Gesetzestext
(1) 1Über die Verhandlung und jede Beweisaufnahme ist ein Protokoll aufzunehmen. 2Für die Protokollführung kann ein Urkundsbeamter der Geschäftsstelle zugezogen werden, wenn dies auf Grund des zu erwartenden Umfangs des Protokolls, in Anbetracht der besonderen Schwierigkeit der Sache oder aus einem sonstigen wichtigen Grund erforderlich ist.
(2) Absatz 1 gilt entsprechend für Verhandlungen, die außerhalb der Sitzung vor Richtern beim Amtsgericht oder vor beauftragten oder ersuchten Richtern stattfinden. Ein Protokoll über eine Güteverhandlung oder weitere Güteversuche vor einem Güterichter nach § 278 Absatz 5 wird nur auf übereinstimmenden Antrag der Parteien aufgenommen.
A. Protokoll.
Rn 1
Das Sitzungsprotoll wird als Maßnahme der formellen Prozessleitung (§ 136) regelmäßig zunächst vorläufig aufgezeichnet (§ 160a) und hat – wenn das vorläufige Protokoll auf Ton- oder Datenträger aufgezeichnet wird – kein schriftliches Substrat. Dennoch müssen sowohl die mitgeschriebenen als auch die auf Datenträgern erfassten vorläufigen Protokolle in solchen Teilen, die den Beteiligten in der Sitzung vorzulesen sind, vollständige Texte enthalten: Es ist also nicht statthaft, etwa die Protokollierung von Zeugenaussagen in der vorläufigen Aufzeichnung nur zu skizzieren und den Text bei der Ausfertigung des Protokolls (§ 160a II) zu ergänzen (St/J/Roth Rz 10f). Bestandteile des Protokolls, die den Beteiligten nicht vorzulesen oder zur Durchsicht vorzulegen sind, können noch nach Abschluss des Termins angefertigt werden (BGHZ 14, 397; Saarbr NJW 72, 61).
B. Verhandlung.
Rn 2
Protokollierungszwang besteht in jeder Verhandlung vor dem erkennenden Gericht sowie außerhalb der Sitzung vor dem beauftragten (§ 361) oder dem ersuchten (§ 362) Richter. Der mit Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren zur außergerichtlichen Konfliktbeilegung vom 21.7.12 (BGBl I 1577 ff) eingefügte II S 2 stellt klar, dass ein Protokoll über eine Güteverhandlung oder weitere Güteversuche vor einem Güterichter nur auf übereinstimmenden Antrag der Parteien aufgenommen wird. Die Protokollierung umfasst die Güteverhandlung des § 278. Gegenstand und Lauf der Verhandlung bleibt für den Protokollierungszwang ohne Einfluss: Auch dann, wenn beide Parteien säumig sind, ist ein Protokoll zu fertigen, das das Verhandlungsergebnis (Vertagung oder Ruhen des Verfahrens nach § 251a III) festhält. Ebenso sind Verkündungstermine sowie Verhandlungen im selbstständigen Beweisverfahren (§ 492) und dem Verfahren der PKH-Bewilligung (§ 118 I 3) zu protokollieren.
C. Urkundsbeamter der Geschäftsstelle.
I. Einsatzfelder.
Rn 3
Im Regelfall hat die Aufnahme des Protokolls durch den Vorsitzenden zu erfolgen, der sich in der forensischen Praxis regelmäßig eines Ton- oder Datenträgers (§ 160a I) bedienen wird. Ein Urkundsbeamter der Geschäftsstelle ist nur aus wichtigem Grund hinzuzuziehen. Diese im Ermessen des Vorsitzenden liegende Maßnahme kommt insb dann in Betracht, wenn bei der Vernehmung von Zeugen die Notwendigkeit eines Vorhalts der wörtlichen Protokollierung absehbar ist. Auch bei komplizierten Vergleichsverhandlungen, in denen der Vergleichstext erst in der Verhandlung entwickelt werden kann, bietet der Einsatz von Urkundsbeamten Vorteile, da die technische Ausstattung der Gerichte eine einfach zu bewerkstelligende Rückverfolgung der Protokollierung nicht immer gewährleistet. In den beiden genannten Fällen erscheint es sachgerecht, den Urkundsbeamten erst während der Verhandlung für die konkrete Aufgabenstellung hinzuzuziehen.
II. Eigenverantwortlichkeit.
Rn 4
Der Urkundsbeamte hat das Protokoll eigenverantwortlich abzufassen. Hierbei hat es sich in der Gerichtspraxis etabliert, dass der Vorsitzende den Inhalt der Zeugenaussagen zusammenfasst und in das Protokoll diktiert. Kann selbst nach Rücksprache über die Richtigkeit des Diktats keine Einigkeit erzielt werden, so müssen Urkundsbeamter und Richter ihre divergierenden Auffassungen im Protokoll durch die Anfertigung entsprechender Vermerke niederschreiben.
III. Aufgaben der Justizverwaltung.
Rn 5
Die Justizverwaltung ist verpflichtet, Protokollführer bereitzustellen. Sie genügt dieser Pflicht nur dann, wenn die ausgewählten Personen die Fähigkeit besitzen, dem Diktat des Vorsitzenden auf angemessene Weise – sei es durch die Beherrschung von Kurzschrift, sei es durch hinreichend sicheres Maschinenschreiben – zu folgen. Dennoch hat der Vorsitzende auf die Auswahl der konkreten Person keinen unmittelbaren Einfluss. Allerdings kann der Vorsitzende – stellt sich während der Sitzung heraus, dass der zugeteilte Protokollführer seiner Aufgabe nicht gewachsen ist – die Verhandlung notfalls abbrechen (BGH NJW 88, 417). Die Maßnahme, einen Protokollführer hinzuziehen, unterliegt nicht der dienstaufsichtlichen Weisung (BGH NJW 78, 2509 [BGH 21.04.1978 - RiZ (R) 4/77]). Hierbei ist es mit der richterlichen Unabhängigkeit nicht vereinbar, wenn sich der Richter ggü der Verwaltung für die Anforderung eines Protokollführers rechtfertigen muss.