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Die Aufrechnung kann hilfsweise, für den Fall erklärt werden, dass das Gericht die bestrittene Klageforderung für begründet erachtet. An den Erklärungstatbestand der Hilfsaufrechnung sind keine strengen Anforderungen zu stellen: Sie liegt immer dann vor, wenn der Aufrechnende die Berechtigung der Klageforderung unabhängig vom Aufrechnungseinwand in Zweifel zieht. Die Zulässigkeit der Eventualaufrechnung steht außer Streit. Das Gericht muss auch bei der Hilfsaufrechnung zunächst über die Klageforderung befinden und darf die Klage nicht bereits deshalb als unbegründet abweisen, weil jedenfalls der Aufrechnungseinwand durchgreift. Denn dann bliebe offen, ob die Forderung des Beklagten gem § 322 II rechtskräftig abgewiesen wurde. Auch eine gestaffelte Hilfsaufrechnung mit mehreren Gegenforderungen ist möglich: Hier ist eine eindeutige Bestimmung der Reihenfolge anzuraten. Mangels ausdrücklicher Festlegung gelten die §§ 396 I 2, 366 II BGB (BGHZ 149, 124). Allerdings ist es nicht zulässig, mehrere nicht selbstständige Teilbeträge derselben Forderung in einem Eventualverhältnis zueinander aufzurechnen (BGH NJW-RR 95, 508 [BGH 01.02.1995 - XII ZR 218/94]). Die Präklusion des Aufrechnungseinwands führt bei der Hilfsaufrechnung nach wohl überwiegender Auffassung nicht zur rechtskräftigen Aberkennung der Forderung, da die materiellrechtliche Wirksamkeit der Hilfsaufrechnung entweder nach Maßgabe einer (auflösenden) Bedingung oder in rechtsanaloger Anwendung des § 139 BGB von der prozessualen Zulässigkeit des Aufrechnungseinwands abhängt (St/J/Leipold Rz 65). Eine Rücknahme der Hilfsaufrechnung ist möglich, solange über die Hauptforderung noch nicht rechtkräftig entschieden wurde (BGH NJW-RR 20, 761 [BGH 25.03.2020 - XII ZR 29/19]: Rücknahme während des Verfahrens über die Nichtzulassung der Revision).

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