Gesetzestext
(1) Der Inhalt des Protokolls kann in einer gebräuchlichen Kurzschrift, durch verständliche Abkürzungen oder auf einem Ton- oder Datenträger vorläufig aufgezeichnet werden.
(2) 1Das Protokoll ist in diesem Fall unverzüglich nach der Sitzung herzustellen. 2Soweit Feststellungen nach § 160 Abs. 3 Nr. 4 und 5 mit einem Tonaufnahmegerät vorläufig aufgezeichnet worden sind, braucht lediglich dies in dem Protokoll vermerkt zu werden. 3Das Protokoll ist um die Feststellungen zu ergänzen, wenn eine Partei dies bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens beantragt oder das Rechtsmittelgericht die Ergänzung anfordert. 4Sind Feststellungen nach § 160 Abs. 3 Nr. 4 unmittelbar aufgenommen und ist zugleich das wesentliche Ergebnis der Aussagen vorläufig aufgezeichnet worden, so kann eine Ergänzung des Protokolls nur um das wesentliche Ergebnis der Aussagen verlangt werden.
(3) 1Die vorläufigen Aufzeichnungen sind zu den Prozessakten zu nehmen oder, wenn sie sich nicht dazu eignen, bei der Geschäftsstelle mit den Prozessakten aufzubewahren. 2Aufzeichnungen auf Ton- oder Datenträgern können gelöscht werden,
1. |
soweit das Protokoll nach der Sitzung hergestellt oder um die vorläufig aufgezeichneten Feststellungen ergänzt ist, wenn die Parteien innerhalb eines Monats nach Mitteilung der Abschrift keine Einwendungen erhoben haben; |
2. |
nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens. |
3Soweit das Gericht über eine zentrale Datenspeichereinrichtung verfügt, können die vorläufigen Aufzeichnungen an Stelle der Aufbewahrung nach Satz 1 auf der zentralen Datenspeichereinrichtung gespeichert werden.
(4) Die endgültige Herstellung durch Aufzeichnung auf Datenträger in der Form des § 130b ist möglich.
A. Funktion und Beweiskraft.
Rn 1
Die vorläufige Protokollierung ermöglicht einen effizienteren Einsatz des nichtrichterlichen Personals und entspricht in der Gerichtspraxis der Regel. Allerdings besitzt nur das nachträglich hergestellte, endgültige Protokoll die volle Beweiskraft des § 165 (vgl BGH NJW 99, 794 [BGH 23.10.1998 - LwZR 3/98]). Die Einhaltung der Förmlichkeiten kann nach § 165 nur durch das Protokoll, nicht unter Rückgriff auf die vorläufigen Aufzeichnungen bewiesen werden. Weicht der Inhalt der vorläufigen Aufzeichnung vom Protokoll ab, so können die vorläufigen Aufzeichnungen nur außerhalb des Anwendungsbereichs von § 165 ein Beweismittel nach § 415 II sein (Zö/Schultzky Rz 7). Daneben kann die vorläufige Aufzeichnung den Weg zu einer Protokollberichtigung nach § 164 ebnen.
B. Aufzeichnungsmethoden.
I. Tonaufzeichnung und elektronische Datenerfassung.
Rn 2
Die vorläufige Aufzeichnung des Protokolls ist die Regel. In der Praxis kommen bislang meist Tonaufzeichnungsgeräte zum Einsatz. Vor allem bei der Sachverständigenbefragung hat es sich bewährt, die vorläufigen Aufzeichnungen durch Protokollführer in der Verhandlung durch Einsatz von Computertechnik zu fertigen, da dann evtl auftretende Verständigungsschwierigkeiten, insb in Bezug auf Fachtermini, an Ort und Stelle ausgeräumt werden können
II. Vorläufige Aufzeichnung der Beweisaufnahme.
Rn 3
Werden Feststellungen nach § 160 III Nr 4 und 5 vorläufig mit einem Tonaufnahmegerät aufgezeichnet, entspricht es jedenfalls dann, wenn das Urt nicht im Verhandlungstermin gesprochen wird, der gängigen Praxis, bei der Herstellung des Protokolls den gesamten Inhalt der Tonaufnahme, also auch die Zeugenaussagen, in die Reinschrift zu übernehmen. Ein solches Verfahren ist schon deshalb geboten, um eine tragfähige Grundlage für die Beweiswürdigung zu schaffen. Sofern die Reinschrift des Protokolls jedoch in Gemäßheit des Abs 2 S 1 nicht die aufgezeichneten Feststellungen selbst, sondern lediglich einen Vermerk darüber enthält, dass Feststellungen vorläufig aufgezeichnet wurden, ist das Protokoll auf Antrag der Parteien bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens oder auf Anforderung des Rechtsmittelgerichts zu ergänzen. Wurden – was in der Praxis noch seltener angetroffen wird – die Aussagen von Zeugen und Sachverständigen im Wortlaut aufgenommen und zugleich in der vorläufigen Aufzeichnung das wesentliche Ergebnis dieser Aussagen zusammengefasst, so darf sich die Reinschrift des Protokolls nach Abs 2 S 4 darauf beschränken, die Aussagen auf ihren Kern zurückzuführen. Auf Antrag einer Partei ist das Protokoll nur um diese Zusammenfassung zu ergänzen (MüKoZPO/Fritsche Rz 4). Einen Anspruch auf Fertigung des vollen Wortprotokolls haben die Parteien nicht.
C. Herstellung des Protokolls.
I. Unverzügliche Herstellung.
Rn 4
Das Protokoll ist im Fall der vorläufigen Aufzeichnung unverzüglich, mithin iSd § 121 I 1 BGB ohne schuldhaftes Zögern, nach der Sitzung herzustellen und den Parteien in Abschrift formlos mitzuteilen. Es ist ein Gebot des fairen Verfahrens, die Parteien über den Inhalt des Protokolls in Kenntnis zu setzen, um evtl Missverständnisse oder Unrichtigkeiten rechtzeitig – idealerweise noch innerhalb einer Spruchfrist – auszuräumen. Die verspätete Herstellung berührt die Beweiskraft nicht (BGH NJW 85, 1782 [BGH 16.10.1984 - VI ZR 205/83]; 94, 3358; 99, 794 [BGH 23.10.1998 - LwZR 3/98]), kann jedoch – sofern sie auf einem richterlichen Versäumnis beruht – nach Maßgabe des § 26 II DRiG beanstande...