Rn 2
Zur Verhinderung von Missbrauch sieht Abs 2 auf Verlangen des Vorsitzenden (bzw bei Vertagung auf Verlangen des Gerichts) Glaubhaftmachung (§ 294) der geltend gemachten Verlegungsgründe vor. Wird ein Terminsänderungsantrag erst kurz vor dem anberaumten Termin gestellt und mit einer plötzlichen Erkrankung begründet, muss die Partei die Gründe für die Verhinderung so angeben und untermauern, dass das Gericht die Frage der Verhandlungsfähigkeit selbst zu beurteilen vermag (BGH 12.3.2015, AnwZ [Brfg] 43/14, juris Rz 5; 28.11.16, AnwZ [Brfg] 23/16, juris Rz 10 ff; BFH/NV 18, 958 [BFH 08.05.2018 - XI B 5/18] Rz 13). Dies gilt grds auch bei einer Pandemie. Bei einer Infektion wird eine Glaubhaftmachung ohnehin durch eine ärztliche Bescheinigung oder eine Quarantäne-Anordnung ohne Weiteres möglich sein. Auch die konkrete Gefahr einer Infektion muss näher dargelegt werden. Hier reicht der Hinweis auf infizierte Kontaktpersonen etwa an der Arbeitsstelle aus. Die generelle Besorgnis, sich einer Infektionsgefahr auszusetzen, steht in Abhängigkeit von Art und Umfang der Infektionskrankheit sowie von behördlichen Empfehlungen oder gar Anordnungen hinsichtlich des Aufenthalts im öffentlichen Raum. Gehört die Partei einer besonders gefährdeten Risikogruppe an, wird dies in aller Regel einen erheblichen Grund tragen. Wird das öffentliche Leben weitgehend heruntergefahren (sog Lockdown im Fall der Corona-Pandemie), ist selbst dann, wenn Behördengänge erlaubt bleiben, gleichwohl regelmäßig ein erheblicher Grund anzunehmen, sofern nicht das Verfahren eine besondere Dringlichkeit besitzt. Dies gilt auch, wenn im Fall einer Pandemie durch behördliche Anordnungen Anreiseschwierigkeiten bestehen (vgl Gehrlein FuR 20, 264). Die Verhinderung einer durch einen Prozessbevollmächtigten vertretenen Partei ist in der Regel kein Grund für eine Terminsverlegung, wenn nicht substantiiert gewichtige Gründe vorgetragen werden, weshalb die persönliche Anwesenheit der Partei erforderlich ist. Die Partei müsste vorbringen, welche Tatsachen oder Erwägungen sie persönlich im Verhandlungstermin vortragen will, die nicht von ihrem Prozessbevollmächtigten vorgetragen werden können. Das bloße Anwesenheitsinteresse einer anwaltlich vertretenen Partei ist durch ihren Anspruch auf rechtliches Gehör nicht geschützt (BGH 8.12.14, AnwZ [Brfg] 45/14, juris Rz 6). Erfordert die Teilnahme des Prozessbevollmächtigten an einem Gerichtstermin eine längere Anreise, die infolge behördlicher Anordnungen wegen einer Pandemie zu Schwierigkeiten führt, wird ebenfalls ein erheblicher Grund vorliegen. Dies gilt erst recht, wenn er einer besonders gefährdeten Risikogruppe angehört. Die Erteilung einer Untervollmacht an einem vor Ort ansässigen Rechtsanwalt wird – sofern nicht eine besondere Dringlichkeit der Sache vorliegt – nicht verlangt werden können. Grds ist in Zeiten einer Pandemie eine großzügige Handhabung geboten (vgl Gehrlein FuR 20, 264; Klumpe/Thiede NZKart 20, 188; Prütting AnwBl 20 287). Erhebliche Gründe aus der Sphäre des Gerichts stellen die Erkrankung oder dienstliche Verhinderung des Richters dar; auch kann eine unzureichende Vorbereitung des Termins durch das Gericht (anders bei der Partei s.u. Rn 6) eine Verlegung rechtfertigen, wenn sie dazu führt, dass, die Durchführung des Termins nicht zur Prozessförderung beiträgt. Bei einem übersehenen rechtlichen Gesichtspunkt, der dem Prozess eine neue Wendung gibt, wird es sinnvoll (prozessökonomisch) sein, mit einem Hinweisbeschluss zu vertagen. Terminsverlegung kann auch geboten sein, wenn sich aus den Zustellnachweisen ergibt, dass die Einlassungs- oder Ladungsfrist nicht eingehalten ist (anders wenn mit einem Verzicht auf die Fristeinhaltung bzw rügeloser Einlassung [§ 295] zu rechnen ist, dies kann ggfs telefonisch abgeklärt werden, bevor eine Terminsverlegung verfügt wird).