Rn 2
Der Gerichtsstand wird oftmals mit der örtlichen Zuständigkeit gleichgesetzt, also der Regelung der Frage, welches von mehreren Gerichten in örtlicher Hinsicht zur Entscheidung berufen ist (vgl etwa Zö/Schultzky § 1 Rz 7; ThoPu/Hüßtege Vorb § 12 Rz 1). Wenn sich diese Gleichsetzung auch in der Praxis durchgesetzt hat, steht sie doch im Widerspruch zu dem Wortlaut des Gesetzes, das in den §§ 12 ff erkennbar zwischen Tatbestand und Rechtsfolge trennt. Nach dem Wortlaut des Gesetzes wird der Gerichtsstand in den §§ 12 ff zwar zum maßgeblichen Kriterium für die Beurteilung der Frage erhoben, ob ein bestimmtes Gericht örtlich zuständig ist. Der Gerichtsstand verliert dadurch aber nicht den Charakter einer Tatbestandsvoraussetzung bei der Prüfung der örtlichen Zuständigkeit iRd Zulässigkeit. Dieser Aufbau des Gesetzes lässt sich exemplarisch an § 12 verdeutlichen, wo der Gerichtsstand des Bekl erst zusammen mit der Negativvoraussetzung des Fehlens eines ausschl Gerichtsstands zur Begründung der örtlichen Zuständigkeit eines Gerichts führt. Eine Gleichsetzung von Gerichtsstand und örtlicher Zuständigkeit sollte daher unter dem Gesichtspunkt einer sauberen Zulässigkeitsprüfung vermieden werden. Zur Abgrenzung von der örtlichen Zuständigkeit lässt sich von folgender Definition des Gerichtsstands ausgehen: Gerichtsstand ist die Verpflichtung bzw Berechtigung einer Person, ihr Recht vor einem bestimmten Gericht in Anspruch zu nehmen, ob als Kl oder Bekl (MüKoZPO/Patzina Rz 4; B/L/H/A/G/Bünnigmann Grdz § 12 Rz 4; vgl auch BGHZ 101, 271, 273). Hieran anknüpfend trifft die ZPO im 2. Titel eine nicht abschließende Zuständigkeitsregelung (vgl Rn 5 f), die sich ausschl auf die örtliche Zuständigkeit der Gerichte bezieht. Die Gerichtsstandsregelungen der §§ 12 ff übernehmen also die Funktion, Zivilverfahren dem jeweils sachlich zuständigen Gericht eines Gerichtsbezirks zuzuweisen (vgl BGHZ 44, 46, 47). Sie setzen damit die Einrichtung von Gerichten voraus, über die der Bund und die Länder organisationsrechtlich zu bestimmen haben (dazu näher Rn 18). An anderen Stellen der ZPO wird dagegen der Gerichtsstand in einem weiteren Sinne verstanden und erfasst dort neben der örtlichen auch die sachliche Zuständigkeit, wie etwa in § 40 II 1 und § 802 (allgM; MüKoZPO/Patzina Rz 4; St/J/Roth vor § 12 Rz 1; Zö/Schultzky Rz 1; Musielak/Heinrich Rz 2; ThoPu/Hüßtege Vorb § 12 Rz 1).
Rn 3
Zur Bedeutung der §§ 12 ff iRd internationalen Zuständigkeit s Rn 19; dort auch zur Verdrängung der §§ 12 ff durch die EuGVO/Brüssel Ia-VO bzw die EuEheVO/Brüssel II-VO.