Rn 34
Ein nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt kann nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen, § 121 III (Saarbr OLGR 09, 713). Der Partei steht es frei, einen Anwalt zu beauftragen, der nicht am Gerichtsort ansässig ist. Die Vorschrift soll sicherstellen, dass die Staatskasse nicht unnötig mit Kosten belastet wird, die in einem solchen Fall durch die Reisekosten des Anwalts entstehen. Dabei ist aber zu beachten, dass ggf ein Verkehrsanwalt und Reisekosten der Partei für Informationsreisen zu erstatten sind. Diese sind in den Vergleich mit einzubeziehen. Das Gebot der Rechtsschutzgleichheit verlangt nicht, die bedürftige Partei vollständig mit der begüterten Partei gleichzustellen (Frankf FamRZ 08, 1355). Zu beachten ist, dass seit dem 1.7.04 § 126 Abs 1 S 2 BRAGO ersatzlos weggefallen ist. Danach konnte der beim Prozessgericht zugelassene Rechtsanwalt die Mehrkosten, die dadurch entstanden, dass er beim Prozessgericht zwar zugelassen war, seinen Wohn- oder Kanzleisitz aber nicht am Ort des Prozessgerichts hatte, ggü der Staatskasse nicht abrechnen. Mehrkosten durch die Beiordnung eines auswärtigen Rechtsanwaltes entstehen also nur dann, wenn die bei diesem anfallenden Reise- und Abwesenheitsgelder die eines im Bezirk des Prozessgerichts ansässigen Anwaltes übersteigen. Das ist dann der Fall, wenn die Entfernung zwischen dem Prozessgericht und der Niederlassung größer ist als die Entfernung zwischen dem Prozessgericht und dem von dort am weitesten entfernt liegenden Ort innerhalb des Gerichtsbezirks (Frankf AGS 16, 300; Oldengb JurBüro 10, 433); s auch Zimmermann Rz 328. Die Beschränkung der Beiordnung auf die Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwaltes kann nicht mehr erfolgen, sondern nur die Beschränkung auf die Bedingungen eines im Bezirk des Prozessgerichte niedergelassenen Rechtsanwalts (Celle FamRZ 11, 1745). Einer Einschränkung der Anwaltsbeiordnung im Rahmen bewilligten PKH auf die kostenrechtlichen Bedingungen eines im Bezirk des Prozess-/Verfahrensgerichts niedergelassenen Rechtsanwaltes kann allerdings der Grundsatz des fairen Verfahrens entgegenstehen, wenn über den PKH-Antrag trotz bereits zuvor vorliegender Bewilligungsreife erst im oder nach dem Verhandlungstermin entschieden wird und vorab kein rechtzeitiger Hinweis auf eine mögliche Einschränkung der Beiordnung erfolgt ist (Celle FamRZ 12, 1237).
1. Notwendigkeit der Beiordnung eines Verkehrsanwalts als Maßstab.
Rn 35
Grds kann ein auswärtiger Anwalt nur dann beigeordnet werden, wenn ansonsten die Beiordnung eines Verkehrsanwalts erforderlich wird und diese Kosten die Reisekosten des Hauptbevollmächtigten erreichen oder sogar übersteigen würden (Saarbr FamFR 11, 430; Frankf FamRZ 08, 1355). Im Rahmen der Prüfung, ob ein nicht beim Prozessgericht zugelassener Anwalt ausnahmsweise beigeordnet werden darf, ist zu prüfen, ob besondere Gründe ansonsten die Beiordnung eines Verkehrsanwalts erforderlich machen würden. Nur wenn dies nicht der Fall ist, darf die Beiordnung gem Abs 3 zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts erfolgen (BGH NJW 04, 2749 [BGH 23.06.2004 - XII ZB 61/04]; Brandenbg FamFR 13, 548). Damit ist die Erstattung der Reisekosten ausgeschlossen. Die Kosten können nur entstehen in Fällen, in denen eine mündliche Verhandlung voraussichtlich erforderlich sein wird. Die Beiordnung eines Verkehrsanwalts ist nur in Ausnahmefällen erforderlich. Besondere Umstände können darin liegen, dass eine Partei schreibungewandt ist, sich schwer verständigen kann und ihr auch eine Informationsreise zu dem Rechtsanwalt an seinen Kanzleisitz nicht zugemutet werden kann (Brandbg Beschl v 29.1.08 – 9 WF 392/07). Die Beiordnung eines Verkehrsanwalts soll dann notwendig sein, wenn eine erforderliche Informationsreise mehr als einen halben Arbeitstag erfordern würde, was idR anzunehmen ist, wenn die Entfernung mehr als 50 km beträgt (Frankf FamRZ 08, 1355). Im Ergebnis verursacht die Beiordnung eines nicht ortsansässigen Anwaltes nur dann höhere Kosten, wenn der Rechtsstreit so einfach ist, dass die Partei keine Informationsreise zu dem ortsansässigen Anwalt benötigen würde, um diesen sachgerecht zu informieren.
2. Stillschweigender Verzicht auf Mehrkosten durch Beiordnungsantrag.
Rn 36
Unverändert streitig ist die Frage, ob im Beiordnungsantrag eines nicht am Gerichtsort ansässigen Anwalts regelmäßig ein Verzicht auf Erstattung der Mehrkosten, die durch die Beiordnung als nicht ortansässiger Rechtsanwalt entstehen, zu sehen ist. Das wird bejaht vom BGH (BGH NJW 06, 3784; ebenso Saarbr FamFR 11, 430 und jetzt auch Frankf Beschl v 28.67.16 – 4 WF 112/16). Trotz der Entscheidung des BGH wird in Teilen der obergerichtlichen Rspr anders entschieden (Rostock FamRZ 08, 1356; Brandbg Beschl v 29.1.08 – 9 WF 392/07; Hamm FamRZ 04, 708). Der Entscheidung des BGH ist nicht zuzustimmen. Sie wird damit begründet, dass der Rechtsanwalt verpflichtet sei, eine Kanzlei am Ort des Gerichts, bei dem er zugelassen ist, zu betreiben. Damit sei sichergestellt, dass Reisekosten nicht anfallen. Da bei einem Rechtsanwalt die Kenntnis des § 121 III...