Gesetzestext
(1) In Anwaltsprozessen wird die mündliche Verhandlung durch Schriftsätze vorbereitet.
(2) In anderen Prozessen kann den Parteien durch richterliche Anordnung aufgegeben werden, die mündliche Verhandlung durch Schriftsätze oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abzugebende Erklärungen vorzubereiten.
A. Normzweck.
Rn 1
Die Vorschriften über vorbereitende Schriftsätze (§§ 129–133) schaffen trotz des Grundsatzes der Mündlichkeit (§ 128 I) eine ausgewogene Verknüpfung von mündlichen und schriftlichen Elementen iRe Zivilprozesses. Denn trotz aller Vorteile einer mündlichen Verhandlung ist ein modernes zivilprozessuales Prozessgeschehen ohne ausreichende schriftliche Grundlagen nicht denkbar. Die vorbereitenden Schriftsätze kündigen deshalb den mündlichen Vortrag der Parteien an und ermöglichen so für Gericht und Prozessgegner die Vorbereitung auf den Termin. Zwar wird der Inhalt eines vorbereitenden Schriftsatzes erst durch den mündlichen Vortrag bzw die Bezugnahme (§ 137 III, 297 II) zum Inhalt der mündlichen Verhandlung, dennoch stützt sich das Gericht bei seiner Vorbereitung des Termins in zentraler Weise auf diese Schriftsätze (§ 273).
B. Arten der Schriftsätze.
Rn 2
Nach ihrem Inhalt unterscheidet man die vorbereitenden Schriftsätze von den bestimmenden Schriftsätzen. Nur die vorbereitenden Schriftsätze sind im Gesetz in allg Form geregelt (§§ 129 ff). Sie sind in zentraler Weise darauf ausgerichtet, den künftigen Vortrag einer Partei in der mündlichen Verhandlung anzukündigen. Demgegenüber enthalten bestimmende Schriftsätze solche Erklärungen der Parteien, die bereits mit der Einreichung bzw Zustellung als Prozesshandlung wirksam sind. Eine allgemeine Regelung haben diese Schriftsätze in der ZPO nicht gefunden (s.u. Rn 4 ff).
Nach der Art der Verwendung kann man bei den Schriftsätzen diejenigen unterscheiden, deren Inhalt in der mündlichen Verhandlung vorgetragen wird (§ 137 I, II), von denjenigen, deren Inhalt durch Bezugnahme auf das Papier zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung wird (§§ 137 III, 297 II).
Nach dem Zeitpunkt der Einreichung unterscheidet man die vor der mündlichen Verhandlung zu deren Vorbereitung eingereichten Schriftsätze (§§ 132, 282 II) von den nachgelassenen oder nachgereichten Schriftsätzen (§ 283).
C. Vorbereitende Schriftsätze.
Rn 3
Das Gesetz ordnet die Einreichung vorbereitender Schriftsätze vor der mündlichen Verhandlung im Anwaltsprozess (§ 78) zwingend an, im Parteiprozess ist dagegen die Einreichung von Schriftsätzen fakultativ, soweit nicht durch richterliche Anordnung eine Verpflichtung ausgesprochen wird (II). Daher kann die Verpflichtung aus § 282 II im Parteiprozess nicht eintreten, wenn eine solche richterliche Anordnung nach § 129 II fehlt (BVerfG NJW 89, 706, 707). Die Anordnung einer schriftlichen Vorbereitung nach II im Parteiprozess steht nach dem ausdrücklichen Wortlaut im Ermessen des Gerichts. In der Praxis findet auch im Parteiprozess sehr häufig eine Vertretung durch Rechtsanwälte statt, so dass die Einreichung von Schriftsätzen auch dort üblich ist. Im Übrigen wird das Gericht von einem Beschl oder einer Verfügung im Parteiprozess absehen, wenn nach dem Eindruck des Gerichts die Partei nicht in der Lage ist, sich durch schriftlichen Vortrag angemessen zu äußern.
Im Einzelnen ist zur Form und zur Art der Einreichung solcher Schriftsätze auf die §§ 129a, 496 zu verweisen, zum Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze ist auf die §§ 130, 130a, 103b, 131 zu verweisen. Im Hinblick auf Fristen sind die §§ 132, 282 II zu beachten. Schließlich werden mit der Einreichung von vorbereitenden Schriftsätzen auch Abschriften verlangt (§ 133). Zur Beifügung von Urkunden vgl § 131; zur Zustellung von Schriftsätzen ohne die erforderlichen Anlagen s § 131 Rn 5.
Fehlt es an einem vorbereitenden Schriftsatz, so ist § 335 I Nr 3 zu beachten, der in solchen Fällen ein Versäumnisurteil ausschließt. Ein nicht rechtzeitig eingereichter vorbereitender Schriftsatz kann eine weitere Fristsetzung nach § 283 auslösen. Weiterhin kann es zu einer Vertagung (§ 227) kommen. Schließlich führen entgegen der allgemeinen Prozessförderungspflicht verspätet eingereichte Schriftsätze zur Möglichkeit einer Präklusion (§§ 296 II, 282 II). Soweit ein Schriftsatz fristwahrende Bedeutung hat, kommt es allein auf seinen Eingang bei Gericht an. Wird er durch ein falsches Aktenzeichen nicht in die richtige Akte eingeordnet, ist dies für die Fristwahrung unerheblich. Dies gilt selbst dann, wenn die Partei das falsche Aktenzeichen zu verantworten hat (BVerfG NJW 13, 925 [BVerfG 12.12.2012 - 2 BvR 1294/10]).
D. Bestimmende Schriftsätze.
I. Inhalt und Bedeutung.
Rn 4
Im Gegensatz zu den vorbereitenden Schriftsätzen enthalten die bestimmenden Schriftsätze solche Parteierklärungen, die mit der Einreichung bzw Zustellung als Prozesshandlung wirksam werden. Die bestimmenden Schriftsätze sind also im Prozess von zentraler Bedeutung. Sie eröffnen entweder eine neue Prozesslage (Klage, Einspruch, Rechtsmittel, Streitverkündung) oder sie beenden eine bestimmte Prozesslage (Klagerücknahme, Erledigungserklärung, Verzicht). Daneben werden die ein Vorbri...