfüllt sind, kommt die Deutung, dass der Schriftsatz nicht als unbedingte Berufung bestimmt war, nur in Betracht, wenn sich das aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt (BGH NJW 88, 2046). Es besteht lediglich die Möglichkeit, PKH für eine beabsichtigte Berufung zu beantragen (dazu anschaulich Grandel, FF 09, 300). Nach Entscheidung über den PKH-Antrag kann der Berufungskläger dann Berufung einlegen, die Berufung begründen und wegen der Versäumung der Berufungsfrist und der Berufungsbegründungsfrist fristgerecht (§ 233: Zwei Wochen) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragen. Die Kostenarmut ist ein Hindernis, welches durch den stattgebenden PKH-Beschluss beseitigt wird und somit das Wiedereinsetzungsgesuch begründet (BGH FamRZ 06, 1522). Ist rechtzeitig vor Ablauf der Berufungsfrist PKH beantragt worden, dann ist der Rechtsmittelführer solange ohne sein Verschulden an der rechtzeitigen Vornahme der Handlung gehindert, bis über den PKH-Antrag entschieden ist. Bei Ablehnung der PKH wegen fehlender Bedürftigkeit besteht das Hindernis solange fort, wie der Antragsteller vernünftigerweise nicht mit der Ablehnung des Antrags wegen fehlender Bedürftigkeit rechnen musste (BGH FamRZ 08, 400). Die Partei darf davon ausgehen, die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ordnungsgemäß dargetan zu haben, selbst wenn die PKH-Erklärung einzelne Lücken aufweist. Das gilt jedenfalls dann, wenn diese Lücken durch beigefügte Unterlagen geklärt werden können (BGH FamRZ 09, 318). Der Rechtsmittelführer, der in der Vorinstanz ein ordnungsgemäß ausgefülltes und belegtes Formular eingereicht hat, darf darauf vertrauen, auch in der Berufungsinstanz PKH gewährt zu bekommen, auch wenn sein Formular für die Berufungsinstanz einzelne Lücken enthält, wenn es im Wesentlichen die gleichen Angaben zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen enthält (BGH FamRZ 13, 1650). Hat die Partei nach Abschluss der 1. Instanz Vermögen dazugewonnen, so darf sie vernünftigerweise nicht mehr mit der Bewilligung von PKH rechnen, sodass ein Wiedereinsetzungsantrag erfolglos bleibt (BGH NZFam 19, 1016). Hat der Berufungskläger innerhalb der Rechtsmittelfrist die Bewilligung von PKH beantragt, dann hat das Gericht vor Verwerfung der Berufung als unzulässig über das Prozesskostenhilfegesuch zu entscheiden (BGH FamRZ 11, 881). Wurde also Beschwerde gegen eine Endentscheidung eingelegt und geht am letzten Tag der Beschwerdebegründungsfrist ein – formal ordnungsgemäßer – PKH-Antrag ein, so darf die Beschwerde nicht mit der Begründung verworfen werden, dass innerhalb der Begründungsfrist noch keine Beschwerdebegründung eingereicht worden sei. In diesen Fällen muss zunächst das PKH-Gesuch beschieden werden, damit der Beschwerdeführer die Möglichkeit hat, das Rechtsmittel auf eigene Kosten durch Begründung der Beschwerde durch einen Rechtsanwalt fortzuführen und mit Blick darauf einen Wiedereinsetzungsantrag zu stellen (BGH FamRZ 19, 1337; BGH FamRZ 12, 705).
Setzt das Gericht der Partei eine Frist zur Vervollständigung ihrer Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und erfüllt die Partei die Auflagen innerhalb der gesetzten Frist, so endet ihr schutzwürdiges Vertrauen auf Bewilligung der beantragten Prozesskostenhilfe erst mit der Bekanntgabe des die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ablehnenden Beschlusses mit der Folge, dass erst zu diesem Zeitpunkt die Wiedereinsetzungsfrist zu laufen beginnt (BGH NJW-RR 08, 1306). Voraussetzung ist, dass die Unsicherheit für die Fristversäumung kausal geworden ist. Das ist nicht der Fall, wenn der beim Berufungsgericht zugelassene Rechtsanwalt bereit war, die Berufung auch ohne die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu begründen (BGH FamRZ 08, 1520). Dies entnimmt der BGH bereits aus der Tatsache, dass eine vollständige, auch als Entwurf bezeichnete Berufungsbegründungsschrift eingereicht wird. Damit habe der Rechtsanwalt schon alles getan, was für die Durchführung der Berufung nötig war, ohne dass die Mittellosigkeit der Partei ein Hindernis war. Diese Entscheidung ist durchaus krit zu sehen. Auch in der Berufungsinstanz muss substantiiert vorgetragen werden, um das Streitverhältnis, die konkreten Berufungsangriffe und die beabsichtigten Anträge darzustellen. Es entspricht nicht der Rechtswirklichkeit, dass eine mittellose Partei nach Erlass eines Urteils, welches angegriffen werden soll, zunächst selbst ohne die Mitwirkung e...