Rn 24
Nur ursächliches Verschulden (der Partei oder ihres Anwalts), dh ein Verschulden, das für die konkrete Fristversäumung im Sinne adäquater Kausalität ursächlich geworden ist, schadet der Wiedereinsetzung, nicht aber ein Mangel, der sich nicht rechtlich erheblich ausgewirkt hat. Dabei genügt allerdings Mitursächlichkeit, so dass die Partei die Möglichkeit ausschließen muss, dass ein festgestelltes unsorgfältiges Verhalten zur Fristversäumung beigetragen hat. Versäumt etwa eine mittellose Partei die Frist zur Begründung eines Rechtsmittels, kommt eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach der Entscheidung über die Prozesskostenhilfe nur in Betracht, wenn die Mittellosigkeit für die Fristversäumung kausal geworden ist. Ist die Partei bei einer unbeschränkten Einlegung des Rechtsmittels bereits anwaltlich vertreten und reicht sein Rechtsanwalt zur Begründung des Prozesskostenhilfegesuchs noch vor Ablauf der Begründungsfrist eine vollständige, allerdings als ›Entwurf‹ bezeichnete und nicht unterzeichnete Begründungsschrift ein, kann die mittellose Partei dessen ungeachtet glaubhaft machen, dass der Anwalt nicht bereit war, das Rechtsmittel ohne Bewilligung von Prozesskostenhilfe ordnungsgemäß und insbesondere fristgerecht zu begründen (BGH NJW 12, 2041; BGH, 25.10.17, XII ZB 251/17, juris Rz 10; anders BGH FamRZ 08, 1520). Ist eine Vorfrist nicht notiert worden, fehlt es an Kausalität dieser Pflichtverletzung, wenn die Hauptfrist unzutreffend eingetragen wurde (BGH MDR 18, 1457 [BGH 13.09.2018 - V ZB 227/17]; 12.4.88, VI ZB 5/88, juris Rz 7; vgl auch BGH NJW 94, 2551, 2552 [BGH 06.07.1994 - VIII ZB 26/94]). Ist eine Rechtsmittelbegründungsfrist versäumt worden, nachdem die in der Handakte notierte Hauptfrist unzutreffend in den Fristenkalender übertragen worden ist, ist bei der Prüfung, ob die unterbliebene Notierung einer Vorfrist die Versäumung der Frist verursacht hat, davon auszugehen, dass die Vorfrist durch eine von der (unzutreffend) eingetragenen Hauptfrist ausgehende Rückrechnung ermittelt und eingetragen worden wäre. Daher kann nicht angenommen werden, dass bei Eintragung einer Vorfrist die Akte dem Rechtsanwalt rechtzeitig vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist vorgelegt worden wäre (BGH MDR 20, 115 Rz 8). Weitere Beispiele fehlender Ursächlichkeit: trotz mangelnder Fristenkontrolle ist ein Schriftsatz rechtzeitig abgesendet worden, aber auf dem Postweg verloren gegangen oder länger als nach den angegebenen Beförderungszeiten unterwegs gewesen (vgl BGH WuM 04, 412 [BGH 13.05.2004 - V ZB 62/03] sowie NJW 07, 2778 [BGH 18.07.2007 - XII ZB 32/07]; 30.3.17, III ZB 43/16, juris Rz 12); bei allgemein unzureichender Büroorganisation trifft der Anwalt eine ausreichende Einzelanweisung, bei deren Beachtung die Fristeinhaltung erwartet werden durfte. Als fehlende Ursächlichkeit werden tw auch die Fälle mitwirkenden Verschuldens des Gerichts angesehen: Der Anwalt wirft die richtig an das OLG als zuständiges Berufungsgericht adressierte Rechtsmittelbegründung zwei Wochen vor Fristablauf versehentlich in den Briefkasten des benachbarten Landgerichts (hier beruht die Fristversäumung bei wertender Betrachtung auf einem Versäumnis des Gerichts, von dem innerhalb von zwei Wochen eine Weiterleitung des offensichtlichen Irrläufers erwartet werden kann, vgl dazu auch BGH 1.10.15 – V ZB 81/15, juris sowie unten Rn 56). Auf einer wertenden Betrachtung beruht auch die Bewilligung von Wiedereinsetzung, wenn es im Anschluss an eine arglistig erschlichene öffentliche Zustellung zu einer Fristversäumung gekommen ist (BGHZ 118, 45).
Rn 25
Die Beweislast für die Nichtursächlichkeit eines Fehlers liegt beim Antragsteller: ist die Ursächlichkeit eines Organisationsmangels für die Fristversäumung nicht ausgeräumt, kann Wiedereinsetzung nicht gewährt werden (BGH NJW 01, 76, 77 [BGH 11.10.2000 - IV ZB 17/00]).