Rn 6
Die für die Bewilligung der Wiedereinsetzung maßgeblichen Tatsachen müssen, soweit sie sich nicht schon aus den Akten ergeben oder sonst gerichtsbekannt oder offenkundig sind (vgl BGH NJW 06, 1205 [BGH 15.02.2006 - XII ZB 215/05]), glaubhaft gemacht werden (vgl auch den Beitrag von Koch NJW 16, 2994). Die Glaubhaftmachung richtet sich nach § 294. Nach dessen Abs 2 kommen nur präsente Beweismittel in Betracht. Der Verweis auf ein vom Gericht einzuholendes Gutachten etwa zur Glaubhaftmachung einer die Verhandlungsfähigkeit ausschließenden Erkrankung genügt nicht (BGH NJW-RR 16, 574). Als Mittel der Glaubhaftmachung kommt auch die anwaltliche Versicherung der Richtigkeit seiner Angaben unter Bezugnahme auf seine Standespflichten in Betracht (BGH FamRZ 15, 135). Eine solche liegt aber nicht schon darin, dass der Anwalt auf eine beiliegende anwaltliche Versicherung verweist, sie aber nicht vorlegt (BGH MDR 17, 1017 [BGH 06.04.2017 - I ZR 33/16]). Es empfiehlt sich, die Glaubhaftmachung grds mit der Antragstellung zu verbinden, auch wenn das nicht zwingend ist (s.u. Rn 9).
a) Zeitpunkt für die Glaubhaftmachung.
Rn 7–8
[nicht besetzt]
Rn 9
Die den Antrag auf Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen sind nach der gesetzlichen Regelung bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Die Glaubhaftmachung kann mithin bis zur Entscheidung über den Antrag und auch noch im Beschwerdeverfahren nachgeholt werden, aber nicht im Rechtsbeschwerdeverfahren, denn der Beurteilung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen (anders als im früheren Verfahren der sofortigen Beschwerde nach § 577 aF) nur der in den Tatsacheninstanzen festgestellte Sachverhalt sowie der auf Verfahrensrüge zu beachtende dortige Sachvortrag (BGH NJW 04, 367, 369 [BGH 23.10.2003 - V ZB 28/03]).
b) Anforderungen an die Glaubhaftmachung.
Rn 10
Für die Überzeugungsbildung des Gerichts genügt die überwiegende Wahrscheinlichkeit des vorgetragenen Geschehensablaufs (BGH NJW 15, 3517; NJW-RR 11, 136 Rz 7; BGHZ 156, 139, 142). Diese Voraussetzung ist dann erfüllt, wenn bei der erforderlichen umfassenden Würdigung der Umstände des jeweiligen Falls mehr für das Vorliegen der in Rede stehenden Behauptung spricht als dagegen. Grds ist von dem anwaltlich als richtig oder an Eides Statt versichertem Vorbringen auszugehen (BGH NJW-RR 20, 515 [BGH 29.01.2020 - XII ZB 500/19] Rz 12; MDR 18, 1074 f; NJW 15, 349). Will das Rechtsmittelgericht einer eidesstattlichen Versicherung keinen Glauben schenken, muss es den Antragsteller darauf hinweisen, dass zur Prüfung der Zulässigkeit seines Rechtsmittels das vorgelegte Glaubhaftmachungsmittel nicht ausreicht und ihm Gelegenheit geben, etwaige Lücken im Vorbringen zu ergänzen und in anderer Form glaubhaft zu machen (BGH NJW-RR 20, 818 [BGH 28.04.2020 - VIII ZB 12/19] Rz 26). Etwas anderes gilt aber dann, wenn konkrete Anhaltspunkte es ausschließen, den geschilderten Sachverhalt mit überwiegender Wahrscheinlichkeit als zutreffend zu erachten (BGH NJW-RR 20, 501 [BGH 18.12.2019 - XII ZB 379/19] Rz 12; MDR 18, 1074 f.; NJOZ 16, 588). Solche Anhaltspunkte können sich aus dem Parteivortrag sowie bei der Akte befindlichen Unterlagen ergeben (BGH NJW 15, 349, 350). Auch Widersprüchlichkeiten in der Sachverhaltsdarstellung bzw der vorgelegten eidesstattlichen Versicherung können die Glaubhaftmachung ausschließen (BGH NJW 02, 1429 [BGH 17.01.2002 - VII ZB 32/01]). Ebenso wenig kann Wiedereinsetzung gewährt werden, wenn mehrere in wesentlichen Punkten unvereinbare eidesstattliche Versicherungen vorgelegt werden (vgl Nürnbg NJW 06, 2195 [OLG Nürnberg 20.04.2006 - 5 U 456/06]) oder die Angaben des Rechtsanwalts und seiner Mitarbeiterin in ihren eidesstattlichen Erklärungen zur Uhrzeit der Übermittlung der Berufungsschrift mit dem objektiv feststehenden Sachverhalt in Widerspruch stehen (BGH, 30.3.17, III ZB 50/16, juris Rz 10f). Die Glaubhaftmachung setzt in formeller Hinsicht grds eine ordnungsgemäße und detaillierte eidesstattliche Versicherung voraus, die mit dem ausdrücklichen Hinweis versehen ist, dass sie zur Vorlage bei Gericht in dem – sinnvollerweise konkret bezeichneten – Verfahren bestimmt ist. Unzureichend ist es, in der eidesstattlichen Versicherung auf umfangreichen Sachvortrag in einem anderweitigen Schriftstück Bezug zu nehmen; vielmehr ist eine eigene, in sich geschlossene Tatsachenschilderung vorzunehmen, auf die sich die eidesstattliche Versicherung bezieht (BGH NJW 88, 2045, 2046 [BGH 13.01.1988 - IVa ZB 13/87]).
Rn 10a
Die Anforderungen an die Glaubhaftmachung dürfen indes nicht überspannt werden (vgl BGH NJW 92, 1898, 1899 [BGH 18.03.1992 - IV ZR 101/91] – krankheitsbedingte Einschränkung der Arbeitsfähigkeit des Anwalts führt dazu, dass er erst kurz vor Fristablauf erkennt, dass die Rechtsmittelbegründung nicht mehr rechtzeitig fertig gestellt werden kann). Zur Glaubhaftmachung eines Versehens (zuverlässige Fachkraft trägt Frist nicht ein oder verstößt sonst gegen allgemeine Anweisungen), bedarf es nicht einer Darlegung näherer Umstände oder von Gründen, die das Versehe...