Gesetzestext
(1) 1Das Gericht kann anordnen, dass mehrere in einer Klage erhobene Ansprüche in getrennten Prozessen verhandelt werden, wenn dies aus sachlichen Gründen gerechtfertigt ist. 2Die Entscheidung ergeht durch Beschluss und ist zu begründen.
(2) Das Gleiche gilt, wenn der Beklagte eine Widerklage erhoben hat und der Gegenanspruch mit dem in der Klage geltend gemachten Anspruch nicht in rechtlichem Zusammenhang steht.
(3) Macht der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend, die mit der in der Klage geltend gemachten Forderung nicht in rechtlichem Zusammenhang steht, so kann das Gericht anordnen, dass über die Klage und über die Aufrechnung getrennt verhandelt werde; die Vorschriften des § 302 sind anzuwenden.
A. Trennung mehrerer Ansprüche (Abs 1).
I. Voraussetzungen.
1. Grundsätze.
Rn 1
Eine Prozesstrennung kommt als Maßnahme der formellen Prozessleitung in allen Fällen subjektiver (§ 59 f; im Fall des § 62 ist eine Trennung ausgeschlossen) und objektiver (§ 260) Klagehäufung in Betracht. Sie setzt neben der Rechtshängigkeit der Klage (eine Trennung im Mahnverfahren ist nicht möglich; B/L/H/A/G/Bünnigmann Rz 4) weiter voraus, dass der abzutrennende Anspruch einen selbstständigen Streitgegenstand bildet. Damit können rechnerisch in einer Klagesumme zusammengefasste einzelne Schadenspositionen in getrennten Prozessen verhandelt werden, wenn die verschiedenen Ansprüche selbstständigen Streitgegenständen zuzuordnen sind (etwa: Abtrennung von Sachschadensersatz, Arztkosten und Verdienstausfall im Unfallprozess; vgl BGHZ 30, 18; BGH NJW 55, 1675). Eine Trennung einzelner Anspruchsgrundlagen innerhalb eines einheitlichen Streitgegenstands ist nicht zulässig. Auch im Rechtsmittelverfahren ist eine Trennung möglich.
2. Gesetzlicher Ausschluss.
Rn 2
In den Fällen der §§ 246 III 6, 249 II, 275 IV 1 AktG, §§ 51 III 5, 112 I 3 GenG, § 44 II 3 WEG ist eine Trennung gesetzlich ausgeschlossen. In Scheidungs- und Folgesachen sind die Möglichkeiten einer Abtrennung eingeschränkt (§ 140 FamFG). Im Berufungsrechtszug ordnet § 518 S 2 eine Verbindung an. Auch darf eine Trennung nicht erfolgen, wenn einer der zu trennenden Ansprüche entscheidungsreif ist. In diesem Fall ist durch Teilendurteil über den entscheidungsreifen Teil zu entscheiden (St/J/Leipold Rz 7).
II. Wirkung.
Rn 3
Nach der Abtrennung ist ein neues, selbstständiges Verfahren entstanden. Allerdings bleiben die bereits früher begründete Rechtshängigkeit und die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts für beide nunmehr gesondert zu entscheidenden Prozesse erhalten. Nur im Fall einer unzulässigen Klagehäufung sind die Zuständigkeitsstreitwerte nach der Trennung mit der Option einer Verweisung an das dann zuständige Amtsgericht neu zu prüfen, da der Kl die Zuständigkeit des Landgerichts nicht durch eine unzulässige Klagehäufung erschleichen darf (St/J/Leipold Rz 22; MüKoZPO/Fritsche Rz 13). Die sich aus dem Geschäftsverteilungsplan ergebende Zuständigkeit des Spruchkörpers ändert sich nach der Abtrennung nicht, solange der Kl durch eine unzulässige Verbindung nicht die Geschäftsverteilung umgehen wollte (St/J/Leipold Rz 23). Auch ist das bisherige Prozessergebnis, insb eine bereits durchgeführte Beweisaufnahme, in beiden Verfahren verwertbar.
III. Ermessen.
Rn 4
Die Entscheidung über die Prozesstrennung steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Hierbei hat das Gericht abzuwägen, ob die Abtrennung als prozessleitende Maßnahme der Förderung des Prozesses, insb seiner zeitangemessenen Erledigung, dienlich ist. Sie soll zur besseren Ordnung des Prozessstoffes führen und einer Prozessverschleppung entgegenwirken, die aus einem Streit über einzelne Ansprüche entstehen kann. Eine Abtrennung kommt immer dann in Betracht, wenn ein abgrenzbarer Teil des Prozesses rascher entschieden werden kann.
1. Gebundenes Ermessen.
Rn 5
Das Ermessen ist gebunden, wenn die einzelnen Ansprüche unterschiedliche Prozessarten betreffen (zB Urkundenprozess und ordentliches Verfahren). Auch nach unzulässiger Anspruchsverbindung (§ 260; § 126 II FamFG) ist eine Trennung zwingend. Umgekehrt darf eine Trennung nicht erfolgen, wenn die Ansprüche in einem Eventualverhältnis stehen. Denn dann würde der hilfsweise geltend gemachte Anspruch im selbstständigen Verfahren als Hauptantrag behandelt (bei Aufrechterhaltung des Eventualverhältnisses müsste die abgetrennte Klage als unzulässig abgewiesen werden; BGH MDR 15, 909). Im Fall der notwendigen Streitgenossenschaft nach § 62 darf das Gericht die einzelnen Prozessrechtsverhältnisse nicht trennen. Generell gilt: Eine Abtrennung ist ermessensfehlerhaft, wenn ein sachlicher Grund nicht ersichtlich ist, für die Parteien mit der Abtrennung lediglich Kostennachteile verbunden sind und die Prozesstrennung zum Verlust der Rechtsmittelfähigkeit führt. Demgegenüber steht die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen der Abtrennung nicht entgegen: Die beim Erlass eines Teilurteils anerkannten Einschränkungen sind nicht zu beachten (BGH NJW 03, 2386 [BGH 03.04.2003 - IX ZR 113/02]).
2. Verfahren.
Rn 6
Das Gericht (bei Kollegialgerichten also nicht der Vorsitzende allein) kann seine Entscheidung in der Form eines zu begründenden Be...