Rn 15
Hintergrund der Regelung in § 119 ist, dass das erstinstanzliche Urt eine Vermutung dahingehend begründet, dass das Rechtsmittel keine Aussicht auf Erfolg hat. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, dann erfordert der PKH-Antrag des Rechtsmittelgegners eine gesonderte Prüfung. Will das Gericht allerdings von der Regelung in § 119 abweichen und dem in 1. Instanz obsiegenden Rechtsmittelgegner keine PKH bewilligen, dann muss dies gesondert begründet werden, da ansonsten die Entscheidung willkürlich ist, Art 3 I GG (BVerfGE 72, 122 [BVerfG 18.06.1986 - 1 BvR 857/85]; BVerfG NJW 05, 409; BVerfG Beschl v 9.1.90 – 2 BvR 1631/88; jeweils unter Offenlassung der Frage, ob und ggf in welchen Grenzen trotz des eindeutigen Wortlauts von § 119 I 2 diese Vorschrift in Ausnahmefällen eine Prüfung der Erfolgsaussichten erlaubt; ebenso BVerfG NJW 10, 987 [BVerfG 29.12.2009 - 1 BvR 1781/09], allerdings wurde die Verfassungswidrigkeit hier auf die Verletzung der in Art 3 I iVm 20 III GG verbrieften Rechtsschutzgleichheit gestützt). Ein Ausnahmefall kann vorliegen, wenn die Berufung auf einer Änderung der Rechtslage oder der höchstrichterlichen Rspr beruht (Celle FamRZ 77, 648). Oder, wenn der Rechtsmittelgegner in vorwerfbarer Weise ein unrichtiges Urt herbeigeführt hat (Karlsr FamRZ 99, 796). Das kann der Fall sein, wenn der Beschwerdegegner die ihn begünstigende Entscheidung vorwerfbar falsch herbeigeführt hat. (unzureichende Aufklärung seiner Einkommensverhältnisse) (Brandbg FamRZ 13, 1325). Auch wenn das angefochtene Urt offensichtlich falsch ist, erhält der Rechtsmittelgegner keine PKH (Brandbg FamRZ 04, 1036; MüKoZPO/Wax Rz 39). Offensichtlich falsch ist ein Urt dann, wenn entscheidungserhebliches Parteivorbringen nicht berücksichtigt wurde, eine Gesetzesbestimmung oder ständige höchstrichterliche Rspr übersehen wurde (Zö/Schultzky Rz 56). Auch wenn sich die tatsächlichen Gegebenheiten nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils geändert haben, soll im Einzelfall eine erneute Prüfung der Erfolgsaussichten für den in 1. Instanz obsiegenden Rechtsmittelgegner möglich sein, damit dieser nicht mit unnötigen Kosten belastet wird, weil er jetzt in 2. Instanz offensichtlich unterliegen wird (Schoreit/Groß/Groß Rz 39).
PKH kann nicht für ein Verfahren auf Bewilligung von PKH für eine beabsichtigte, aber noch nicht eingelegte Berufung bewilligt werden (Rostock OLGR 07, 43). Grds kann nur dem Rechtsmittelführer und dem Rechtsmittelgegner PKH bewilligt werden. Ausnahmsweise ist eine PKH-Bewilligung auch für den nicht direkt Beteiligten möglich, zB in Verfahren zur Regelung des Versorgungsausgleichs, wenn ein Versorgungsträger Beschwerde eingelegt hat, zur Überprüfung der Erfolgsaussichten der Beschwerde, wenn diese zu seinen Lasten eingelegt ist (Karlsr FamRZ 06, 1135). Dem anderen Ehegatten, der durch die Entscheidung nicht beschwert ist, kann VKH nicht bewilligt werden (Frankf Beschl v 9.3.06 – 6 UF 273/05, str, mwN). Ansonsten kann PKH für eine nur verfahrensbegleitende Rechtswahrnehmung nicht bewilligt werden, die sich weder der Beschwerde widersetzt noch das Verfahren sonst befördert (Karlsr Justiz 13, 76 mit Anm Zempel juris-PR FamR 4/2013 Anm 5)