Rn 2
Der Gesetzgeber hat wichtige normative Voraussetzungen für einen elektronischen Zivilprozess geschaffen. Neben § 128a lassen §§ 130a, 130b, 130c (sowie künftig § 130d) elektronische Dokumente zu. Gleiches gilt für die elektronische Rechtsmitteleinlegung (§§ 519 IV, 520 V, 525, 549 II, 551 IV). Das Protokoll in elektronischer Form sieht § 160a mit § 130b vor. Für die Beweisaufnahme gelten die §§ 128a II, 371 I 2, 371a, 416a. Elektronische Aktenführung und Akteneinsicht sind in §§ 298a, 299 III, 299a vorgesehen. Zur Umwandlung elektronisch eingereichter Dokumente ist § 298 IV zu beachten. Auch das Urt kann in elektronischer Form ergehen sowie zugestellt und berichtigt werden (§§ 130b, 317 III, 317 V, 319 II, 320 IV). Für den Antrag an den Gerichtsvollzieher gilt § 753 III 2. Zum elektronischen Antrag in der Zwangsvollstreckung vgl § 829a. Schließlich ist auf die elektronische Umrüstung von Handelsregister, Grundbuch, Schuldnerverzeichnis, Mahnverfahren sowie Testamentsregister zu verweisen (vgl Schwoerer Die elektronische Justiz, 2005). Am 15.10.15 hat der BTag ein elektronisches Schutzschriftenregister beschlossen (Bacher MDR 15, 1329), in das seit 2017 die Anwälte nach Berufsrecht (§ 49c BRAO) verpflichtend ihre Schutzschriften elektronisch einreichen müssen. In NRW sind seit 1.10.10 die bisherigen Justizkostenmarken (zum Aufkleben) abgeschafft und durch elektronische Kostenmarken ersetzt. Gemäß § 31a BRAO gibt es seit 28.11.16 ein besonderes elektronisches Anwaltspostfach (beA; s.u. § 130a Rn 7), das allerdings erst seit 3.9.18 funktionsfähig ist. Seine Einführung verstößt nicht gegen Art 12 GG (BVerfG AnwBl 18, 103 [BVerfG 20.12.2017 - 1 BvR 2233/17]). An Gerichten in Landshut, Regensburg, Mannheim, Coburg und weiteren Gerichten ist die elektronische Akte als Pilotprojekt eingeführt worden (zur elektronischen Akte Dose/Lieblang DRiZ 20, 632; Köbler/Sorge/Vogelgesang DRiZ 20, 308). Insgesamt ist der Einsatz elektronischer Hilfsmittel und vernetzter Informationstechnologie keine unzulässige Maßnahme der Dienstaufsicht iSv § 26 III DRiG (BGH 6.10.11 – RiZ 7/10). Trotz aller gesetzlichen Maßnahmen wird das Angebot bisher nur in geringem Umfang genutzt. Deshalb hat der Gesetzgeber im Jahre 2013 ein sehr ambitioniertes Programm zur praktischen Umsetzung des elektronischen Rechtsverkehrs vorgegeben (G zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten v 10.10.13, BGBl I 3786; dazu BTDrs 17/12 634 und 17/13948). In einem Zehnjahresplan soll in drei Stufen der elektronische Rechtsverkehr obligatorisch werden (1. Stufe Infrastruktur und Einführung für professionelle Einreicher, 2. Stufe Länderöffnungsklausel für alle, 3. Stufe allg Nutzungspflicht, vgl § 130d). Die Umsetzung in der ZPO sieht eine Neufassung des § 130a (seit 1.1.18) sowie neue §§ 130c–d (ab 1.7.14 bzw 1.1.17 und 1.1.22) vor. Ein weiterer wichtiger Schritt ist das Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte v 5.7.17 (BGBl I 2208). Nicht abschließend gelöst ist bisher das Problem der Datensicherheit und der IT-Sicherheit (dazu Vogelgesang jM 18, 2). Die Justizministerinnen und Justizminister haben auf der 90. JuMiKo im Juni 19 den Bericht einer Arbeitsgruppe vorgelegt, der eine umfassende Bestandsaufnahme des elektronischen Rechtsverkehrs enthält.
Wichtige Literatur zum elektronischen Zivilprozess: Bacher MDR 14, 998; ders NJW 15, 2753; Bernhardt NJW 15, 2775; ders jM 18, 310; Degen/Emmert Elektronischer Rechtsverkehr 16; Effer-Uhe GVRZ 18, 6; Greger NJW 19, 3429; Heil IT-Anwendung im Zivilprozess, 20; Hirtz AnwBl 18, 286; Jost/Kempe NJW 17, 2705; Kesper/Ory NJW 17, 2709; Kilian/Rimkus AnwBl 14, 913; Köbler AnwBl 13, 589; Mardorf jM 18, 140; Müller JuS 15, 609; ders NJW 15, 822; Preuß ZZP 129, 421; Prütting AnwBl 13, 330; Rühl JZ 20, 809; Sorge/Krüger NJW 15, 2764; Treber NZA 14, 450; Wagner JuS 16, 29; Weller DRiZ 13, 290; Weller/Köbler Verfahrensgrundsätze und Modellregeln für die grds elektronische Führung gerichtlicher Erkenntnisverfahren, 16.