Rn 11

Für die Wiedereinsetzung ist die versäumte Prozesshandlung in der für sie vorgeschriebenen Form nachzuholen. Dies muss zwingend innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist geschehen. Sofern dies nicht ausdrücklich erfolgt, ist zu prüfen, ob das Wiedereinsetzungsgesuch entsprechend ausgelegt werden kann. Regelmäßig ist dem Wiedereinsetzungsantrag gegen eine bestimmte versäumte Prozesshandlung ohne weiteres der Wille zu entnehmen, diese Prozesshandlung nunmehr vorzunehmen; sofern keine weiteren Formerfordernisse zu wahren sind, kann deshalb dem Wiedereinsetzungsantrag im allgemeinen die konkludente Nachholung der versäumten Prozesshandlung entnommen werden. Bsp: im Wiedereinsetzungsantrag gegen die versäumte Einspruchsfrist kann die Einlegung des Einspruchs gesehen werden (BVerfG NJW 93, 1635 [BVerfG 02.03.1993 - 1 BvR 249/92]; Zö/Greger Rz 8); eine Berufungsbegründung, aus der klar ersichtlich ist, gegen welches Urt sie sich richtet, enthält konkludent die Einlegung (Wiederholung) des Rechtsmittels, so dass eine Nachholung der Berufung nicht erforderlich ist, wenn wegen fehlender Unterschrift der zunächst eingereichten Rechtsmittelschrift Wiedereinsetzung beantragt wird (BGH NJW 00, 3286). Handelt es sich bei der versäumten Frist um eine Rechtsmittelbegründungsfrist, hilft der Gesichtspunkt, dass die Partei mit dem Wiedereinsetzungsantrag iA auch die versäumte Handlung nachholen will, nicht weiter, weil die inhaltlichen Anforderungen an die Rechtsmittelbegründung regelmäßig nicht gewahrt sind. Ein bloßer Fristverlängerungsantrag kann die gem Abs 2 S 2 nachzuholende Rechtsmittelbegründung nicht ersetzen (BGH NJW 88, 3021 [BGH 13.07.1988 - IVa ZR 303/87]; krit dazu Ganter NJW 94, 164). Hat die Partei im PKH-Verfahren einen Schriftsatz eingereicht, der formell (also auch: Unterzeichnung durch einen am Rechtsmittelgericht zugelassenen Anwalt) und inhaltlich den Anforderungen der Berufungsbegründung entspricht, reicht die Bezugnahme auf diesen Schriftsatz, wobei idR von einer konkludenten Bezugnahme auszugehen ist (BGH NJW 08, 1740 [BGH 05.03.2008 - XII ZB 182/04]; BGH MDR 20, 53 Rz 9). Die Rspr zur ausnahmsweisen Wirksamkeit nicht unterzeichneter Rechtsmittelbegründungsschriften ist auf die Nachholung einer Berufungsbegründung im Zusammenhang mit einem Wiedereinsetzungsantrag nach Einreichung einer mangels Unterzeichnung unwirksamen Begründung nicht übertragbar (BGH MDR 20, 53 [BGH 15.10.2019 - VI ZB 22/19] Rz 12).

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